Der Hauch Des Bösen: Roman
müsste kurz unter vier Augen mit Summerset sprechen. Wenn Sie uns also bitte kurz entschuldigen würden?«
»Ich bin noch nicht ganz fertig. Ich muss schnell noch seinen Puls und seinen Blutdruck messen, und seine Vitamine braucht er ebenfalls.«
»Tja, dann.« Roarke schob die Hände in die Taschen seiner Jacke und musterte seinen Butler. »Sie sehen heute schon viel besser aus.«
»Es geht mir den Umständen entsprechend.«
Vor allem war er wütend, registrierte Roarke. »Bestimmt tut Ihnen ein bisschen Frischluft gut. Warum schiebe ich Sie nicht in den Garten, solange die Hitze noch nicht allzu drückend ist?«
»Eine ausgezeichnete Idee«, stimmte ihm die Krankenschwester zu, ehe Summerset einen einzigen Pieps machen konnte. Geschickt zauberte sie die Spritze hinter ihrem Rücken hervor, drückte sie dem Sprachlosen in den Arm und hatte ihm damit den Vitamincocktail zu ihrer stillen Zufriedenheit verpasst. »Es geht doch nichts über eine Runde durch den Garten, um wieder Farbe in die Wangen zu bekommen. Allerdings muss er in einer halben Stunde zurück sein«, ermahnte sie Roarke. »Dann ist es Zeit für seine Physiotherapie.«
»Er wird rechtzeitig wieder hier sein.«
Als Roarke hinter den Rollstuhl trat, erklärte Summerset in würdevollem Ton: »Ich kann dieses verdammte Ding selber manövrieren«, drückte ein paar Knöpfe und schoss in Richtung der Terrassentür davon.
Roarke schaffte es gerade noch, die Türen rechtzeitig zu öffnen, ehe Summerset mit kerzengeradem Rücken über die steinerne Terrasse rumpelte und danach einen der Wege hinunterfuhr.
»Er ist heute Morgen ziemlich schlecht gelaunt«, erklärte Schwester Spence. »Noch schlechter als gewöhnlich.«
»Ich bringe ihn rechtzeitig zur Therapie zurück.« Roarke zog die Terrassentür hinter sich zu und rannte seinem Butler hinterher.
Die Luft war warm und duftend. Er, Roarke, hatte diese Welt erschaffen, diese völlig eigene Welt inmitten einer lauten, dreckigen Stadt.
Die Schönheit dieses Hauses und des Gartens war nicht nur ein Wunsch von ihm gewesen, nein, er hatte sie gebraucht. Mit genügend Schönheit konnte er vielleicht die Hässlichkeit verdecken, die über dem Gestern lag.
Deshalb gab es Blumen, Teiche, Bäume, Pfade, so weit das Auge reichte.
Hier hatte er Eve geheiratet, in diesem selbst kreierten Paradies. Und in seinem Herzen war endlich Frieden eingekehrt.
Für ein paar Minuten ließ er Summerset ein Stück vor sich herfahren. Sicher ging es seinem Majordomus nicht nur darum, die Kontrolle zu behalten, sondern ebenso darum, dass die Entfernung zwischen ihm und Schwester Spence so groß wie möglich war.
Dann aber trat er entschlossen hinter das Gefährt, hielt es an, zog die Bremse, lief darum herum und nahm in Augenhöhe mit Summerset auf einer weißen Steinbank Platz.
»Ich weiß, dass Sie wütend auf mich sind«, begann er mit ruhiger Stimme.
»Sie haben mir dieses Wesen auf den Hals gehetzt. Haben mich mit ihr zusammen in meiner Wohnung eingesperrt.«
Roarke schüttelte den Kopf. »Unsinn. Aber meinetwegen seien Sie so wütend, wie Sie wollen. Solange Ihr Bein nicht vollständig geheilt ist, werden Sie die beste Pflegerin bekommen, die für Geld erhältlich ist. Und die ist nun einmal sie. Dafür werde ich mich
nicht entschuldigen. Aber für die Dinge, die ich gestern Abend gesagt habe, und dafür, wie ich mich benommen habe, bitte ich Sie um Verzeihung. Es tut mir wirklich leid.«
»Hast du etwa gedacht, du könntest es mir nicht erzählen?« Summerset wandte sich ab und starrte auf eine leuchtend blaue Hortensie. »Ich kenne deine schlimmsten und auch deine besten Seiten sowie alles, was dazwischenliegt.«
Jetzt wandte er sich seinem einstmaligen Schützling wieder zu und sah ihm forschend ins Gesicht. »Wenigstens ist nicht zu übersehen, dass sie sich um dich gekümmert hat. Du siehst deutlich erholter als noch gestern Abend aus.«
In Roarkes Augen trat ein überraschtes Blitzen, ehe er sie argwöhnisch zusammenkniff. »Eve hat... sie hat mit Ihnen über das gesprochen, was ich herausgefunden habe?«
»Selbst wenn wir nur selten einer Meinung sind und wir jede Menge Schwierigkeiten miteinander haben, haben wir doch eins gemeinsam - das bist du. Und du hast uns beiden grundlos einen Riesenschrecken eingejagt.«
»Das habe ich vermutlich tatsächlich.« Roarke stand auf, ging ein paar Schritte den schmalen Pfad hinunter und machte schließlich wieder kehrt. »Ich komme einfach nicht damit zurecht.
Weitere Kostenlose Bücher