Der Hauch Des Bösen: Roman
jemals über einen jungen Mann gesprochen, der Diego heißt und gut tanzen können soll?«
»Oh, der.« Randa rümpfte die Nase. »Ein Bild von einem Mann, der Latinotraumtyp, hat sich in der Disko an sie rangemacht. Sie war einmal mit ihm essen, in einem mexikanischen Restaurant, von dem er behauptet
hat, dass es ihm gehört. Er hat versucht, sie rumzukriegen, und war nicht gerade begeistert, als sie ihn abblitzen lassen hat. Kam sogar einmal auf den Campus und wurde ziemlich sauer, denn sie hat ihn einfach ausgelacht. Ist aber schon ein paar Monate her.«
»Wissen Sie, wie dieser Diego weiter heißt?«
»Nein. Hmm, er war ziemlich klein, hatte viel zu viele Haare auf der Brust und einen kleinen Ziegenbart. Hatte immer Cowboystiefel an. Aber er konnte echt gut tanzen.«
»Hat sonst noch irgendwer versucht, sie herumzukriegen?«
»Tja, außer diesem Diego war da noch Hoop. Jackson Hooper. Er ist Assistent in der Abteilung für englische Literatur. Ebenfalls ein Prachtkerl, nur aus der weißen Mittelschicht. Schießt die Mädels wie Billlardkugeln ab, nur Rachel hat nicht mitgespielt, obwohl er nicht lockergelassen hat. Hat sie überallhin verfolgt. Nicht belästigt«, korrigierte Randa sich. »War nur möglichst häufig dort, wo sie sich aufgehalten hat, und hat dann den tollen Hecht markiert. Wir alle dachten, dass es daran lag, dass sie das erste Mädchen war, das ihm in seinem ganzen Leben einen Korb gegeben hat.«
»Ist er ihr nur auf dem Campus nachgelaufen oder auch anderswo?«
»Sie hat erzählt, dass er ein paarmal in dem Laden war, in dem sie jobbt. Hat dort herumgehangen und versucht, sie zu bezirzen. Was ihr ziemlich gefallen hat.«
»Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen, Randa?«
»Ich habe es nicht, wie ursprünglich vorgenommen, in die Cafeteria geschafft, weil ich noch lernen musste. Sie hatte erwähnt, dass sie nach dem Unterricht hier übernachten wollte. Das hat sie ab und zu gemacht, wenn sie abends noch hier gewesen ist. Eigentlich ist so was nicht erlaubt, aber es hat niemanden gestört. Alle haben sich immer gefreut, wenn sie bei uns war. Als sie nicht auftauchte, gingen wir davon aus, dass sie doch heimgefahren ist. Im Grunde habe ich gar nicht darüber nachgedacht.«
Zwei frische Tränen kullerten ihr übers Gesicht. »Ich habe gar nicht mehr an sie gedacht. Charlie war mit diesem Typen aus, und ich hatte das Zimmer ganz für mich allein. Alles, was ich dachte, war, dass ich endlich mal in Ruhe lernen kann. Und während ich das dachte, hat jemand Rachel umgebracht.«
Sie spürten Jackson Hooper in einem anderen Wohnheim auf. Als er die Tür öffnete, war ihm deutlich anzusehen, dass sich die Nachricht bereits bis zu ihm herumgesprochen hatte. Er war blass, und seine Lippen zitterten, bevor er die Zähne zusammenbiss.
»Sie sind die Polizistinnen.«
»Jackson Hooper? Wir würden gern hereinkommen und kurz mit Ihnen sprechen.«
»Ja.« Er fuhr sich mit der Hand durch das wirre, von der Sonne ausgebleichte Haar und trat einen Schritt zurück.
Er war groß und gut gebaut. Er hatte die Figur, die man durch regelmäßige Besuche eines Fitnessstudios oder durch teure Körperformungsbehandlungen bekam. Da er sich als Assistent sein Geld verdiente und
ein noch kleineres Zimmer hatte als das, aus dem sie gerade kamen, hatte er sich seine Muskeln sicher nicht gekauft.
Er war also kräftig, diszipliniert und motiviert.
Er hatte ein fein gemeißeltes Gesicht und sah mit seiner reinen Haut, seinen blauen Augen und dem festen Kinn wie der amerikanische Traummann aus. Kein Wunder, dass die Mädchen ihm nicht widerstehen konnten, dachte Eve.
Er plumpste auf seinen klapperigen Schreibtischstuhl und wies zu seinem Bett. »Ich habe es vor ein paar Minuten erst gehört. Ich kam gerade aus einer Übung, als es mir jemand erzählt hat. Deshalb konnte ich jetzt nicht zu meiner nächsten Vorlesung gehen.«
»Sie sind ein paarmal mit Rachel ausgegangen.«
»Ja.« Er fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht, als wäre er soeben aus einem langen, tiefen Schlaf erwacht. »Jemand hat es Ihnen also bereits erzählt. Irgendjemand redet immer. Ich wollte weiter mit ihr ausgehen und, ja, ich wollte auch mit ihr ins Bett. Aber davon wollte sie nichts wissen.«
»Das muss Sie geärgert haben«, meinte Eve und trat vor die gerahmten Fotos an der Wand. Sie zeigten alle ihn, in den verschiedensten Posen. Er schien ein reichlich eitler Zeitgenosse zu sein.
»Allerdings. Ich habe kein Problem damit,
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