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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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tausend Dingen und vermied es sorgfältig, Leos Namen
auszusprechen; aber endlich entschloß sie sich, einen Brief aus der
Tasche zu ziehen, den sie soeben von ihm erhalten hatte.
    Ach, ein Brief, ein Brief!… sagte sie mit veränderter, von
Tränen erstickter Stimme. Was hat er denn gegen mich, teure Frau?
Er will keinen Fuß mehr in unser Haus setzen!
    Sie reichte den Brief mit zitternder Hand
der Frau Josserand. Diese nahm den Brief und las ihn kalt. Es war
eine kurze, aber entschiedene Absage.
    Mein Gott, sagte sie, ihr den Brief zurückgebend, Leo hat
vielleicht nicht unrecht.
    Frau Dambreville erging sich in Lobeserhebungen über die Witwe,
die sie dem jungen Mann zugedacht hatte; eine Frau von kaum 35
Jahren, sehr anständig, wohlhabend genug, außerordentlich tätig, so
daß sie ihren Gatten gewiß zum Minister machen werde. Sie halte
schließlich ihr Versprechen; sie habe für Leo eine gute Partie
gefunden. Welchen Grund zu zürnen könne er haben?
    Ohne eine Antwort abzuwarten, entschloß sie sich endlich,
Raymonde zu nennen, ihre Nichte. Sei es möglich, daß er einen
solchen Backfisch von kaum 16 Jahren heiraten wolle; eine Wilde,
die von der Welt und vom Leben gar nichts verstehe?
    Warum nicht? entgegnete Frau Josserand bei jeder Frage; warum
nicht, wenn er sie liebt?
    Nein, nein, er liebt sie nicht! rief die andere immer wieder; er
kann sie nicht lieben. Ich verlange von ihm nichts als ein wenig
Dankbarkeit … Ich habe einen Menschen aus ihm gemacht; mir hat
er es zu danken, daß er Gerichtsbeisitzer ist, er wird auch zum
Referendar ernannt werden… Ich flehe Sie an, reden Sie ihm zu, daß
er zurückkommt, daß er mir diese Freude bereitet. Ich wende mich an
sein Herz, an Ihr Mutterherz, ja, an alles, was edel ist in
Ihnen…
    Sie faltete die Hände, ihre Stimme brach. Es herrschte
Stillschweigen; so saßen sie einander gegenüber. Dann brach sie
plötzlich in ein schmerzliches Schluchzen aus und rief:
    Nicht mit Raymonde, nur nicht mit Raymonde!
    Es war eine Liebesraserei, der Aufschrei
eines Weibes, das nicht altern will, das sich in der schweren Krise
der Alterswende an den letzten Mann klammert. Sie hatte die Hände
der Frau Josserand ergriffen und benetzte sie mit ihren Tränen; sie
gestand der Mutter alles, demütigte sich vor ihr, wiederholte
immerfort, daß sie allein auf ihren Sohn einwirken könne und schwor
ihr die Ergebenheit einer Magd, wenn sie ihn ihr wiedergeben werde.
Sie sei allerdings nicht gekommen, um diese Dinge zu sagen; sie
habe ihm Gegenteil den Vorsatz gefaßt, nichts merken zu lassen,
allein ihr Herz ertrage es nicht: sie sei nicht schuld daran.
    Schweigen Sie, meine Liebe, Sie machen mich erröten, erwiderte
Frau Josserand mit verdrossener Miene. Ich habe Töchter, die es
hören könnten… Ich weiß nichts und will nichts wissen. Wenn Sie mit
meinem Sohn zu tun haben, machen Sie Ihre Angelegenheiten mit ihm
aus. Niemals werde ich mich zu einer solchen Rolle hergeben.
    Sie überhäufte sie indessen mit Ratschlägen. In ihrem Alter –
meinte sie – müsse man schon verzichten. Gott werde ihr hilfreich
beistehen. Doch müsse sie ihm ihre Nichte verschaffen, wenn sie dem
Himmel ein wirkliches Sühnopfer darbringen wolle. Im übrigen
gefalle die Witwe Leo ganz und gar nicht; dieser brauche eine Frau
mit hübschem Gesicht, um Essen geben zu können. Sie sprach von
ihrem Sohne mit Bewunderung, geschmeichelt in ihrem Stolze; sie
schilderte ihn ganz eingehend, um ihn der schönsten Frauen würdig
zu zeigen.
    Bedenken Sie doch, liebe Freundin, er ist kaum dreißig Jahre
alt. Ich wäre untröstlich, Urnen ein Leid zufügen zu müssen; aber
vergessen Sie nicht, daß Sie seine Mutter sein könnten… Er weiß,
was er Ihnen schuldet, und ich selbst bin durchdrungen von dem
Gefühl der Dankbarkeit für Sie. Sie werden sein gütiger Engel
bleiben. Allein wenn es aus ist, dann
ist's eben aus. Konnten Sie denn hoffen, ihn für immer zu
behalten?
    Als die Unglückliche keine Vernunft annehmen wollte und darauf
bestand, ihn ganz einfach und auf der Stelle wiederzugewinnen,
wurde die Mutter zornig.
    Ach was, lassen wir das. Ich halte mich für zu gut, von dieser
Sache im Scherz zu reden. Er will nicht mehr, der Junge! Das ist
wohl erklärlich. So betrachten Sie sich doch! Sollte er wieder
einmal Ihrem Wunsche nachgeben, will ich ihn jetzt an seine
Pflichten erinnern. Denn ich frage Sie, welches Interesse kann es
fortan für Sie beide mehr haben? Er wird übrigens gleich hier sein,
und

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