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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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selbst wenn sie nur bis an das Ende des
Korridors gingen, weil sie voneinander bestohlen zu werden
fürchteten. Bei Lisa war nichts zu machen; diese hatte einen
sonderbaren Geschmack. Bis zu Victoire verstieg er sich nicht,
wenngleich diese noch vor zehn Jahren ihm hätte sehr gefallen
können. Dann beklagte er sich über die Wut Valeries, ihre Köchinnen
zu wechseln. Das wurde unerträglich. Er zählte sie an den Fingern
her, eine ganze Reihe. Eine, die Schokolade zum Frühstück verlangt
hatte; eine, die weggegangen war, weil der Herr nicht reinlich aß;
eine, die von der Polizei geholt wurde, gerade als sie einen
Kalbsbraten ans Feuer setzte; eine, die so stark war, daß sie alles
zerbrach, was sie berührte; eine, die sich eine Magd hielt, um sie
zu bedienen; eine, die in den Kleidern der
Gnädigen ausging und ihre Herrin ohrfeigte, als diese sich eines
Tages eine Bemerkung darüber erlaubte. Diese alle in einem Monate!
Er hatte nicht einmal Zeit, in der Küche sie in die Hüften zu
kneipen!
    Und dann kam Eugenie, fuhr er fort. Sie müssen sie bemerkt
haben, ein großes, schönes Mädchen, eine Venus, mein Lieber, ohne
Spaß; die Leute auf der Straße wandten sich um, ihr
nachzublicken … Zehn Tage lang war das Haus in Aufruhr; die
Damen waren wütend, die Herren hielten es nicht aus: Campardon ließ
die Zunge heraushängen; Duverdy war auf den Kniff verfallen, alle
Tage heraufzukommen, um nachzusehen, ob das Dach nicht schadhaft
geworden. Eine wahre Revolution; das Haus brannte vom Keller bis zu
den Dachsparren. Ich war auf meiner Hut, sie war zu schick. Glauben
Sie mir, mein Lieber: häßlich und dumm müssen sie sein, wenn man
nur die Arme voll mit ihnen kriegt. Das ist meine Meinung: aus
Grundsatz und aus Geschmack … Und welch eine gute Nase hatte
ich! Eugenie wurde an dem Tage davongejagt, an dem die Gnädige an
den pechschwarzen Bettüchern merkte, daß Eugenie jeden Morgen den
Kohlenhändler vom Gaillon-Platze empfing. Die Bettwäsche war so
schwarz, daß es ein Vermögen kostete, sie wieder weiß zu kriegen.
Und was ist geschehen? Der Kohlenhändler ist davon sehr krank
geworden, und der Kutscher der Leute vom zweiten Stock, von seiner
Herrschaft hier gelassen, dieser Tölpel von einem Kutscher, der
alle diese Mädchen hat, hat auch sein Geschenk bekommen, daß er
heute noch ein Bein nachschleppt. Dem Kerl gönne ich's; der macht
mir viel Verdruß!
    Endlich konnte Octave sich losmachen. Er ließ Trublot in der
tiefen Dunkelheit des Dachbodens zurück, als dieser erstaunt
ausrief:
    Aber Sie! Was suchen denn Sie bei den
Mägden? … Bösewicht, kommen Sie auch hierher?
    Er lachte behaglich. Er versprach ihm Geheimhaltung und entließ
ihn mit dem Wunsche, er möge eine angenehme Nacht haben. Er selbst
war entschlossen, diesen Schmutzlappen Adele zu erwarten, die nicht
loskommen kann, wenn sie bei einem Manne ist. Duverdy würde es
vielleicht doch nicht wagen, sie bis zum Morgen zu behalten.
    In das Zimmer Rachels zurückgekehrt, erfuhr Octave eine neue
Enttäuschung: Berta war nicht da. Ein Zorn erfaßte ihn jetzt; sie
hatte mit ihm ihr Spiel getrieben, sie hatte nur versprochen, um
sich seiner Bitten zu entledigen. Während er in fieberhafter
Ungeduld ihrer harrte, schlief sie, sich ihres Alleinseins freuend,
in dem breiten, bequemen Ehebette. Anstatt in sein Zimmer
zurückzukehren und auch seinerseits schlafen zu gehen, warf er in
seinem Eigensinn sich angekleidet auf das Bett hin und brachte die
Nacht damit hin, Rachepläne zu schmieden. Dieses nackte, kahle
Dienstbotenzimmer ärgerte ihn jetzt mit seinen schmutzigen Mauern,
seiner Dürftigkeit und dem unerträglichen Geruch eines schlecht
gepflegten Mädchens; er wollte sich nicht gestehen, in welcher
Niedrigkeit seine zum Äußersten getriebene Liebe Befriedigung
gefunden hatte. In der Ferne schlug es drei Uhr. Zu seiner Linken
hörte er das Schnarchen kräftiger Mädchen; zuweilen hörte er nackte
Füße auf die Dielen springen, und dann gab es ein Plätschern wie an
einem Brunnen, daß der Fußboden davon erzitterte. Doch am meisten
ging ihm an die Nerven eine unablässige Klage zu seiner Rechten,
eine Schmerzensstimme, die in Fieber und Schlaflosigkeit stöhnte.
Er erkannte schließlich die Stimme der Schuhstepperin. Kam sie
vielleicht nieder? Die Unglückliche war ganz allein und lag in
Todesängsten unter dem Dache in einer jener elenden
Kammern, wo sie selbst für ihren Bauch
nicht mehr genug Platz hatte.
    Gegen vier Uhr gab es eine kleine

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