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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Trublot. Auch er war zuerst höchst betroffen. Nie war es
vorgekommen, daß jemand zu so früher Stunde da heraufkam.
    Octave war eingetreten und betrachtete ihn in diesem Zimmerchen
mit dem schmalen eisernen Bette, dem Toilettentisch, wo ein kleines
Päckchen weiblicher Haare in dem Seifenwasser schwamm, und wo sein
Frack unter Schürzen und Weiberröcken hing.
    Wie, Sie schlafen mit der Köchin! rief er erstaunt.
    Aber nein! erwiderte Trublot arg verlegen.
    Als er einsah, wie dumm seine Lüge sei, begann er zufrieden zu
lächeln.
    Ei, sie ist recht drollig … Ich versichere Ihnen, mein
Lieber; es ist sehr schick!
    Sooft er irgendwo zum Essen geladen war, suchte er aus dem Salon zu entkommen, um die Köchinnen am Herde
in die Schenkel zu kneipen; und wenn eine einwilligte, ihm ihren
Schlüssel zu geben, so verduftete er vor Mitternacht, ging hinauf
in ihr Zimmer und erwartete sie dort geduldig, auf einem Koffer
sitzend, in Frack und weißer Krawatte. Am folgenden Tage kam er
dann gegen zehn Uhr über die Haupttreppe herab und ging stolz an
der Hausmeistersloge vorüber, als ob er bei einem der Mieter einen
Morgenbesuch gemacht habe. Wenn er nur bei seinem Wechselagenten
rechtzeitig im Büro erschien – so hatte sein Vater nichts gegen
diese Abenteuer einzuwenden. Überdies hatte er in letzter Zeit die
Börse zu besorgen, das währte von zwölf bis drei Uhr. An Sonntagen
geschah es nicht selten, daß er den ganzen Tag in dem Bett
irgendeines Stubenkätzchens zubrachte, glücklich in die warmen
Decken und Kissen vergraben.
    Sie haben eines Tages ein so bedeutendes Vermögen! … sagte
Octave mit dem Ausdruck des Ekels.
    Trublot erwiderte in belehrendem Tone:
    Mein Lieber, Sie wissen nicht, was das ist, reden Sie nicht
davon.
    Er pries Julie, eine große Burgunderin von vierzig Jahren, mit
einem breiten, blatternarbigen Gesichte und prächtigem Körperbau;
alle Damen des ganzen Hauses seien die reinen Flöten neben ihr,
keine reiche ihr auch nur bis zum Knie. Dabei ein sehr anständiges
Mädchen. Zum Beweise dessen öffnete er mehrere Schubfächer und
zeigte Octave einen Hut, allerlei Geschmeide, spitzenbesetzte
Hemden, die ohne Zweifel der Frau Duverdy gestohlen waren. Octave
bemerkte in der Tat eine gewisse Koketterie in dem Zimmerchen, eine
ganze Reihe von Schachteln aus vergoldetem Karton auf der
Schublade, einen roten Vorhang über die Röcke gespannt, kurz:
den ganzen Staat einer Köchin, die sieh
auf eine feine Person hinausspielen will.
    Gegen die ist wirklich nichts zu sagen, meinte Trublot; man kann
es frank und frei eingestehen. Ja, wenn alle so wären wie
Julie! …
    In diesem Augenblick ward von der Dienstbotentreppe her ein
Geräusch vernehmbar. Es war Adele, die heraufkam, um sich die Ohren
zu waschen, weil Frau Josserand ganz wütend ihr verboten hatte, das
Fleisch zu berühren, wenn sie sich nicht die Ohren mit Seife
reinige. Trublot streckte den Kopf vor und erkannte sie.
    Schließen Sie rasch die Türe! sagte er unruhig; und verhalten
wir uns jetzt still.
    Er spitzte die Ohren und hörte die schwerfälligen Tritte Adelens
sieh nähern.
    Mit der schlafen Sie auch? … fragte Octave, überrascht
durch Trublots Blässe und merkend, daß dieser eine Szene
fürchte.
    Jetzt beging Trublot eine Feigheit.
    Nein, wahrhaftig nein! Mit diesem Abwaschlappen nicht! …
Für wen halten Sie mich denn, mein Lieber?
    Er setzte sich an den Rand des Bettes und wartete, bis er sich
später vollends ankleiden würde; er bat auch Octave, sich still zu
verhalten. Beide blieben unbeweglich, bis Adele ihre Ohren
gereinigt hatte, was gute zehn Minuten in Anspruch nahm. Sie
hörten, wie sie einen wahren Sturm in ihrem Waschbecken
verursachte.
    Es liegt noch ein Zimmer zwischen diesem und dem ihren, bemerkte
Trublot leise, ein Zimmer, das an einen Tischler vermietet ist, der
den ganzen Korridor mit seinen Zwiebelsuppen verpestet. Heute früh
ist mir davon schier übel geworden. Die Zwischenwände der
Dienstbotenzimmer sind in den modernen Häusern so dünn wie
ein Blatt Papier. Ich begreife die
Hausbesitzer gar nicht. Das ist durchaus nicht moralisch. Man kann
sich ja gar nicht mehr in seinem Bette umdrehen … Ich finde es
sehr unbequem.
    Als Adele hinabgegangen war, beendigte er seine Toilette, wobei
er sich der Pomade und der Kämme Juliens bediente. Da Octave ihm
gesagt hatte, daß er auf dem Dachboden zu tun habe, wollte er
durchaus ihn dahin begleiten, weil er – wie er sagte – jeden Winkel
in diesem

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