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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Jeden Morgen mußte
sie hinabgehen, um ihr Mädchen Luise zu suchen, die sich unter die
Lieferanten verirrte.
    Wie stolz Sie vorübergehen, sagte sie mit ihrem feinen Lächeln.
Man sieht wohl, daß Sie anderwärts verhätschelt werden.
    Dieses Wort erregte von neuem seine Unruhe. Er folgte ihr
scherzend in den Salon. Bloß einer der Fenstervorhänge war halb
offen; die Teppiche und die Türvorhänge dämpften noch dieses
Schlafstubenlicht; und in diesem Zimmer, das weich wie Eiderdunen,
erstarben alle Geräusche von außen zu einem sanften Gemurmel. Sie
hatte ihn neben sich auf dem niedrigen, breiten Sofa Platz nehmen
lassen. Doch als sie sah, daß er nicht
nach ihrer Hand griff, um sie zu küssen, sagte sie mit boshafter
Miene:
    Lieben Sie mich denn nicht mehr?
    Er versicherte errötend, daß er sie anbete. Da reichte sie ihm
kichernd eine ihrer Hände; und er mußte diese Hand an seine Lippen
führen, um ihren Verdacht abzulenken, wenn sie einen solchen hatte.
Doch sie zog ihre Hand sogleich wieder zurück.
    Nein, nein, vergebens regen Sie sich auf; es macht Ihnen doch
kein Vergnügen … Ich fühle es … Übrigens ist es so
natürlich! …
    Wie? was wollte sie sagen? Er faßte sie um den Leib und
bestürmte sie mit Fragen. Aber sie antwortete nicht; sie überließ
sich seiner Umarmung und schüttelte den Kopf. Um sie zum Sprechen
zu bestimmen, kitzelte er sie.
    Weil Sie eine andere lieben, sagte sie endlich.
    Sie nannte Valerie, sie erinnerte ihn an den Abend, da er diese
Dame bei den Josserand schier mit den Augen verschlang. Als er
schwor, daß er sie nicht besessen habe, sagte sie lachend, daß sie
es wohl wisse und ihn nur necken wolle. Aber er habe eine andere
besessen; da nannte sie Frau Hédouin, noch mehr belustigt durch
seine energische Einsprache. Wer denn? Etwa Marie Pichon? Da konnte
er nicht leugnen! Er leugnete dennoch; aber sie schüttelte den Kopf
und versicherte, ihr kleiner Finger lüge nicht. Um ihr diesen
Frauennamen zu entreißen, mußte er seine Liebkosungen
verdoppeln.
    Indes hatte sie Berta nicht genannt. Er ließ sie wieder los, als
sie von neuem anhub:
    Aber die letzte?
    Welche letzte? fragte er geängstigt.
    Sie spitzte wieder hartnäckig das Mäulchen und weigerte sich zu
reden, wenn er ihr nicht mit einem Kusse den Mund öffne. Wahrhaftig, sie könne ihm die Person
nicht nennen, denn sie sei es, die zuerst den Gedanken zu dieser
Heirat hatte. Und sie erzählte die Geschichte Bertas, ohne ihren
Namen zu nennen. Da gestand er alles, in ihren zarten Hals
flüsternd und eine feige Freude bei diesem Geständnisse empfindend.
Er sei doch recht drollig, vor ihr den Geheimnisvollen zu spielen,
sagte sie. Halte er sie denn für eifersüchtig? Warum hätte sie es
sein sollen? Sie habe ihm doch nichts bewilligt. Kleine Scherze,
Kindereien wie jetzt eben. Aber »Das« niemals! Sie sei eine ehrbare
Frau und zankte ihn fast aus, weil er sie der Eifersucht hatte
verdächtigen können.
    Sie lag zurückgebeugt in seinen Armen. Von einem Schmachten
ergriffen, sprach sie von dem Grausamen, der nach einer einwöchigen
Ehe sie habe sitzen lassen. Sie sei eine unglückliche Frau und
wisse gar viel von den Stürmen des Herzens zu erzählen. Seit langer
Zeit habe sie vermutet, was sie »die Künste Octaves« nannte; denn
sie höre jeden Kuß im Hause Auf dem breiten Sofa zurückgelehnt,
vertieften sie sich in ein intimes Geplauder, nur durch
Liebkosungen unterbrochen, die sich überallhin verirrten. Sie
nannte ihn einen großen Taugenichts, weil er durch seine Schuld
sich Valerie habe entgehen lassen; sie hätte ihm sie sogleich
geliefert, wenn er bei ihr sich Rats geholt hätte. Dann befragte
sie ihn über die kleine Pichon. Dünne Beine und nichts weiter, wie?
Doch sie kam wieder auf Berta zurück; sie fand sie reizend, eine
herrliche Haut, ein Fuß wie der einer Marquise. Doch jetzt drängte
sie ihn zurück.
    Nein, lassen Sie mich; ich müßte meine Grundsätze verleugnen… Es
würde Ihnen übrigens kein Vergnügen machen. Was? Sie sagen: ja.
Ach, Sie wollen mir nur schmeicheln. Es wäre sehr häßlich, wenn es
Ihnen Vergnügen machen würde …
Bewahren Sie das für sie. Auf Wiedersehen, Sie
Taugenichts! …
    Sie entließ ihn mit dem feierlichen Schwur, oft zu ihr zur
Beichte zu kommen und ihr nichts zu verheimlichen, wenn er wolle,
daß sie sein Herz leite.
    Octave verließ sie beruhigt. Sie hatte ihm seine gute Laune
wiedergegeben; sie machte ihm Spaß mit ihrer seltsam gearteten
Tugend.
    In

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