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Der Hauch von Skandal (German Edition)

Der Hauch von Skandal (German Edition)

Titel: Der Hauch von Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Cornick
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genug vertraut, um ihn näher an sich herankommen zu lassen. Alex Grant würde da keine Ausnahme bilden. Er war nichts für sie. Sicherlich hatte David ihn gegen sie aufgehetzt, und was noch entscheidender war: Er war aus demselben Holz geschnitzt wie David, ein Abenteurer, ein Forscher, der sein Zuhause und seine Familie im Stich lassen und immer wieder in die Fremde ziehen würde, ohne Rücksicht auf all das, was für ihn das Kostbarste und Wertvollste hätte sein sollen.
    „Nun?“, beharrte Lottie ungeduldig.
    „Er ist dunkelhaarig.“
    Lottie seufzte. „Auch in der Hinsicht kann meine Tante Dorothea mit ihm mithalten.“ Sie hob die Hände. „Liebes – du weißt doch, wie langweilig mein Leben ist! Erzähl mir etwas Aufregenderes, wenn ich bitten darf!“
    „Mehr kann ich dazu nicht sagen, Lottie“, erwiderte Joanna. „Lord Grant und ich sind gar kein Liebespaar. Die Gerüchte sind falsch.“
    Lottie sah sie mitleidig an. „Jo, Liebes, vor mir musst du dich nicht rechtfertigen. Niemand macht dir zum Vorwurf, wenn du einen Liebhaber hast. Immerhin ist David schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr am Leben. Und wie ich hörte, soll der gut aussehende Lord Grant ein echter Leckerbissen sein. Stimmt es übrigens“, Lotties dunkle Augen, fingen plötzlich an zu funkeln, „dass er grässliche Narben auf seiner Brust hat vom Ringkampf mit einem Eisbären?“
    „Ich habe keine Ahnung“, sagte Joanna. „Warum sollte jemand mit einem Eisbären ringen? Das klingt ziemlich gefährlich.“ Ihr fiel ein, dass Alex beim Gehen leicht hinkte. Sie erinnerte sich vage, dass David einmal erwähnt hatte, Alex wäre vor Jahren während einer Expedition schwer verletzt worden. Im Gegensatz zu ihrem verstorbenen Gatten schien Alex daraus jedoch kein Kapital schlagen zu wollen. „Lottie“, fuhr sie fort, „du hast mir nicht richtig zugehört! Lord Grant und ich sind nichts weiter als flüchtige Bekannte. Bitte rede nicht so – du schockierst Merryn damit.“ Sie sah zu ihrer jüngeren Schwester, die still neben ihr saß, während Lottie plapperte. Merryn war genauso zurückhaltend, wie Lottie laut war; ihre Gelassenheit war wie ein Gegenpol zu Mrs Cummings atemberaubend indiskretem Naturell. Merryn war sehr schweigsam, das hatte die lange, schwere und letzte Krankheit ihres Onkels bewirkt. Es war wirklich Pech, fand Joanna, dass die Konventionen von der jüngsten unverheirateten Tochter verlangten, die Pflege von Angehörigen zu übernehmen. Manchmal hatte sie fast ein schlechtes Gewissen, dass sie Merryn mit ihrem Onkel allein gelassen hatte. Joanna war der erdrückenden Atmosphäre des Pfarrhauses schon vor Jahren entflohen und nie wieder zurückgekehrt – und so weit sie wusste, ihre mittlere Schwester Tess ebenfalls nicht. Merryn hingegen war dem größten Anteil von Reverend Dixons cholerischem Temperament ausgesetzt gewesen.
    „Tut euch meinetwegen keinen Zwang an“, warf Merryn ein, und ihre veilchenblauen Augen leuchteten vor Belustigung. „Ich glaube übrigens, dass die Geschichte mit dem Eisbären erfunden ist, Lottie.“
    Lottie schmollte. „Nun, wenn Jo Lord Grants Brust nicht gesehen hat, können wir das nicht mit Sicherheit sagen, oder? Machst du etwa im Schlafzimmer das Licht aus, Jo? Du bist viel prüder, als ich gedacht habe!“
    „Ich bin sogar außergewöhnlich prüde“, stimmte Joanna wahrheitsgemäß zu. „Ich mag ja flatterhaft wirken, aber das ist alles nur Theater und nichts dahinter.“
    Lottie riss ihre dunklen Augen auf. „Aber das weiß ich doch, Liebes! Alle Gentlemen sagen, du hättest ein Herz aus Eis! Wie klug von dir, dich so schön, herzlos und unnahbar zu geben. Dadurch verlierst du nie an Reiz für sie!“
    „Ich tue das nicht, um sie zu ermutigen“, gab Joanna mit leichtem Unbehagen zurück, denn in Lotties Worten schwang beinahe so etwas wie Neid mit; auch kamen sie der Wahrheit ziemlich nahe. „Ich habe nur nicht sehr viel Vertrauen zu Männern.“
    „Ach Gott, ja, Liebes“, Lottie tätschelte tröstend ihren Arm. „Ich auch nicht, aber was tut das zur Sache? Ich verführe sie, werfe sie hinterher weg und bin glücklich damit.“
    Joanna fragte sich, ob das stimmte. Der Teil mit den Eroberungen ja – Lotties diskrete Affären waren stadtbekannt, doch ob die Seitensprünge sie nun glücklich machten, hatte Joanna nie so genau sagen können. Sie lebten beide in einer Scheinwelt, in der Künstlichkeit und Oberflächlichkeit hoch geschätzt, Tiefgang und Aufrichtigkeit

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