Der häusliche Herd
weiß recht gut: die anderen Mägde
verderben Sie. Sobald so eine Gans aus der Provinz in einem Hause
ankommt, fallen die anderen Dirnen aus allen Stockwerken über sie
her, um sie eine ganze Menge unsauberer Dinge zu lehren… Sie gehen
nicht mehr in die Messe, und jetzt stehlen Sie gar! …
Adele, der in der Tat Lisa und Julie den Kopf voll geredet
hatten, gab nicht nach.
Wenn ich eine Gans war, wie Sie sagen, durften Sie keinen
Mißbrauch treiben. Nun ist's aus!
Hinaus! Ich jage Sie fort! schrie Frau Josserand, mit einer
tragischen Miene nach der Tür weisend.
Wutschnaubend setzte sie sich nieder, während die Magd, ohne
sich sonderlich zu beeilen, noch eine Weile herumtrippelte und noch
eine Pflaume verschlang, ehe sie in die Küche hinausging. So ward
sie jede Woche einmal davongejagt; es regte sie wenig auf.
Ein peinliches Stillschweigen entstand an der Tafel. Hortense
bemerkte, es tauge nichts, ihr stets mit dem Davonjagen zu drohen
und sie dann immer wieder zu behalten. Gewiß stehle sie und sei
keck; aber sie bediene sie doch, während eine andere Magd es keine
acht Tage bei ihnen aushalten werde trotz des Vergnügens, den Essig
auszutrinken und einige Pflaumen zu stehlen.
Das Frühstück ging indessen in zärtlich inniger Stimmung zu
Ende. Herr Josserand sprach in sehr bewegten Worten von dem armen Saturnin, der tags vorher
während seiner Abwesenheit, wieder hatte fortgeführt werden müssen;
er glaubte, er habe unten im Laden einen Tobsuchtsanfall bekommen,
denn man hatte es ihm so erzählt.
Dann beklagte er sich, daß er Leo schon lange nicht gesehen
habe; Frau Josserand, die stumm geworden war, erklärte trocken, daß
sie ihn heute erwarte, daß er vielleicht zum Frühstück kommen
werde. Der junge Mann hatte seit einer Woche mit Frau Dambreville
gebrochen, die, um sich ihres Versprechens zu entledigen, ihn mit
einer dürren, schwarzen Witwe verheiraten wollte; allein er wollte
eine Nichte des Herrn Dambreville heiraten, eine sehr reiche
Kreolin von glänzender Schönheit, die im September bei ihrem Oheim
eingetroffen war, nachdem sie auf den Antillen ihren Vater durch
den Tod verloren. Es gab schreckliche Szenen zwischen den beiden
Liebenden; Frau Dambreville weigerte sich, ihm ihre Nichte zu
geben: sie ward von Eifersucht verzehrt und konnte sich nicht
entschließen, vor dieser in Jugendschöne prangenden Blume die Segel
zu streichen.
Wie steht es mit seiner Heiratsangelegenheit? fragte Herr
Josserand.
Wegen der Anwesenheit Hortensens antwortete die Mutter zuerst in
vorsichtigen Ausdrücken. Sie hielt derzeit große Stücke auf ihren
Sohn: er sei ein Junge, der seinen Weg machen werde. Sie hielt ihn
sogar oft ihrem Gatten vor; der Junge sei, Gott sei Dank! von ihrer
Art, sagte sie; der werde sein Weib nicht ohne Schuhe lassen.
Allmählich ereiferte sie sich.
Er hat endlich genug von dieser Frau. Eine Weile mag es
hingehen; es hat ihm nicht geschadet. Aber wenn die Tante sich
weigert, ihm die Nichte zu überlassen, wird er ihr den Laufpaß
geben… Und ich stimme ihm bei.
Hortense tat aus Züchtigkeit, als ob sie ganz hinter
ihrer Kaffeeschale verschwinden wolle;
Berta hingegen, die nunmehr alles hören durfte, machte eine
verächtliche Miene über die Erfolge ihres Bruders. Die Familie
erhob sich von der Tafel, und Herr Josserand, der sich besser
fühlte, sprach davon, noch ins Büro gehen zu wollen; da erschien
Adele mit einer Karte. Die Person warte im Salon, sagte sie.
Wie? Sie ist's? Zu dieser Stunde! rief Frau Josserand. Und ich
habe nicht einmal ein Korsett an… Umso schlimmer, ich muß ihr die
Wahrheit sagen.
Es war Frau Dambreville. Vater und Töchter blieben im
Speisezimmer, um zu plaudern, während die Mutter sich nach dem
Salon wandte. Ehe sie die Türe öffnete, warf sie noch einen
besorgten Blick auf ihr altes, grünes Seidenkleid; sie versuchte es
zuzuknöpfen, reinigte es von den verschiedenen Fäden, die sie vom
Parkett aufgelesen hatte und schob mit einer derben Handbewegung
den überquellenden Busen zurück.
Verzeihen Sie, teure Frau, sagte die Besucherin lächelnd; ich
bin hier vorbeigekommen und wollte mich nach Ihrem Befinden
erkundigen.
Sie war in eine Toilette von tadelloser Vornehmheit eingepreßt
und gab sich den Anschein einer liebenswürdigen Frau, die
heraufgekommen war, um einer Freundin guten Tag zu sagen. Allein
ihr Lächeln zitterte; aus ihren vornehmen Manieren sprach eine
entsetzliche Angst, die ihr ganzes Wesen erbeben machte. Sie sprach
von
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