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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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tat.
    Als er Octave lachen sah, blieb er stehen und sagte
mißtrauisch:
    Sie sind ein zu ehrlicher Junge, als daß Sie meine Gefälligkeit
mißbrauchen sollten. Aber Sie schwören mir, dem Gueulin kein Wort
davon zu sagen. Ich warte, bis er ihrer würdig ist, dann erst will
ich sie ihm zeigen … Das ist ein Engel, mein Lieber; man möge
sagen, was man wolle, das bleibt wahr: die Tugend verjüngt
einen … Ich bin immer ein Freund des Idealen gewesen.
    Seine Stimme zitterte wie die eines alten Trunkenboldes, der er
war; Tränen schwellten seine schläfrigen Augenlider.
    Unten scherzte Trublot, stellte sich, als wolle er sich die
Hausnummer merken, während Gueulin die Achseln zuckte und den
erstaunten Octave fragte, wie er die Kleine gefunden habe? Sooft
der Onkel durch ein ausgiebiges Saufgelage in eine gerührte
Stimmung versetzt ward, konnte er sich's nicht versagen, die Leute
zu jenen Damen hinzuführen, wobei seine Gefühle geteilt waren
zwischen der Eitelkeit, seinen Schatz zu zeigen, und der Furcht,
man könne ihm denselben entwenden; tags darauf war dann alles
wieder vergessen, und er kehrte mit geheimnisvoller Miene in die
Markusstraße zurück.
    Jeder kennt Fifi, sagte Gueulin ruhig.
    Unterdes suchte Bachelard einen Wagen,
während Octave ausrief:
    Und Herr Josserand im Café!
    Die anderen dachten nicht mehr an ihn. Jetzt aber gingen sie
zurück. Herr Josserand, sehr ärgerlich darüber, seinen Abend
einzubüßen, stand ungeduldig an der Türe. Er ging nicht hinein ins
Kaffeehaus, weil er außerhalb des Hauses niemals etwas zu sich
nahm. Endlich brach man auf nach der Kirschstraße. Aber man
brauchte zwei Wagen; einen für Bachelard und seinen Schwager, einen
andern für die drei jungen Leute.
    Gueulin, dessen Stimme von dem Gerassel des rostigen Eisenwerkes
der Droschke gedeckt wurde, sprach anfangs von der
Versicherungsgesellschaft, wo er angestellt war. Versicherung und
Börsenwesen sei eitel langweiliges Zeug, beteuerte Trublot. Dann
kam die Rede auf Duverdy. War das aber traurig, daß ein reicher
Mann, ein hochgestellter Richter sich in solcher Art von den
Weibern prellen lasse! Er mußte immer welche haben in den
entlegensten Stadtvierteln außerhalb der Omnibuslinien; kleine,
alleinstehende Damen, bescheiden und die Rolle von Witwen spielend;
Ladenhüterinnen ohne Kundenkreis, Dirnen, die er aus dem Sumpf
gezogen, ausgestattet und wie in einem Kloster versorgt hatte, zu
denen er einmal die Woche ging, regelmäßig, wie ein Beamter in sein
Büro geht. Trublot entschuldigte ihn jedoch; erstens war sein
Temperament daran schuld; dann gebe es nicht bald wieder ein so
vermaledeites Weib, wie das seine. Man erzähle sich, daß sie schon
am ersten Tage durch seine roten Flecke angeekelt einen Abscheu vor
ihm bekam; sie dulde daher, daß er sich Geliebte halte, durch deren
Willfährigkeit sie ihn los wurde.
    Sie ist also eine anständige Frau?
    Ach, freilich! Und wie anständig, mein Lieber! …
    Ausgestattet mit allen Eigenschaften: schön,
ernst, von feinem Benehmen, gebildet, von geläutertem Geschmack,
keusch und unausstehlich!
    Am untern Eingang der Montmartre-Straße wurde die Droschke durch
eine Ansammlung von Wagen zum Stehen gebracht. Die jungen Leute,
die das Fenster hinuntergelassen hatten, hörten das wütende
Geschrei Bachelards, der sich mit den Kutschern herumbalgte. Als
der Wagen hierauf wieder ins Rollen kam, gab Gueulin Einzelheiten
über Clarisse. Sie heiße Clarisse Bocquet und sei die Tochter eines
ehemaligen Spielzeughändlers, der mit seinem Weib und einer ganzen
Bande unsauberer Kinder jetzt die Messen ausbeute. Duverdy sei ihr
an einem feuchten Winterabend begegnet, als ein Liebhaber sie
hinausstieß. Dieses verteufelte Weib entspräche gewiß seinem längst
gesuchten Ideale; denn sie fesselte ihn sofort; er weinte, indem er
sie auf die Augen küßte, ganz durchdrungen von dem Bedürfnisse, die
blaue Blume der Romanzen in seinen männlichen Begierden zu pflegen.
Clarisse war einverstanden, in der Kirschstraße zu wohnen, um ihn
nicht dem Gerede preiszugeben, führte ihn aber sonst an der Nase.
Sie hatte sich Möbel für 25 000 Franken kaufen lassen und
brachte sein Vermögen in Gesellschaft von Schauspielern vom
Montmartre-Theater durch.
    Ich kümmere mich den Teufel darum! sagte Trublot, wenn man sich
bei ihr nur unterhält. Wenigstens muß man bei ihr nicht immer
singen; sie klimpert nicht immer am Klavier wie die andere …
Ja, das Klavier! Sehen Sie, wenn man zu Hause zu

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