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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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entkleiden
und erleichtern. Es schlug ein Uhr, dann einviertel, dann einhalb.
Er ward von Unruhe erfaßt; warum ließ sie ihn warten? Sie hatte
spätestens um ein Uhr die Josserand verlassen, in ihre Wohnung
zurückkehren und die Dienstbotentreppe heraufsteigen müssen: das
konnte in zehn Minuten geschehen sein. Als es zwei Uhr schlug,
dachte er an Katastrophen. Endlich seufzte er befriedigt, als er
ihre Schritte zu erkennen glaubte. Er öffnete, um ihr zu leuchten.
Doch blieb er wie festgenagelt stehen bei dem Anblick, der sich ihm
bot. Vor Adelens Türe hockte Trublot und schaute durch das
Schlüsselloch. Bei dem plötzlichen Lichtschein erhob er sich
erschreckt.
    Was? Schon wieder Sie? murmelte Octave verdrossen.
    Trublot lachte, anscheinend nicht im mindesten erstaunt, den
andern zu dieser nächtlichen Stunde da zu finden.
    Denken Sie sieh, erklärte er im Flüstertone, diese dumme Adele
hat mir den Schlüssel nicht gegeben, Und da sie zu Duverdy gegangen
ist … Wie? was ist Ihnen? … Sie wußten nicht, daß Duverdy
mit ihr schläft. Gewiß, mein Lieber! Er hat sich wohl mit seiner
Frau versöhnt; diese drückt von Zeit zu Zeit ein Auge zu, aber sie
hält ihn knapp, und so ist er schließlich auf Adele gekommen …
Das ist sehr bequem, wenn er nach Paris kommt.
    Er unterbrach sich, bückte sich wieder und brummte dann zwischen
den Zähnen:
    Nein, sie ist nicht da; er behält sie länger als neulich bei
sich. Welch eine kopflose Dirne! Hätte sie mir doch wenigstens den
Schlüssel gegeben, dann hätte ich sie im warmen Bette erwarten
können.
    Damit ging er wieder auf den Dachboden
hinauf, wo sein Schlupfwinkel war, und nahm Octave mit, der
übrigens von ihm hören wollte, wie der Abend bei den Josserand zu
Ende gegangen. Doch er kam nicht dazu, ihn zu fragen; Trublot kam
sogleich wieder auf Duverdy zu reden in der tiefen Finsternis, in
der sie unter dem Gebälk hockten. Jawohl, dieses Vieh hatte zuerst
Julie haben wollen; allein diese war zu anständig; auch zog sie
draußen auf dem Lande den kleinen Gustav vor, einen
vielversprechenden Schlingel von sechzehn Jahren. Von dieser Seite
abgewiesen, und weil er wegen Hyppolites sich nicht an Clémence
heranwagte, hatte er es schicklicher gefunden, außerhalb seines
Hauses eine zu suchen. Man weiß nicht, wo und wie er sich auf Adele
geworfen hatte; ohne Zweifel hinter einer Tür in der Zugluft; denn
dieses dicke Mensch sackte gefügig die Männer ein wie die
Ohrfeigen, und dem Hausbesitzer gegenüber hätte sie es sicherlich
nicht gewagt, unhöflich zu sein.
    Seit einem Monat versäumt er keinen Dienstag der Josserand,
sagte Trublot. Das ist mir lästig .. Ich muß ihm Clarisse
wiederfinden, damit er uns in Frieden läßt.
    Endlich konnte ihn Octave über das Ende des Empfangsabends bei
den Josserand befragen. Berta hatte ihre Mutter vor Mitternacht mit
sehr ruhiger Miene verlassen. Er werde sie sicherlich in Rachels
Zimmer finden. Doch Trublot, glücklich über die Begegnung, ließ ihn
nicht los.
    Es ist blöd, mich so lange warten zu lassen, fuhr er fort. Ich
bin so schläfrig, daß ich stehend schlafe. Mein Chef hat mich in
die Liquidationsabteilung versetzt; da gibt es soviel Arbeit, daß
wir drei Nächte in der Woche gar nicht ins Bett kommen … Wenn
Julie da wäre, würde sie mir wohl ein klein wenig Platz machen.
Allein Duverdy nimmt bloß Hyppolite nach der Stadt mit. Sie kennen
doch Hyppolite, diesen häßlichen Gendarmen, der mit
Clémence ist? Ich habe ihn vorhin im Hemde
zu Luise schleichen sehen, diesem häßlichen Findelkinde, dessen
Seele Frau Juzeur retten will. Ein schöner Erfolg für gnädige Frau
»Alles was Sie wollen, nur Das nicht« – wie? So ein
fünfzehnjähriger Krüppel, so ein schmutziges Bündel, unter einem
Haustor aufgelesen! … Ein hübscher Bissen für diesen knochigen
Kerl mit den feuchten Händen und den Schultern eines
Stieres! … Mir ist's schnuppe, aber es ekelt mich dennoch.
    In dieser Nacht war der gelangweilte Trublot gespickt mit
philosophischen Betrachtungen.
    Wie der Herr, so der Diener, brummte er. Wenn die Hausbesitzer
das Beispiel geben, dürfen auch die Bedienten unanständige Gelüste
haben. Ach, es geht in Frankreich entschieden abwärts!
    Leben Sie wohl, ich verlasse Sie, sagte Octave.
    Trublot hielt ihn noch zurück. Er zählte ihm die Mägdezimmer
auf, wo er hätte schlafen können, wenn nicht der Sommer das Haus
geleert hätte. Das Schlimmste war, daß alle diese Mädchen ihre Tür
fest verschlossen,

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