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Der gute Liebhaber

Der gute Liebhaber

Titel: Der gute Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steinunn Sigurdardóttir
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aufwachte. Dann berührte er sie an der Schulter und sagte:
    Da bin ich wieder. Entschuldige, dass es so spät geworden ist.
    Keine Ursache, mein Schatz, sagte sie und fügte hinzu: Ich bin einfach eingeschlafen.
    Er duschte und setzte sich anschließend mit einem Drink aufs Sofa, der ihn und Doreen Ash verband, Gin Tonic. Damit war der Kreis geschlossen; das Buch auch, und nicht nur geschlossen, sondern in zwei Etappen entsorgt.
    Beim abschließenden Bilanzziehen mit Drink schlich sich heißes Mitleid bei Karl Ástuson ein, und der Ärger wich. Der Zufall hatte sie zusammengeführt, ihn und eine Frau. Sie konnte ihn nicht vergessen, er lag ihr auf der Seele, unbeweglich wie eine angeschwemmte Zweihundert-Kilo-Leiche aus dem Meer. Der Sohn von Ástamama schämte sich wegen dieses unappetitlichen Vergleichs, doch dann ging ihm das Licht über Liebe und Tatsachen auf.
    Wer, wenn nicht er, war imstande zu begreifen, dass Liebe eine Tatsache ist, dass Gefühle Tatsachen sind und natürlich das Einzige im Leben, was als Tatsache bezeichnet werden kann, abgesehen von Geburts- und Todestag. Erinnerungen, aus denen der Mensch besteht, sind das unzuverlässigste Material der Welt. Definition des Menschen: vergessliche Spezies – so vergesslich, dass sie nicht einmal weiß, woran sie sich erinnert. Woran sie sich korrekt erinnert, sind Gefühle: Liebe, Angst, Eifersucht, Wut; deswegen werden Gefühle folgerichtig als Lebenstatsachen bezeichnet, vor allem aber die Liebe, denn sie ist das Wichtigste. Vielleicht ist sie das Einzige, was bei der großen Abrechnung zählt. Vielleicht das Einzige, wonach gefragt wird, falls denn überhaupt nach irgendetwas gefragt wird.
    Was die Wankelmütigkeit der Liebe betraf, musste Karl Ástuson es am besten wissen, dass beständige Liebe sich nicht vom Fleck rührt, sie lebt ein eigenständiges Leben, unabhängig, außerhalb von allem, über alles und alle erhaben außer sich selbst. Falls sie aber dennoch wankt, tut sie das zu ihren eigenen Bedingungen. Wer davon betroffen ist, hat keine Kontrolle darüber. Die Frau, die dieses absurde Buch über ihn geschrieben hatte, war seine Leidensgefährtin, und auf einmal war sie ihm unbegreiflich lieb. Sie ging ihn geradezu etwas an, ja, beispielsweise so wie eine Halbschwester.
    Als er zu Una ins Bett kroch, verschwand sie aus seinen Gedanken, diese Doreen Ash, die ihn verstört hatte, die aber auch so etwas wie eine Halbschwester geworden war, und zwar vollständig. Es war Nacht, nun hatte Doreen Ash sich zur Ruhe gelegt, genau wie andere Tiere des Feldes. Außer ihm und Una gab es nichts. Er legte seinen Arm um die Frau und schützte sie. Sie griff im Schlaf nach seiner Hand und führte sie an ihre Lippen. Wärme durchrieselte ihn. Er war ein Glücksmann. So schlief er ein, und so wachte er auf. Wenn ein wahres Buch über ihn geschrieben werden sollte, ein Reality-Roman, müsste es korrekterweise den Titel
Glücksmann
tragen.
     
    Es war schon nach elf. Una rührte sich noch nicht, obwohl ein Sonnenstrahl bis zu ihrer Schläfe vorgedrungen war. Er stand auf, kochte Kaffee und setzte den Toaster in Gang. Una hatte noch keine Lust aufzustehen, sie wollte noch etwas länger dösen. Sie hatte etwas Unangenehmes geträumt und schlecht geschlafen. Karl zog sorgfältig die Gardinen vor, damit ihre Schläfe Ruhe vor zudringlichen Sonnenstrahlen hatte – und sie sich von einem schlechten Traum erholen konnte.
    Er trank im Wohnzimmer Kaffee und machte sich dann an sein Arbeitspensum. Doreen Ash auf ihrem abgezäunten Fleck machte keinen Ärger. Es war ihm gelungen, einen schnaubenden Stier in eine zutrauliche und friedlich wiederkäuende Kuh zu verwandeln, die er im Geiste hinter den Ohren kraulen konnte, während er wie ein Alchemist an seinem Schreibtisch saß. Nach einer Stunde Arbeit bot er Una wieder einen Kaffee an, aber sie wollte immer noch nicht aufstehen.
    Es gab immer noch Stunden, wo er seinen Augen nicht trauen wollte, wenn er in Unas Nähe war. Er blieb noch eine Weile neben ihr stehen, um ganz sicherzugehen, dass es tatsächlich sie war, und zwar komplett, die in seinem großen Bett schlummerte, nicht nur ein sonnengebräuntes Bein auf einem Oberbett.
    Dieser perfekt geformte Schenkel war aber unrealistisch genug, um Karl Ástuson nach weiterem Beweismaterial für Unas Anwesenheit suchen zu lassen. Er öffnete ihren Schrank im Ankleidezimmer, dort hingen zweifellos ihre Sachen. Sie hatten sie in mehreren Aktionen bei Saks und Barneys

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