Der Hauch Des Bösen: Roman
sein nicht registrierter Computer stand. Wahrscheinlich war das alles nur eine Masche, mit der man ihm Bargeld aus der Tasche locken oder ihn von bestimmten Geschäftsverhandlungen ablenken wollte, überlegte er.
Aber weshalb hatte man dafür etwas verwendet, das so tief in seiner Vergangenheit vergraben war? Weshalb, um Gottes willen, versuchte man, ihn mit einer Geschichte zu verwirren, die er garantiert in kurzer
Zeit als Lüge enttarnen könnte? Die er als Lüge enttarnen würde, verflucht noch mal.
Das alles war totaler Schwachsinn. Vollkommener Blödsinn.
Doch ganz sicher war er sich leider nicht.
Da es ihn etwas zu sehr nach einem Drink verlangte, bestellte er sich einen extra starken, schwarzen Kaffee, bevor er an die schlanke, schwarze Konsole trat.
Dieser von ihm selbst entworfene Raum erfüllte einen ganz bestimmten Zweck: Hier ließ sich das stets wachsame Auge der Computerüberwachung mühelos hintergehen. Und einige der Dinge, die er auch als der ehrliche Geschäftsmann, der er inzwischen war, tun wollte oder musste, gingen keinen Menschen etwas an.
Hier in diesem Zimmer mit den nicht einsehbaren Fenstern und der mehrfach gesicherten Tür konnte er beliebig Mails verschicken und empfangen, Nachforschungen anstellen und alles andere tun, was seine Zeit und seine Fähigkeiten ihm erlaubten, ohne dass die Computerüberwachung etwas davon mitbekam.
Bis vor nicht allzu langer Zeit hatte er diese Geräte zwischendurch für nicht ganz legale Vorhaben genutzt - sowohl zum Vergnügen als auch um Gewinne zu erzielen. Oder eventuell einfach aus Gewohnheit, grinste er still in sich hinein.
Früher hatte er sich als Dieb und als Betrüger durchgeschlagen, und alte Gewohnheiten starben halt nur sehr langsam. Vor allem, da er äußerst talentiert gewesen war.
Derart talentiert, dass er bereits seit vielen Jahren bestens davon leben konnte, ohne dass er andere bestahl.
Und so hatte er seine kriminellen Machenschaften eine nach der anderen eingestellt und sich mit zunehmendem Reichtum eine immer glattere Fassade zugelegt.
Er war ehrenwert geworden, ging es ihm, als er sich in dem Zimmer umsah, durch den Kopf. Zumindest hatte er damit begonnen.
Denn er war noch dazu Eve begegnet. Seiner Polizistin. Was hätte er in seiner Liebe zu ihr anderes machen sollen, als auch noch die letzten alten Schichten abzustreifen, dachte er.
Sie hatte ihn zu dem Menschen gemacht, der er inzwischen war. Doch trotz allem, was sie füreinander waren, kam nicht einmal sie an den Rest des alten Roarke heran, der tief in seinem Inneren verborgen war.
Und nun war jemand aufgetaucht, irgendeine Fremde, die ihn glauben machen wollte, dass alles, was er bisher getan hatte, alles, was er bisher gewesen war und was er hatte erreichen wollen, auf einer Lüge gründete. Einer Lüge und einem brutalen Mord.
Er trat vor einen Spiegel und sah dort nicht nur sein Gesicht, sondern auch das seines Vaters. Er dachte nicht oft darüber nach, wie ähnlich er ihm sah. Und deshalb hatte es ihn wohl in seinen Grundfesten so erschüttert, als er mit einem Mal derart gnadenlos daran erinnert worden war.
Also würde er der Sache nachgehen. Brächte sie hinter sich. Zöge endgültig einen Schlussstrich unter die Vergangenheit.
Er nahm hinter der schimmernden, u-förmigen Konsole Platz, legte seine Hand zum Einlesen des Handabdrucks
auf den integrierten Scanner und starrte auf den Monitor.
»Roarke«, wies er sich zusätzlich mit seiner Stimme aus. »Computer an.«
Diverse Lichter flammten auf, und das Gerät nahm leise summend seine Arbeit auf.
Erst würde er überprüfen, wer Moira O’Bannion war, und es würde nicht lange dauern, bis er sie besser kannte als sie sich selbst.
Die erste Überprüfung war banal. Geburtsdatum und -ort, Eltern und Geschwister, Ehemann und Kinder, ihre bisherige Arbeit stimmten mit dem, was sie behauptet hatte, überein. Das hatte er nicht anders erwartet. Ein erfolgreicher Betrug erforderte gewissenhafte Vorarbeit. Wer wusste das besser als er?
Doch sie musste lügen. Musste einfach lügen, denn wenn sie die Wahrheit sagte...
Schmerz und Panik wogten in ihm auf, aber er starrte weiter auf den Bildschirm und atmete tief durch. Sie musste lügen, dann käme seine Welt wieder ins Lot. Er brauchte nur die erste kleine Lüge zu entlarven, und schon bräche der Rest ihrer fantastischen Geschichte in sich zusammen. Davon war er überzeugt.
Er studierte ihre Krankenakte, ihre Finanzen, die Finanzen der Familie, drang mit
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