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Der Hauch von Skandal (German Edition)

Der Hauch von Skandal (German Edition)

Titel: Der Hauch von Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Cornick
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versagt“, hatte Alex gesagt. „Ich konnte dich nicht beschützen …“
    Sie setzte den Fuß in den Steigbügel und schwang sich in den Sattel. „Machen wir uns auf den Weg.“
    „Was machst du denn hier?“
    Alex hatte gewusst, dass ihm jemand folgen würde. Er hatte mit Dev oder Owen Purchase gerechnet und hätte keinerlei Bedenken gehabt, ihnen mitzuteilen, sie sollten sich zum Teufel scheren.
    Nicht eine Sekunde lang hatte er sich vorgestellt, dass es Joanna sein würde.
    Er beobachtete, wie sie absaß, das Pferd an einem Pfosten vor der Rabenvilla anband und die verrotteten Holzstufen zu ihm hinaufstieg. Mit sichtlichem Missfallen begutachtete sie die baufällige Hütte; eine Wand war vom Treibsand schon fast eingedrückt worden.
    Er kochte vor Zorn. Ihm war klar, es war ungerecht, diesen Zorn an Joanna auszulassen, aber inzwischen machte er sich nichts mehr aus Gerechtigkeit. Alle Erinnerungen, die er so lange unterdrückt hatte, alle Schuldgefühle und alles Entsetzen hatten ihn mit einem Schlag wie eine giftige Flutwelle überspült. Er hatte Amelia geliebt und ihr gegenüber versagt. Gegen alle Vernunft hatte er angefangen, etwas für Joanna zu empfinden – und ihr gegenüber ebenfalls versagt. Die Verbitterung durchschnitt sein Herz wie ein rostiges Messer.
    „Hat es dir nicht gereicht, beinahe von einem Bären getötet worden zu sein?“, fragte er mit grausamer Höflichkeit. „Musstest du dich wirklich schon so bald danach wieder allein nach draußen wagen?“
    Joanna nahm das Gewehr von ihrer Schulter und lehnte es vorsichtig gegen die Wand. „Ich kann schießen“, sagte sie.
    Dem Ausdruck ihrer blauen Augen nach zu urteilen, würde es ihr wahrscheinlich Spaß machen, ihn zu erschießen. Auch gut dachte er. Das würde ihn von dem ganzen Elend erlösen.
    „Ich will dich nicht hier haben“, teilte er ihr unverblümt mit. Schuldgefühle und Schmerz lasteten auf ihm, genau wie in dem Moment, als er sie am Strand zurückgelassen hatte. Zorn auf sie, auf sich selbst, Schmerz, quälende Selbstvorwürfe – ihm war ganz übel von alldem. Er packte sie bei den Schultern und merkte, dass sie zusammenzuckte. „Was machst du hier?“, wiederholte er.
    Sie sah ihn an, und ihre Augen waren genauso violett wie damals in Churchwards Büro. Wie lange schien das her zu sein.
    „Ich wollte zu dir“, erwiderte sie schlicht und hielt seinem Blick furchtlos stand. „Ich dachte, du brauchst mich vielleicht.“
    Er schloss kurz die Augen. Ihre Worte taten ihm weh. „Nein. Ich brauche dich nicht.“
    „O doch.“ Sie sprach vollkommen ruhig.
    Er schüttelte den Kopf. „Mach mir Vorwürfe. Streite mit mir.“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Wir streiten doch immer.“
    „Dieses Mal nicht.“ Sie duckte sich unter seinen Händen weg und setzte sich auf die Stufen.
    Er hatte die wahre Joanna Ware sehen wollen, die Frau, die er flüchtig hinter der Fassade der schillernden Gesellschaftsikone wahrgenommen hatte. Hier war sie. Und plötzlich erkannte er, dass er einen grundlegenden Fehler begangen hatte – es gab keine Fassade. Der Liebling der Londoner Gesellschaft, die Ehrendame und diese Frau hier waren ein und dieselbe Person. Ihr Stilgefühl, ihre Kleidung, die Bälle und Feste waren nur verschiedene Aspekte eines Charakters, der denen, die Joanna etwas bedeuteten, auch Wärme und Großzügigkeit entgegenbringen konnte. Das hatte Alex vorher nicht erkannt, weil er so fest entschlossen gewesen war, sie für flatterhaft und oberflächlich zu halten. Wares Hass auf sie und seine eigene Sturheit hatten ihn geblendet.
    Ich dachte, du brauchst mich vielleicht …
    Sie hatte sich um ihn und seine Gefühle gesorgt und ihren eigenen Stolz und ihren Ärger hintangestellt, um ihm Trost zu bieten. Er fühlte sich beschämt. Er sah Joanna an. Sie starrte konzentriert hinaus auf die Bucht und reckte trotzig das Kinn vor. Blitzartig durchzuckte ihn ein so machtvolles, aufwühlendes Gefühl, dass er zusammenzuckte.
    Seine Frau. Erschrocken begriff er, dass er immer Amelia in dieser Rolle gesehen hatte, nicht Joanna. Obwohl sie schon vor fünf Jahren gestorben war, war sie in seinem Herzen seine Frau geblieben. Es spielte keine Rolle, dass er Joanna geheiratet hatte, dass er mit ihr geschlafen hatte und sie sich als Mutter seines Erben wünschte. Irgendwie hatte er nach wie vor Amelia für seine wahre Ehefrau gehalten.
    Bis jetzt …
    Er setzte sich neben Joanna. Sie warf ihm einen kurzen Seitenblick zu, sagte aber

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