Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)
Fernseher
eingeschaltet: Sportschau. Dabei darf er nicht gestört werden. Karla wird das
Essen gegen 19.45 Uhr fertig haben. Dann kann Eberhard gleich an den Tisch
kommen. Früher hätte sie gehofft, dass seine Lieblingsmannschaft gewinnt, damit
er guter Laune sei, aber heute ist ihr das egal. Karlas Entscheidung ist
gefallen, ganz egal wie Eberhards Laune ausfällt. Karla wird morgen ausziehen.
Die restlichen Kohlrouladen wird sie ihm noch einfrieren, danach ist sie nicht
mehr für seinen Haushalt zuständig.
Eine kleine Wohnung hat sie bereits angemietet, für den
Übergang, bis die Unterhaltsfragen geklärt sind, denn, Karla hat auch schon
einen Anwalt konsultiert. Genug Zeit hatte sie, und als sie endlich aktiv
wurde, gab es kein Halt mehr für sie. Das neue Gefühl war einfach zu schön!
Der Bauer und das liebe Vieh
Am Rande eines kleinen Dorfes im Süden des Landes lebten
einst zwei Bauern, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten, auf ihren
Höfen dicht beieinander.
Der eine hieß Bauer von Ebershagen.
Den Zusatz „von“ hatte er sich ein paar Jahre zuvor dazu
gekauft. Seine Frau hatte darauf bestanden. Es klänge ihrem Stand entsprechend
angemessener, hatte sie gefunden. Dass ihr Mann nur ein Bauer war, war ihr von
Anfang an ein Dorn im Auge gewesen, aber wenn er schon einen so niederen Beruf
ausübte, so sollte er wenigstens ein angesehener Großbauer werden. Das war ihm
mit den Jahren gelungen, und das „von“ war nur der „i-Punkt“ auf ihrer beider
„Krone“.
Einen Sohn hatte sie ihm geboren, so wollte es der Anstand.
Lieber hätte sie darauf verzichtet: Kinder sind nur laut, machen Dreck und
Arbeit, stehlen kostbare Zeit für schönere Dinge, aber das aller schlimmste
ist, dass sie einem die Figur ruinieren. Aber der Bauer von Ebershagen hatte
darauf bestanden. Sein Hof brauche einen Erben, hatte er ihr zu verstehen
gegeben. Wozu sonst hatte er sie geheiratet.
Dass sein Sohn mehr nach seiner Mutter kommen würde, und
inzwischen lieber in der Stadt Jura studierte, als beim Ausmisten zu helfen,
hatte er ja nicht ahnen können.
Sie hatten sich arrangiert, oft mussten sie sich nicht
begegnen in ihrem großen Haus. Er war meist in seinem, einem gigantischen
Betonbunker ähnelndem Schweinestall, in dem, wenn sie ein bisschen
zusammenrückten, gut 500 Schweine Platz fanden. Ausmisten musste er
glücklicherweise nicht mehr, dafür hatte er Angestellte, aber da sich, so
zusammengepfercht doch das eine oder andere Tier nicht wohlfühlte, oder gar
verletzte, musste er doch täglich nach dem Rechten sehen. Ansonsten hatte er
geschäftliche Termine.
So eilte er mit seiner schwarzen Großraum Limousine von Ort
zu Ort, um sein Fleisch an den Mann zu bringen. Freilich, so einfach war das
nicht mehr, gab es doch mehr Fleisch, als der Mensch essen konnte. So musste es
entweder über mehrere Adressen weiterverkauft, oder aber an das Ausland
verschachert werden. Manchmal, so wusste er, wurde das Fleisch, gefroren,
solange weitergereicht, bis es gar nicht mehr genießbar war. Aber was kümmerte
es ihn, Hauptsache er hatte genug daran verdient.
Der andere Bauer wurde Bauer Schultz genannt.
Sein Grundstück war fast ebenso groß wie das von Bauer
Ebershagen, nur war seine Grundfarbe nicht grau, sondern grün.
Bauer Schultz besaß ein paar Rinder, die friedlich auf ihrer
Wiese grasten, wenn sie nicht in ihrem windschiefen Stall, den Bauer Schultz
zusammen mit zweien seiner vier Söhne erbaut hatte, Unterschlupf suchten.
Ein kleines Haus, Reed gedeckt, so wie es im Norden des
Landes einst üblich war, stand etwa in der Mitte des Anwesens.
Ein paar Meter weiter befand sich ein kleiner Hühnerstall, der
aber meist offen stand, sodass die Hühner kreuz und quer auf dem Hof
herumpicken konnten.
Hinter dem Haus erstreckte sich ein weitläufiger Obstgarten,
um den sich die Frau Bäuerin Schultz mit besonderer Hingabe kümmerte. Unter den
Bäumen grasten ein paar Schafe, die ihrer Aufgabe als natürliche Rasenmäher
nachkamen.
Ein Baumhaus gab es im Wäldchen, eine Laube, in der man
häufig die zwei Töchter beim Spiel vorfinden konnte, sowie eine große, aus
einem dicken Baumstamm geschnitzte Gartenbank, von wo aus man einen
wunderschönen Ausblick hatte: auf die Felder, zu dem kleinen Fichtenwäldchen
und dem schmalen Flüsschen, das sich durch das Gelände schlängelte.
Auf dieser Bank saßen Bauer Schultz und seine Frau abends
oft nach getaner Arbeit.
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