Der Hauch Des Bösen: Roman
Ahnung, welches Mädchen diese Worte heulte, doch je länger beide schnieften, desto dramatischere Ausmaße nahm ihre Trauer an. Allmählich hatte Eve den Eindruck, dass das Pärchen diesen Auftritt regelrecht genoss.
»Ich weiß, dass es nicht leicht ist, aber ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen.«
»Ich kann nicht. Ich kann jetzt einfach nicht! «
Eve presste zwei Finger gegen ihre Nasenwurzel, um den Druck ein wenig zu verringern, der sich hinter ihrer Stirn zusammenzog. »Peabody, prüfen Sie doch mal, ob es in dem Kühlschrank irgendwas zu trinken gibt.«
Gehorsam hockte Peabody sich vor die kleine Kühlbox, fand dort ein paar Dosen Diet Coke und zog zwei daraus hervor. »Hier. Trinken Sie beide erst mal einen Schluck, und dann atmen Sie tief durch. Wenn Sie Rachel helfen wollen, müssen Sie mit dem Lieutenant reden. Rachel würde für Sie genau dasselbe tun, nicht wahr?«
»Natürlich.« Der kleinen Blonden stand das Weinen nicht besonders gut. Sie hatte ein verquollenes Gesicht, ihre Nase lief, und sie schlürfte, als sie trank. »Rach hätte einfach alles für ihre Freundinnen getan.«
Die braunhaarige Randa war so geistesgegenwärtig und drückte ihrer Freundin ein paar Taschentücher in die Hand. »Wir wollten, dass sie nächstes Semester mit uns zusammenzieht. Sie hat dafür gespart. Sie wollte, Sie wissen schon, wollte endlich eine richtige Studentin mit einer eigenen Bude sein. Und so schwer ist das nicht, wenn jede nur ein Drittel zahlt.«
»Aber jetzt kommt sie nie wieder zurück.« Die Blonde vergrub das Gesicht in einem Taschentuch.
»Okay, Charlene, nicht wahr?«
Das Mädchen hob den Kopf. »Charlie. Alle nennen mich Charlie.«
»Charlie, Sie müssen sich zusammenreißen und uns helfen. Wann haben Sie Rachel zum letzten Mal gesehen?«
»Vor ihrem Bildbearbeitungskurs gestern Abend haben wir noch zusammen drüben in der Cafeteria gegessen. Ich hatte sie dorthin eingeladen, denn ich habe dort ein Abo, und so viel, wie man dort pro Mahlzeit kriegt, schafft ein Mensch alleine nicht.«
»Wie viel Uhr ist das gewesen?«
»Gegen sechs. Ich hatte um acht ein Date mit meinem Freund. Also haben Rach und ich zusammen gegessen, und dann ging sie in ihren Kurs. Ich bin hierher zurückgekommen, um mich umzuziehen. Und jetzt werde ich sie nie mehr wiedersehen.«
»Peabody.« Eve nickte in Richtung Tür.
»Okay, Charlie.« Peabody tätschelte der jungen Frau den Arm. »Warum machen wir nicht einen kurzen Spaziergang? An der frischen Luft wird es Ihnen sicher besser gehen.«
»Mir wird es nie mehr besser gehen. Nie, nie wieder.«
Trotzdem folgte sie der Polizistin aus dem Raum.
Nachdem die Tür hinter den beiden ins Schloss gefallen war, schnäuzte Randa sich. »Sie kann nichts dafür. Die beiden waren wirklich sehr dicke. Außerdem hat Charlie gerade einen Schauspielkurs belegt.«
»War das eben eine Probe für ihr Studium oder ist sie tatsächlich so?«
Wie Eve gehofft hatte, fing Randa, wenn auch zitternd, an zu lächeln. »Beides. Aber ich glaube genauso wenig, dass ich Rachels Tod je verwinden kann. Ich habe das Gefühl, als könnte ich nie wieder an etwas anderes denken.«
»Das werden Sie. Sie werden diese Sache nie vergessen, aber Sie werden sie überstehen. Ich weiß, Sie und
Charlie und jede Menge anderer Leute, mit denen ich gesprochen habe, haben Rachel wirklich gern gehabt.«
»Man musste sie mögen.« Randa schniefte leise. »Sie war ein Mensch, mit dem man unheimlich gern zusammen war. Sie verstehen?«
»Ja. Manchmal sind Menschen eifersüchtig auf andere, die so sind. Oder sie mögen diese nette Art schlichtweg nicht. Fällt Ihnen vielleicht irgendjemand ein, der Rachel nicht gemocht hat?«
»O nein, ganz sicher nicht. Ich meine, sie hat nicht hier gewohnt, aber trotzdem hat sie hier jede Menge Freunde und Freundinnen gehabt. Sie war klug, echt klug, dabei aber überhaupt nicht hochnäsig.«
»Gab es eventuell jemanden, der sich mehr von ihr erhofft hat?«
»Sie meinen, einen Typen?« Jetzt atmete Randa durch, und der Tränenstrom versiegte. Endlich hatte ihr Gehirn etwas anderes zu tun. »Sie ist mit verschiedenen Jungen ausgegangen. Aber mit ihnen ins Bett gegangen ist sie nicht. Darin war sie eisern. Sie wollte damit warten, bis sie sich total sicher war. Falls einer von den Typen sie bedrängt hat, hat sie Scherze darüber gemacht, bis er mit einer bloßen Freundschaft einverstanden war. Wenn das nicht geklappt hat, hat sie ihn vollends abserviert.«
»Hat sie
Weitere Kostenlose Bücher