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Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Titel: Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Shpancer
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Hund?«
    »Ich mag keine Hunde. Sie kleben an einem. Sie sind laut. Sie scheißen.«
    »Eine Katze?«
    »Katzen sind zu selbstverliebt. Sie rennen völlig grundlos von einem Zimmer ins andere. Das macht mich nervös.«
    »Einen Vogel?«
    »Vögel sollten frei herumfliegen. Ein Vogel in einem Käfig ist deprimierend.«
    »Goldfische?« Sie lacht.
    »Was bist du? Eine Missionarin?« Er wird langsam wütend. »Du hörst nicht zu. Was stimmt nicht mit einem Klavier?«
    »Du gehst systematisch auf Distanz zu den Menschen, zum Leben. Du hast einen Gegenstand adoptiert.«
    »Ein Klavier ist kein Gegenstand. Dieses Klavier ist das definitiv nicht. Wenn du es siehst, wirst du es verstehen.« Ein heftiger Groll wallt in ihm auf.
    »Ich freue mich für dich, dass du wieder zu spielen anfängst. Ich habe dich nie spielen gehört.«
    »Du hast nicht viel verpasst. Was mir an Technik fehlt, mache ich durch Gefühl wieder wett.«

    »Ich würde dich gerne spielen hören.«
    »Nun, meine Wohnung steht dir offen, obwohl jetzt kein Platz mehr ist, denn das Klavier beansprucht den ganzen Platz.«
    Sie lacht. »Und was ist mit unserer Stripperin?«
    »Sie arbeitet. Sie ist sehr auf ihre Tochter fixiert.«
    »Sie hat eine Tochter? Von wem?«
    »Ihrem Ex. Er hat sie während der Schwangerschaft misshandelt, sagt sie. Er hat das Sorgerecht. Sie war damals drogensüchtig. «
    »Eine glaubwürdige Geschichte?«
    »Vielleicht. Ich bin nicht die Polizei. Jedenfalls hat sie sich an diesem Problem festgebissen.«
    »Welchem Problem?«
    »Ihre Tochter zurückzubekommen. Daran richtet sie sich aus. In ihren Augen ist das der Dreh- und Angelpunkt.«
    »Und wie siehst du das?«
    »Es handelt sich um eine echte Motivation; sie könnte zu einem therapeutischen Hebel werden. Ich taste herum.«
    »Vergiss nicht, dass es noch eine andere Seite gibt.«
    »Was für eine Seite?«
    »Das Mädchen. Die Interessen des Mädchens.«
    »Ja, aber das Mädchen ist nicht meine Klientin.«
    »Sei nicht so ein Klugscheißer.«
    »Ja. Nein. Gut, ich habe verstanden.«
    Er hört einen lauten Piepton und dann noch einen. »Ich bekomme einen Anruf auf der anderen Leitung«, sagt er, »wir unterhalten uns später.«
    »Wiedersehen.«
    Er drückt auf die Sprechtaste: »Ja?« Eine Stimme ist zu hören, eine scharfe, hohe, unbekannte Stimme: »Sind Sie Tiffanys Therapeut?«

    »Ich spreche am Telefon nicht über meine Klienten. Wer ist da?«
    »Bora.«
    »Nun, Bora, die persönlichen Informationen der therapierten Klienten sind vertraulich und werden nicht mit Fremden am Telefon diskutiert.«
    »Ich bin Tiffanys Boss.«
    »Wie dem auch sei, ich spreche nicht mit Fremden über meine Klienten.«
    »Ich bin ganz und gar kein Fremder. Hier, sie wird es Ihnen sagen.«
    Die Stimme der Vier-Uhr-Klientin ertönt, höher, drängender als sonst. »Ich bin es, Doktor. Ich willige ein. Reden Sie mit ihm. Es ist in Ordnung.«
    »Ich spreche mit niemandem ohne Ihre Erlaubnis.«
    »Sie haben meine Erlaubnis.«
    »Eine schriftliche Erlaubnis.«
    »Bitte, Doktor«, fleht sie, »sagen Sie nur ein paar Worte.« Sie schluchzt.
    »Geben Sie ihm den Hörer.«
    »Ja«, ertönt die Stimme.
    »Ich höre, Bora.«
    »Ja. Hören Sie zu. Jeden Tag, an dem Tiffany nicht tanzt, geht mir Geld durch die Lappen.«
    »Bei allem Respekt, Ihr Geld ist nicht meine Sorge. Meine Sorge gilt meiner Klientin.«
    »Ja, ja.« Die Stimme klingt jetzt nachdenklich, aber immer noch von oben herab. »Warum so wütend? Ich bitte Sie lediglich, Sir, zu tun, was in Ihrer Macht steht, um Tiffany wieder an die Arbeit zu bringen. Damit es ihr bessergeht, damit sie wieder tanzen kann.«

    »Ich verstehe. Sonst noch etwas?«
    »Das ist alles. Ich freue mich, dass wir uns einigen konnten. Eine Einigung ist immer besser als eine Auseinandersetzung, nicht wahr?«
    »Danke und auf Wiedersehen.«
    Der Psychologe legt auf und lässt sich in seinem Sessel nach hinten fallen. Er stellt fest, dass sein Kiefer sich verspannt anfühlt. Er hat Magenkrämpfe. Wo sind deine Füße in diesem Moment? Er lehnt sich zurück und verschränkt die Hände im Nacken. Er atmet tief durch. Die jähe Übelkeit lässt langsam nach. Er schlägt ihre Akte auf und schreibt: Ein Mann rief an, identifizierte sich als Tiffanys Boss. Sie gab dazu verbal ihre Einwilligung. Er will Fortschritte sehen. Aggressiver Ton. Eine Drohung? Der Sache nachgehen.

24
    D ie therapeutische Begegnung ist im Kern ein menschliches Ereignis und als solches von Natur aus paradox«,

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