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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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einließ.
    Trublot, der seit Aufhebung der Tafel verschwunden war, trat
jetzt verstohlen durch die Tür des Speisesaales ein; Berta bemerkte
ihn und fragte unbesonnenerweise, woher er komme? Er schwieg, sie
ward verwirrt und stellte, um der Verlegenheit ein Ende zu machen,
die beiden jungen Leute einander vor. Ihre Mutter hatte sie nicht
aus den Augen gelassen; sie nahm von da ab die Haltung eines
kommandierenden Generals an und leitete die Angelegenheit von dem
Sessel aus, auf dem sie saß. Als sie dachte, daß die erste
Begegnung zu einem befriedigenden Ergebnisse geführt, rief sie ihre
Tochter durch einen Wink zu sich und sagte mit leiser Stimme:
    Warte mit dem Klavierspiel, bis die Vabre
kommen und spiele »fest«!
    Octave war mit Trublot allein geblieben und suchte, diesen
auszufragen.
    Eine scharmante Person!
    Ja, nicht übel!
    Das Fräulein in Blau ist ihre ältere Schwester, nicht wahr? Die
ist weniger hübsch.
    Freilich! Sie ist magerer.
    Trublot, der mit seinen kurzsichtigen Augen dreinschaute, ohne
viel zu sehen, hatte die Miene eines soliden, in seiner
Geschmacksrichtung eigensinnigen Mannes. Er war befriedigt aus der
Küche zurückgekommen und kaute schwarze Dinger, in denen Octave zu
seiner Überraschung Kaffeebohnen erkannte.
    Sagen Sie einmal, fragte Trublot plötzlich: die Weiber im Süden
müssen recht dick sein?
    Octave lächelte und stand fortan auf dem besten Fuße mit
Trublot. Gemeinsame Gedanken brachten sie einander näher. Auf einem
abseits stehenden Sofa sitzend, tauschten sie Vertraulichkeiten
aus. Der eine sprach von seiner Gebieterin, der Frau Hédouin, einer
»verflixt« hübschen, aber zu kühlen Frau; der andere erzählte, daß
er zum Korrespondenten befördert worden sei bei seinem
Wechselagenten, Herrn Desmarguay, der ein verblüffend »fesches«
Stubenmädchen habe. Mittlerweile ward die Salontüre geöffnet, und
drei Personen traten ein.
    Das sind die Vabre, flüsterte Trublot seinem neuen Freunde zu.
Louis, der Größere, der mit dem Gesichte eines kranken Hammels, ist
der ältere Sohn des Hausbesitzers; er ist dreiunddreißig Jahre alt
und leidet immer an Kopfschmerzen, die ihm die Augen zu den Höhlen
hinaustreiben und ihn ehemals verhindert haben, seine lateinischen
Studien fortzusetzen; er ist ein mürrischer
Mensch, der sich schließlich auf den Handel geworfen …
Theophil, dieser Zwerg mit den gelben Haaren und dem dünnen Barte,
dieser Greis von achtundzwanzig Jahren, der von Husten- und
Wutanfällen geschüttelt wird, hat es mit einem Dutzend
Beschäftigungen versucht und dann Frau Valerie geheiratet, jene
Frau, die vorausgeht …
    Ich habe sie schon gesehen, unterbrach ihn Octave. Es ist die
Tochter eines Krämers in diesem Stadtviertel, nicht wahr? Nein, wie
diese Schleier uns täuschen! Ich habe sie für hübsch
gehalten … Sie ist aber nur etwas seltsam mit ihrem runzlichen
Gesichte und ihrem bleifarbenen Teint.
    Auch eine, für die ich nicht schwärme, sagte Trublot. Sie hat
prächtige Augen! Es gibt Männer, denen das genügt; aber das ist
nicht viel …
    Frau Josserand hatte sich erhoben, um Frau Valerie die Hand zu
drücken.
    Wie? rief sie; Herr Vabre ist nicht gekommen? Auch Herr und Frau
Duverdy haben uns nicht die Ehre ihres Besuches erwiesen? Und doch
haben sie uns zugesagt. Oh, das ist schlimm!
    Die junge Frau entschuldigte ihren Schwiegervater, den sein
Alter zurückhalte, und der es übrigens vorziehe, abends zu
arbeiten. Was ihren Schwager und ihre Schwägerin betreffe, so sei
sie von ihnen ersucht worden, sie zu entschuldigen; sie hätten eine
Einladung zu einer offiziellen Gesellschaft erhalten, von der sie
nicht hätten wegbleiben können. Frau Josserand spitzte die Lippen.
Sie versäumte keine einzige Samstagsgesellschaft dieser Großtuer
vom ersten Stock, die sich entehrt geglaubt hätten, wenn sie an
einem Dienstag in den vierten Stock hinaufgestiegen wären. Ihre
stillen Teeabende sind freilich nicht so viel wert, wie
die Orchesterkonzerte der Duverdy. Aber,
nur Geduld! Wenn ihre Töchter einmal verheiratet sind und sie zwei
Schwiegersöhne und deren Familien hat, um ihren Salon zu füllen,
werden auch bei ihr Gesangschöre sich vernehmen lassen.
    Halte dich bereit! flüsterte sie Berta zu.
    Es waren an zwanzig Personen da, die sich ziemlich drängten, da
man den kleinen Salon nicht geöffnet hatte, der den beiden Töchtern
des Hauses als Schlafzimmer diente. Die Neuangekommenen tauschten
mit den Anwesenden Händedrücke aus. Valerie hatte

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