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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Tode gequält wird,
wenn man das Unglück gehabt hat, ein lebendiges Klavier zu
heiraten, das alle Welt in die Flucht jagt, wäre man sehr dumm,
wenn man sich nicht anderwärts ein kleines, gemütliches Heim einrichte, wo man seine Freunde ungeniert
empfangen kann.
    Sonntag, erzählte Gueulin, wollte Clarisse mich ganz allein bei
sich zum Frühstück haben. Ich habe abgelehnt. Nach derlei
Frühstücken begeht man unkluge Streiche; und ich fürchtete, sie
könne sich bei mir festsetzen wollen, sobald sie Duverdy aufgebe.
Sie verabscheut ihn, wie Sie wissen. Sie wird fast krank vor Ekel.
Wahrlich! dieses Mädchen kann auch seinen Hautausschlag nicht
leiden; aber ihr fehlen die Mittel, sich seiner zu entledigen, wie
es seine Frau tut. Wenn auch sie ihn ihrer Magd übergeben könnte,
versichere ich Sie, daß sie sich bald von dieser Last befreien
würde.
    Die Droschke hielt an. Sie stiegen vor einem stillen, düstern
Hause der Kirschstraße ab. Sie mußten aber zehn lang Minuten auf
die andere Droschke warten, da Bachelard mit seinem Kutscher einen
Grog trinken gegangen war. Auf der Stiege, die von einer strengen
Häuslichkeit zeugte, richtete Herr Josserand neue Fragen an den
Onkel über die Dame, bei der er Duverdy finden solle, worauf der
Onkel einfach antwortete:
    Eine Dame von Welt, ein gutes Mädchen … Sie wird Sie nicht
fressen.
    Ein kleines Stubenkätzchen von rosigem Aussehen öffnete ihnen.
Sie half den Herren ihre Oberröcke ablegen und lächelte ihnen dabei
vertraulich und zärtlich zu. Einen Augenblick hielt Trublot sie in
einer Ecke des Vorzimmers zurück, indem er ihr Dinge ins Ohr
flüsterte, daß sie vor Lachen fast erstickte, wie wenn sie einer
gekitzelt hätte. Bachelard hatte indes die Salontüre rasch geöffnet
und stellte Herrn Josserand vor. Der letztere war einen Augenblick
verlegen, da er Clarisse häßlich fand; es wollte ihm durchaus nicht
einleuchten, wie der Rat diese schwarze, magere Gassendirne mit dem zottigen Pudelkopfe seiner
Frau vorziehen könne, die eine der schönsten Personen der guten
Gesellschaft war. Sonst war Clarisse entzückend. Sie wußte nach
Pariser Art lustig zu schwatzen mit einem oberflächlichen,
entlehnten Witze; sie war gleichsam angesteckt mit possierlichen
Streichen durch ihre häufige, nahe Berührung mit Männern. Sonst
konnte sie, wenn sie es wollte, sieh auch das Ansehen einer Dame
von Welt geben.
    Ihre Bekanntschaft freut mich überaus, mein Herr! Alle Freunde
Alphonsens sind auch meine Freunde. Sie sind nun der unsrige; das
Haus steht zu Ihrer Verfügung.
    Herr Duverdy, durch einen Brief von Bachelard benachrichtigt,
bereitete Herrn Josserand ebenfalls einen freundlichen Empfang.
Octave war ganz verwundert über die jugendliche Lustigkeit, die er
hier an ihm wahrnahm. Er war nimmer jener strenge, unzufriedene
Mensch, der sich in seinem Salon der Choiseul-Straße so unbehaglich
fühlte. Die roten Flecke an seiner Stirne verwandelten sich in
Rosa, in seinen schiefen Augen spiegelte sich ein kindlicher
Frohsinn, während Clarisse vor einer Gruppe erzählte, wie er
manchmal während einer Pause in der Gerichtssitzung sich zu ihr
stehle, um sie zu umarmen, und dann gleich wieder wegfahre. Er
beklage sich dann, wie überhäuft er mit Arbeit sei: vier
Gerichtssitzungen in der Woche, von elf bis fünf Uhr; immer
dieselben Rechtsverdrehungen zu ordnen, das müsse endlich das Herz
ganz austrocknen.
    Das ist wahr, sagte er lachend, man muß etwas Rosen darunter
streuen, ich fühle mich dann besser.
    Er hatte indes das rote Band nicht im Knopfloche; er nahm es ab,
sooft er zu seiner Geliebten ging. Das war sein einziges Bedenken;
der einzige feine Unterschied, an welchem
seine Schamhaftigkeit festhielt. Clarisse war davon sehr verletzt,
ohne daß sie etwas merken ließ.
    Octave, der im ersten Augenblick dieser Frau vertraulich die
Hand gedrückt hatte, horchte und beobachtete. Der Salon mit seinen
roten Tapeten und seinen granatfarbenen Möbeln glich in vielen
Stücken jenem in der Choiseul-Straße; um die Ähnlichkeit zu
vervollständigen, hatten sich hier mehrere Bekannte Duverdys
eingefunden, die der Rat auch in seinem Hause empfing. Allein man
rauchte hier, man plauderte ganz laut; ein gewisser Frohsinn wehte
durch das in helles Kerzenlicht getauchte Zimmer.
    Zwei Herren lagen auf den Sofas ausgestreckt; ein anderer saß
rittlings auf einem Sessel und wärmte sich den Rücken am Kamin. Es
herrschte eine gewisse liebenswürdige Heiterkeit, eine Freiheit,
welche

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