Der Hauch Des Bösen: Roman
stehen, wenn ihr mit Essen fertig seid.«
»Ich glaube, ich finde sie nett«, erklärte Eve, als sie alleine waren, und piekste dann ein Würstchen mit ihrer Gabel auf. »Stammt das etwa von einem echten Schwein?«
»Ich gehe davon aus. Eve, ich würde es gern bedauern,
dass du es erforderlich gefunden hast, mir hierherzufolgen, obwohl deine Arbeit noch nicht abgeschlossen ist. Aber ich bin einfach unglaublich froh, dass du gekommen bist. Seit ich von meiner Mutter erfahren habe, bin ich völlig aus dem Gleichgewicht. Ich bin diese Sache völlig falsch angegangen. Habe von Anfang an alles verkehrt gemacht.«
»Das glaube ich auch.« Eve nahm einen Bissen von dem Würstchen und nickte anerkennend mit dem Kopf. »Schön zu wissen, dass du wie wir anderen normal sterblichen Menschen auch mal Fehler machst.«
»Ich konnte mein Gleichgewicht nicht finden«, wiederholte er. »Bis ich heute Morgen dort draußen im Nebel stand und plötzlich du erschienst. Es ist anscheinend völlig simpel. Wenn du in meiner Nähe bist, ist mein Leben so, wie es sein sollte, egal, was drum herum passiert. Du kennst meine schlimmsten Seiten, aber trotzdem bist du hier. Ich habe den Eindruck, dass das, was ich hier habe - auch wenn ich es noch nicht völlig verstehe, auch wenn ich es noch nicht völlig begriffen habe -, vielleicht meine beste Seite ist. Und ich möchte, dass du Teil von dieser Seite bist.«
»Du warst mit mir in Dallas. Du hast mir dort beigestanden, obwohl der Nachmittag für dich bestimmt genauso schlimm war wie für mich. Und du hast deine Arbeit und deine Termine bereits unzählige Male sausen lassen, nur um mir zu helfen - selbst wenn das gar nicht mein dringender Wunsch gewesen ist.«
Jetzt grinste er breit. »Vor allem wenn es nicht dein Wunsch gewesen ist.«
»Du bist Teil meines Lebens, selbst wenn ich mich dagegen manchmal wehre. Andersherum gilt genau
das Gleiche. In guten wie in schlechten Zeiten und in all den Phasen, die dazwischen liegen, liebe ich dich von ganzem Herzen.« Sie schob sich etwas Rührei in den Mund. »Klar?«
»Klarer geht’s nicht.«
»Gut.« Genau wie die Eier, stellte sie genüsslich fest. »Und jetzt erzähl mir was von diesen Leuten.«
»Als Erstes musst du wissen, dass es zahlreiche Leute sind. Sinead ist die Zwillingsschwester meiner Mutter. Dann ist da ihr Mann Robbie; er bewirtschaftet den Hof zusammen mit Sineads Bruder Ned. Sinead und Robbie haben drei erwachsene Kinder, die ihrerseits inzwischen fünf eigene Kinder haben, und zwei weitere sind unterwegs.«
»Großer Gott.«
»Ich habe noch gar nicht richtig angefangen«, erklärte er lachend. »Ned ist verheiratet mit Mary Katherine - oder vielleicht mit Ailish? Das weiß ich nicht mehr so genau. Auch wenn ich mir Namen für gewöhnlich recht gut merken kann, werde ich von all den Namen und Gesichtern hier regelrecht erschlagen. Die beiden haben vier Kinder, die wiederum fünf - nein, ich glaube, sogar sechs - eigene Kinder haben. Dann ist da noch Sineads jüngerer Bruder Fergus, der in Ennis lebt und im Restaurant der Familie seiner Frau tätig ist. Ich glaube, sie heißt Meghan, aber sicher bin ich mir nicht.«
»Egal.« Eve winkte mit ihrer Gabel ab.
»Aber es gibt noch etliche mehr.« Er feixte und schaufelte zum ersten Mal seit Tagen behaglich das Essen in sich hinein. »Zum Beispiel meine Großeltern. Stell dir vor, Großeltern zu haben.«
»Kann ich nicht«, erklärte sie nach kurzer Überlegung.
»Ich auch nicht, obwohl ich sie offenbar wirklich habe. Sie sind seit beinahe sechzig Jahren verheiratet und echt wunderbar. Sie leben inzwischen in einem kleinen Cottage ein Stück westlich von hier. Sie wollten das große Haus hier nicht mehr haben, nachdem ihre Kinder erwachsen und ebenfalls verheiratet waren, weshalb inzwischen Sinead mit ihrer Familie hier eingezogen ist.«
Als er eine Pause machte, wartete sie schweigend.
»Sie wollen nichts von mir.« Immer noch verwundert brach er eine Scheibe geröstetes Vollkornbrot in der Mitte durch. »Nichts von alledem, von dem ich dachte, dass sie es vielleicht wollen. Kein >Tja nun, wir könnten etwas Kohle brauchen. Du hast jede Menge, und schließlich sind wir deine Familie, da hilfst du uns doch sicher gerne aus<. Kein >Für all die Jahre, in denen wir nicht wussten, was aus dir und deiner Mum geworden ist, bist du uns etwas schuldig<. Nicht mal ein >Was zum Teufel bildest du dir ein, einfach hier aufzutauchen, du Sohn eines mörderischen Bastards<. All diese
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