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Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)

Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)

Titel: Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Schröter
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Bei mir zu Hause war es dagegen
total spießig.
    Alles lief in korrekten Bahnen. Besuch hatten wir auch nie.
Sandras Mutter dagegen schlief lange, badete viel und saß besonders gerne an
ihrem kostbaren runden Holztisch, auf dem sich immer ein Glas Wein, ein
Päckchen Zigaretten, filterlos, sowie ihr großer elfenbeinfarbener Aschenbecher
befanden. In unmittelbarer Nähe des Tisches gab es ein Regal, gefüllt mit
Parfums, Nagellacken, einer Bürste, ein paar Zeitschriften und ganz wichtig:
dem Telefon.
    An diesen Tisch führte sie mich nun, obwohl ich ihr sagte,
dass ich gerne gleich nach oben zu Sandra ins Zimmer gehen würde.
     
    Sie lächelte nur, gebot mir auf dem zweiten Stuhl an ihrem
Tisch Platz zu nehmen und hielt mir ihre geöffnete Zigarettenschachtel
entgegen. Seufzend nahm ich Platz, zündete mir eine Zigarette an, schlug die
Beine übereinander und sah sie erwartungsvoll an.
     
    „Die Sandra kann noch nicht. Der Hase ist noch da. Er hat doch
letzte Nacht bei ihr geschlafen. Sie haben sich doch so lange nicht gesehen“,
flüsterte sie mir zu. „Heißt das, sie liegen seit gestern Nachmittag oben im
Bett? Ich meine jetzt ist es fast vier?“ Ich war erschüttert. Meine starke und
selbstbewusste Freundin Sandra, konnte sich nicht von einem Hasen loseisen und
ihre beste Freundin begrüßen, die sie genauso lange nicht gesehen hatte?
     
    Ich rauchte, sah dabei aus dem großen Fenster mit den
Flügeltüren, auf die alten Kastanien, deren Äste so ausladend waren, dass sie
im Sommer fast die gesamte Vorderfront des großen Stadthauses verdeckten, und
ich spürte den spöttischen Blick der Mutter auf mir ruhen. Man hörte leises
Getuschel aus dem oberen Stockwerk. Mir war als hörte ich Sandra wie ein
kleines Mädchen kichern. „Soll ich wieder gehen?“ fragte ich die Mutter. „Nein,
nein!“ versicherte sie mir, „sie sind sicher bald fertig.“ Na toll. Was für
eine peinliche Situation.
     
    Es dauerte noch eine geschlagene Stunde und sechs
Zigarettenlängen bis Sandra endlich, mit braunen Beinen und einem viel zu
großen T-Shirt, das offensichtlich ursprünglich der Hase getragen hatte, die
Treppe herunter schritt. Inzwischen hatte mir Sandras Mutter bereits die
gesamten Urlaubseindrücke vermittelt, die ich so viel lieber in Sandras Zimmer
gehört hätte. Sandra hätte das Zimmer mit den schweren Vorhängen abgedunkelt,
eine Kerze angezündet und wir hätten es uns zwischen ihren zahlreichen Kissen,
die überall in den Zimmerecken verteilt herumlagen, gemütlich gemacht.
     
    Da stand sie nun. Ein bisschen verschlafen, oder sagen wir
überarbeitet, sah sie aus. Kein Funken von Schamesröte bedeckte ihr Gesicht. Im
Gegenteil, sie grinste mir ungeniert entgegen. „Sorry, hat wohl etwas länger
gedauert, aber ich weiß ja, dass Du dafür Verständnis hast,“ wusste sie.
„Eigentlich hatte ich gedacht, dass Du später kommst, wo Du doch wusstest, dass
mein Hase da ist. Aber egal, wo Du schon mal da bist, er kommt dann eben heute
Abend wieder.“ Hatte ich Verständnis? Hätte ich später kommen müssen, obwohl
sie mir deutlich eine Zeit genannt hatte? Kam es mir nur so vor, oder freute
sie sich gar nicht darüber mich zu sehen? Störte ich am Ende nur?
     
    Ich sah sie an, meine liebste Freundin, und verdrängte
schnell meine Gedanken. Ich kannte sie doch: Sie brannte darauf mir von all den
wahnsinnig tollen Dingen zu berichten, die sie in Griechenland erlebt hatte.
Und natürlich wollte sie mir all die schönen Kleidungsstücke zeigen, die sie
erstanden hatte. Und mit Glück lief ihr Schrank – obwohl es ein kleines
Ankleidezimmer, und kein einfacher Kleiderschrank war – wieder einmal über und
es fielen ein paar Teile dabei für mich ab, die sie von nun an nicht mehr zu
tragen gedachte.
     
    Auf eine Zigarettenlänge musste ich mich allerdings noch
gedulden, denn Sandra hatte beschlossen, noch kurz unter der Dusche zu
verschwinden. Eine gute Idee, wie ich fand. Wenn man bedachte, wie und wo sie
die letzten 24 Stunden verbracht hatte. Ich lauschte gerade dem Rauschen des
Wassers am anderen Ende des Flures, als der Hase, der ursprünglich mal Gordon
geheißen hatte, immer zwei Stufen gleichzeitig nehmend, die Treppe herunter sputete.
An der geöffneten Wohnzimmertür machte er kurz halt, schenkte Sandras Mutter
und mir sein strahlendstes Lächeln – und er hatte ein wirklich umwerfendes
Lächeln, mit den weißesten Zähnen, die ich je gesehen hatte – schloss kurz
seine Lederjacke und

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