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Der Hauch Des Bösen: Roman

Titel: Der Hauch Des Bösen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb , Uta Hege
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zurückgelassen.«
    Dann wusste sie also bereits Bescheid. Dann wusste sie, dass ihre Schwester nicht mehr lebte. »Inzwischen weiß ich das. Er hat sie getötet. Ich weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll. Ich weiß nicht, was Sie von mir hören wollen.«
    Vorsichtig stellte sie ihre Tasse ab. »Erzähl mir die Geschichte so, wie du sie kennst. Das ist es, was ich von dir hören will.«
    Also erzählte er ihr alles, während sie ihm schweigend gegenübersaß und ihn beobachtete. Als er geendet
hatte, stand sie auf, füllte frisches Wasser in den Kessel und stellte ihn auf den großen Herd.
    »Ich habe es die ganze Zeit gewusst. Natürlich konnten wir es nie beweisen. Die Polizei hat uns nicht geholfen, sie hat die Sache offenbar nicht interessiert. Für sie war Siobahn nur eins von vielen jungen Mädchen, die Jahr für Jahr verschwinden, ohne dass man jemals wieder was von ihnen hört.«
    »Er hatte damals ein paar Polizisten in der Tasche. Und mehr als einen oder zwei hat er für die Vertuschung dieser Sache nicht gebraucht. Sie hätten es also niemals beweisen können, aber Sie haben sich auf jeden Fall darum bemüht.«
    Sie atmete tief ein und wandte sich ihm wieder zu. »Anfangs haben wir versucht, zumindest dich zu finden. Sie hätte das gewollt. Aber mein Bruder Ned wäre dabei fast gestorben. Sie haben ihn halb totgeschlagen und dann in einer Gasse liegen lassen. Er hatte damals bereits eine Frau und ebenfalls ein Baby, und so sehr es uns geschmerzt hat, die Suche nach dir aufgeben zu müssen, haben wir ihm gesagt, dass er nach Hause kommen soll. Es tut mir leid.«
    Er sah sie reglos an und erklärte langsam: »Mein Vater hat sie umgebracht.«
    »Ja.« Tränen glitzerten in ihren Augen. »Und ich hoffe, dass dieser mörderische Hurensohn dafür ewig in der Hölle schmoren wird. Ich werde Gott nicht darum bitten, mir diese Worte oder diese Hoffnung zu verzeihen.« Sie faltete das rot-weiße Geschirrtuch sorgfältig zusammen und nahm, während das Teewasser anfing zu kochen, nochmals ihm gegenüber Platz.

    »Als ich hörte, was mit Siobahn passiert war, hatte ich das Gefühl, dass Sie... dass ihre Familie es verdient hat, dass es ihnen jemand sagt. Und dass es nur recht ist, wenn ich selber dieser Jemand bin, wenn ich zu Ihnen komme und Ihnen in die Augen sehe, wenn Sie es erfahren. Mir ist bewusst, dass es für Sie möglicherweise alles nur noch schwerer macht, dass ich plötzlich hier erscheine, aber etwas Besseres fiel mir einfach nicht ein.«
    Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Und du bist dafür extra aus Amerika gekommen?«
    »Ja.«
    »Wir haben bereits viel von dir und deinen Unternehmungen gehört, junger Roarke. Und ich dachte, wie der Vater, so der Sohn. Ich dachte, du wärst nicht nur ein raffinierter, sondern auch ein gefährlicher und herzloser Mensch. Zwar denke ich immer noch, dass du vielleicht gefährlich bist, aber du bist ganz bestimmt nicht herzlos, sonst würdest du nicht hier in meiner Küche sitzen und darauf warten, dass ich dir einer Sache wegen Vorhaltungen mache, für die du nicht das Geringste kannst.«
    »Ich habe nie nach ihr gesucht, habe nie an sie gedacht. Ich habe nichts getan, um das Unrecht zu rächen, das ihr widerfahren ist.«
    »Und was tust du jetzt? Auch wenn du deinen Tee nicht trinkst, sitzt du jetzt zumindest bei mir.«
    »Ich weiß nicht. Meine Güte, ich habe keine Ahnung, was ich machen soll. Weil es einfach nichts gibt, was ich jetzt noch tun kann.«
    »Sie hat dich geliebt. Wir haben nicht sehr oft von ihr gehört. Ich denke, er hat es ihr nicht erlaubt, und
sie hat es nur gelegentlich geschafft, heimlich bei uns anzurufen oder uns zu schreiben. Aber sie hat dich von ganzem Herzen geliebt. Deshalb ist es richtig, dass du um sie trauerst, aber für das, was er ihr angetan hat, kannst du nichts und sollst du nicht bezahlen.«
    Sie stand auf, als der Wasserkessel pfiff. »Sie war meine Zwillingsschwester.«
    »Ich weiß.«
    »Also bin ich deine Tante. Außerdem hast du noch zwei Onkel, Großeltern und jede Menge Cousins und Cousinen, falls dich das interessiert.«
    »Ich... es fällt mir schwer, das alles zu begreifen.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Ja, ich kann mir vorstellen, dass das nicht leicht ist. Du hast ihre Augen«, erklärte sie ihm ruhig.
    Er schüttelte verwirrt den Kopf. »Ihre Augen waren grün. Genau wie die Ihren. Ich habe ein Foto von ihr gesehen.«
    »Ich meine nicht die Farbe, sondern die Form.« Sie wandte sich ihm wieder zu. »Du

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