Der Hauch Des Bösen: Roman
passiert.«
»Streichen Sie ihn noch nicht von unserer Liste«, wies Eve Peabody auf dem Weg zurück zum Wagen an. »Er hätte ein Motiv und die Gelegenheit gehabt. Wir werden uns also noch ein bisschen gründlicher mit ihm beschäftigen und prüfen, ob uns dabei irgendwas ins Auge springt.«
»Er schien wirklich fertig zu sein.«
»Wegen eines Mädchens, das ihn ausgelacht hat, statt ihm zu Füßen zu liegen und ihn anzuflehen, dass er ihr seinen hübschen Penis zeigt. Wegen eines Mädchens, das allen seinen Freundinnen erzählt hat, dass es ihn hat abblitzen lassen.«
Sie schob sich hinter das Steuer. »Er hat ein Ego so groß wie der Saturn, und als Model hat er möglicherweise Kenntnisse im Bereich der Fotografie und kann sich vor allem das Equipment problemlos leihen. Er wusste, wo sie gewohnt und gearbeitet hat, kannte sich mit ihren Gewohnheiten aus. Sie hat ihm vertraut und dachte, sie käme ohne Probleme mit ihm klar. Also sehen wir uns diesen Typen sehr gründlich an.«
Sie fuhren zurück auf das Revier, wo Eve auf ihrem Schreibtisch den toxikologischen Befund von Rachel Howard vorfand. Zumindest hatte sie nicht mitbekommen, was mit ihr geschehen war, ging es Eve bei der Lektüre durch den Kopf. Nicht mit dieser Menge von Opiaten, die in ihrem Blut gefunden worden waren.
Er hat sie also betäubt, überlegte sie und lehnte sich auf ihrem Schreibtischstuhl zurück. Vor dem Transport oder währenddessen? So oder so, er hatte ein Fahrzeug gehabt. Oder sie irgendwo hingelockt. In ein Studio oder ein Apartment. An einen privaten Ort. Und hatte ihr spätestens dort die Drogen eingeflößt.
Wenn Letzteres der Fall gewesen war, hatte sie ihn gekannt. Sie war zu intelligent gewesen, um mit einem Fremden mitzugehen.
Sie war die Erste gewesen, hatte er gesagt. Aber er hatte alles sorgfältig geplant. Alles genau vorbereitet. Sein Opfer ausgewählt, beobachtet, fotografiert. Jugend und Vitalität. Das beides hatte ihn an diesem
Mädchen interessiert. Und dazu ihre Unschuld, dachte Eve.
Sie war Punkt neun aus dem Übungssaal gekommen. Hatte er sie dort bereits erwartet? Hatte sie ihn entdeckt und ihn mit einem Lächeln angesehen? Hatte er ihr vielleicht angeboten, sie nach Hause zu begleiten, aber sie hatte abgelehnt? Ich will noch mit ein paar Freundinnen lernen, aber trotzdem vielen Dank. Das hatten ein paar ihrer Kameradinnen bestätigt. Sie hatte ihnen gesagt, sie würde auf dem Campus bleiben, um mit ihren Freundinnen zu lernen.
Niemand hätte ihn allerdings sehen dürfen. Wie also hatte er sie gelockt?
Wahrscheinlich hatte er das Treffen inszeniert. Er war gut im Inszenieren. Vielleicht war er zu Fuß gekommen. So fiel er am wenigsten auf. Aber er musste sie dazu bewegen, einen Umweg mit ihm zu machen, dorthin, wo sein Fahrzeug stand. Die Benutzung eines öffentlichen Transportmittels wäre viel zu riskant gewesen.
Er will, dass ihr Gesicht - sein Bild von dem Gesicht - in den Medien erscheint. Deshalb ist es möglich, dass man sie im Anschluss an den Mord erkennt. Und dass man ihn beschreiben kann, falls er sich mit ihr zusammen zeigt. Also hat er keine U-Bahn, keinen Bus und auch kein Taxi, sondern ein Privatfahrzeug benutzt.
Aber weshalb war sie mitgegangen?
In der Hoffnung, dass ein paar der Fakten eine Theorie ergeben würden, begann sie mit dem Verfassen ihres vorläufigen Berichts. Kaum aber hatte sie den ersten Satz verfasst, klingelte bereits wieder ihr Link.
»Dallas.« Als sie die Krümel in den Mundwinkeln von Captain Feeney sah, fragte sie erbost: »Habt ihr da oben etwa Kuchen?«
»Nein.« Er fuhr sich rasch mit dem Handrücken über den Mund. »Nicht mehr.«
»Wie kommt es, dass es bei euch elektronischen Ermittlern immer irgendwelche Köstlichkeiten gibt? Wir hier brauchen den Zuckerersatz genauso dringend wie ihr.«
»Was soll ich sagen, außer dass wir eben die Elite sind? Wir sind mit Nadines Link fertig.«
»Und?«
»Nichts, was uns weiterhelfen wird. Er hat die Bilder und den Text von einem öffentlichen Computer in einem dieser Internetlokale abgeschickt. Sie hat die Bilder heute Morgen kurz nach sechs bekommen, aber er hat sie schon vier Stunden früher eingegeben und zeitverzögert übertragen. Direkt an sie - ohne irgendeinen Umweg. Entweder weil er nicht weiß, wie so was geht, oder weil es ihm egal ist. In derartigen Lokalen ist nachts um diese Zeit immer der Teufel los. Niemand wird sich daran erinnern, wenn ein Typ vorbeikommt, etwas trinkt und eins der Links
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