Der Hauch Des Bösen: Roman
verlegen, als sie mit Sinead alleine war. »Es bedeutet ihm sehr viel, dass er so freundlich von Ihnen aufgenommen worden ist.«
»Uns bedeutet es sehr viel, dass er, wenn auch nur kurz, hier gewesen ist. Es war bestimmt schwer für ihn, sich den Tatsachen derart zu stellen.«
»Roarke geht niemals Schwierigkeiten aus dem Weg.«
»Und du genauso wenig, denke ich.« Sie wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und hängte es auf. »Ich habe ihn vom Fenster aus beobachtet und Bilder von ihm gesammelt, könnte man so sagen. Bilder,
die ich mit meiner Schwester teilen kann, wenn ich mit ihr spreche. Ich spreche in Gedanken oft mit Siobahn«, erklärte sie auf Eves verständnislosen Blick hin. »Und manchmal sogar laut, wenn niemand in der Nähe ist. Also habe ich Bilder von ihrem Sohn gesammelt, und eines war dabei, das ich nie vergessen werde. Wie sich sein Gesicht, seine Haltung, alles an ihm verändert hat, als er entdeckt hat, dass du es bist. Es war eins der schönsten Bilder, die ich je gesehen habe. Es ist schön, dieses Bild in meinem Kopf zu haben, denn auch als erwachsener Mann ist er das Kind meiner Schwester. Deshalb freue ich mich über alles, was ihm guttut. Und du scheinst ihm eindeutig gutzutun.«
»Wir scheinen einander gutzutun, auch wenn ich beim besten Willen nicht sagen kann, warum.«
Nun sah Sinead Eve mit einem breiten Lächeln an. »Manchmal ist es besser, wenn man nicht alle Gründe für irgendetwas kennt. Ich bin froh, dass du ihm gefolgt bist, denn so hatte ich die Chance, dich und damit euch beide zusammen zu erleben. Ich hoffe, dass ich noch öfter die Gelegenheit bekommen werde, ihn zu sehen. Und du spielst dabei eine große Rolle, denn du kannst ihn dabei unterstützen - oder ihn daran hindern, dass er noch mal hierherkommt.«
»Niemand kann Roarke an irgendetwas hindern.«
»Niemand«, stimmte Sinead ihr mit einem Nicken zu. »Außer dir.«
»Ich würde ihn niemals daran hindern, irgendwas zu tun, was er tun muss. Und er musste nicht nur dieses Mal zu Ihnen kommen, sondern er wird etliche Male wiederkommen müssen. Das weiß ich genau.
Vielleicht haben Sie, als er uns beide vorgestellt hat, nicht richtig hingesehen. Der Blick, mit dem er Sie dabei bedacht hat, hat gezeigt, dass er Sie bereits liebt.«
»Oh.« Ehe Sinead es verhindern konnte, stiegen ihr Tränen in die Augen, doch als sie Roarke näher kommen hörte, wischte sie sie hastig fort. »Ich mache euch noch was zu essen für die Reise.«
»Mach dir keine Mühe.« Roarke strich ihr über die Schulter. »Die Bordküche des Shuttles ist gut bestückt. Der Wagen, in dem ich hergefahren bin, wird von dem Autoverleiher abgeholt.«
»Das wird Liam ziemlich traurig machen, denn einen derart tollen Schlitten hat er nie zuvor gesehen. Ich habe noch etwas für dich.« Sie griff in ihre Tasche und legte, als sie sich ihm zuwandte, die Finger vorsichtig um den darin versteckten Schatz. »Siobahn hat nicht alle ihre Sachen mitgenommen, als sie nach Dublin ging. Sie wollte noch mal zurückkehren und sie holen oder sie sich schicken lassen. Na ja, den traurigen Rest kennen wir jetzt alle.«
Siezogeine dünne Kette mit einem viereckigen Silberanhänger hervor. »Ist nur ein bescheidenes Schmuckstück, aber sie hat es oft getragen. Ihr Name ist in keltischen Schriftzeichen darin eingraviert. Ich weiß, sie würde wollen, dass du die Kette bekommst.«
Sie legte Roarke die Kette in die Hand und drückte seine Finger darum zusammen. »Dann wünsche ich euch eine gute Reise, und... äh, verdammt.«
Jetzt kullerten ihr die Tränen über das Gesicht, während sie die Arme um ihn schlang. »Komm zurück, ja? Komm möglichst bald zurück, und bleib bis dahin gesund.«
»Das werde ich.« Er schloss die Augen, atmete den Duft von wilden Rosen und Vanille ein, murmelte etwas auf Gälisch und presste seine Lippen auf ihr Haar.
Sie lachte unter Tränen auf, trat einen Schritt zurück und fuhr sich über das Gesicht. »So viel Gälisch kann ich nicht.«
»Danke. Du hast mir das Herz meiner Mutter gezeigt. Ich werde weder sie noch dich jemals vergessen.«
»Das will ich stark hoffen. Tja, und jetzt verschwindet, bevor ich wieder anfange zu heulen. Leb wohl, Eve, pass auf dich auf.«
»Es war mir eine Freude, Sie kennen zu lernen.« Sie nahm Sineads Hand. »Eine wahre Freude. Und im Übrigen: Der Shuttle fliegt in beide Richtungen. Eventuell haben Sie ja Lust und besuchen uns irgendwann in New York.«
Als sie über das Feld zu dem
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