Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
Gefälligkeit zu belohnen, mit der sie ihre
nächtlichen Ausflüge verheimlichte. Als Luise in der Küche der Frau
Juzeur ihre Zunge gegen sie herausstreckte, rief Victoire ihr
hinüber:
    Wart', Straßenmensch, ich werde dir deine Zunge irgendwohin
stecken!
    Komm nur heran, alte Schnapsflasche, erwiderte die Kleine; ich
habe gestern sehr wohl gesehen, wie du alles auf die Teller
spiest.
    Die Flut von Unflätigkeiten stieg von neuem in dem
übelriechenden Schachte auf. Auch Adele, die sich schon das Pariser
Kauderwelsch angeeignet hatte, nannte Luise eine Schlampe. Da rief
Lisa dazwischen:
    Ich werde sie still machen, wenn sie uns
ärgert. Ja, ja, Nichtsnutz, ich werde Clémence benachrichtigen; die
wird dir schon dein Teil geben. Dieses ekle Ding, das noch
geschneuzt werden müßte, angelt schon nach Männern. Doch still, da
ist der Mann! Auch ein netter Schweinigel!
    Hyppolite war am Fenster der Duverdy erschienen, mit dem Putzen
der Stiefel seines Herrn beschäftigt. Die Mägde waren artig gegen
ihn, weil er zur Aristokratie gehörte; er verachtete Lisa, die
ihrerseits Adele verachtete, mit mehr Stolz, als die reichen
Herrenleute den armen Herrenleuten gegenüber zeigen. Man fragte
ihn, wie es Fräulein Clémence und Fräulein Julie gehe. Mein Gott!
sie langweilten sich zum Sterben, befänden sich aber sonst nicht
übel. Dann ging er unvermittelt zu einem anderen Gegenstande über
und fragte:
    Habt ihr heute nacht das Weib mit seinem vollen Bauche stöhnen
hören? Das ist aber verdrießlich! … Gut, daß sie das Haus
verläßt. Ich wollte ihr zurufen: »Schiebe doch an, damit's ein Ende
hat!«
    Ja, Herr Hyppolite hat recht, meinte Lisa. Nichts geht einem so
an die Nerven, wie ein Weib, das immer Koliken hat. Gott sei Dank,
ich kenne das nicht; aber mir scheint, ich würde es verschlucken,
um die Leute schlafen zu lassen.
    Victoire, die ihren Spaß haben wollte, fiel wieder über Adele
her.
    Sag', Geschwollene dort oben, als du dein erstes hattest, kam es
von vorn oder rückwärts zum Vorschein?
    Alles Dienstbotenvolk wälzte sich vor Lachen, während Adele
bestürzt erwiderte:
    Ein Kind? nein, das soll nicht kommen! Es ist verboten, und ich
will es auch nicht …
    Mein Mädchen, sagte Lisa in ernstem Tone, die Kinder kommen jedem. Der liebe Gott wird dich auch nicht
anders machen als die anderen.
    Dann sprach man von Frau Campardon, die nichts mehr zu fürchten
hatte. Es war das einzig Angenehme bei ihrem Zustande. Nach ihr
kamen alle Damen des Hauses an die Reihe; Frau Juzeur, die
Vorsichtsmaßregeln anwandte; Frau Duverdy, die einen Ekel vor ihrem
Manne hatte; Frau Valerie, die sich ihre Kinder auswärts holte,
weil ihr Mann nicht imstande sei, ihr auch nur das Schwänzlein
eines Kindes zu machen. Von neuem stieg das Gelächter in dem
Schachte auf.
    Berta war wieder erbleicht. Sie wartete, denn sie wagte nicht
mehr, aus dem Zimmer Rachels zu treten; verwirrt und mit zu Boden
gesenkten Blicken stand sie da, gleichsam in Octaves Gegenwart
vergewaltigt. Ohnehin wütend über die Mägde, fühlte er jetzt, daß
sie zu unflätig wurden und daß er von Berta nicht wieder Besitz
ergreifen konnte. Seine Begierde schwand; er fühlte sich von großer
Müdigkeit und Trauer ergriffen. Doch die junge Frau erbebte; Lisa
hatte soeben ihren Namen ausgesprochen.
    Wenn wir schon von den Pfiffigen reden, scheint mir dies eine zu
sein, die sich etwas gönnt! Ist's nicht wahr, Adele, daß dein
Fräulein Berta schon damals ein lockerer Zeisig war, als du noch
ihre Röcke wuschest?
    Jetzt läßt sie sich von dem Angestellten ihres Mannes abstäuben,
bemerkte Victoire. Es wird nicht zu viel Staub da sein!
    Still! empfahl Hyppolite.
    Schau, warum denn? Ihr Kamel von einer Magd ist heute nicht da.
Eine Duckmäuserin, die einen fressen möchte, wenn man von ihrer
Herrin spricht. Ihr wißt doch wohl, daß sie eine Jüdin ist und in
ihrer Heimat jemanden ermordet hat. Vielleicht stäubt der schöne
Octave auch sie in den Winkeln ab. Der
Herr hat diesen langen Gimpel in den Dienst nehmen müssen, um die
Kinder zu machen.
    Von einer unsagbaren Angst gepeinigt, erhob Berta die Augen zu
ihrem Liebhaber; seinen Beistand erflehend, flüsterte sie:
    Mein Gott! mein Gott!
    Octave nahm ihre Hand und drückte sie fest; auch ihn erstickte
fast eine ohnmächtige Wut. Was sollte er tun? Er konnte sich nicht
zeigen, um diesen Mädchen Stillschweigen zu gebieten. Die
unflätigen Reden dauerten fort, solche Reden, wie die junge Frau
sie niemals gehört

Weitere Kostenlose Bücher