Der Hauch von Skandal (German Edition)
er soeben gehört hatte. Ware war seit seiner Kindheit sein Freund gewesen. Alex hatte geglaubt, dass sie sich gegenseitig gut gekannt hatten. Doch obwohl Ware seine Geschichte, seine Lebensweise und die Anforderungen seines Berufs bekannt gewesen waren, hatte er Alex in diese schreckliche Situation gebracht und ihm die Verantwortung, das Wohlergehen und die Erziehung seiner Tochter aufgebürdet; eine Verpflichtung, die Alex zwangsweise zusammen mit der Ehefrau übernehmen sollte, die David Ware gehasst hatte … Wahrlich, Ware hatte den Verstand verloren. Entweder das, oder er hatte Alex in diesen Rachefeldzug gegen seine Frau mit eingespannt, ohne Rücksicht auf die Gefühle aller Beteiligten außer seiner eigenen. Alex konnte und wollte nicht glauben, dass ein Ehrenmann wie Ware so etwas tun würde.
Er sah Joanna an. Ihre Augen funkelten hell und klar wie Saphire. „Ach so“, meinte sie gedehnt. „Ich soll das Kind also bei mir wohnen lassen, aber Sie sind derjenige, der die finanzielle Kontrolle über uns beide hat, Lord Grant.“
„So sieht es aus.“ Er konnte ihren Zorn und ihren Schmerz beinahe greifbar spüren, so sehr sie sich auch bemühte, sich nichts davon anmerken zu lassen.
„Zu Beginn dieses Gesprächs sagten Sie, der Inhalt dieses Schreibens wäre Ihnen unbekannt, Lord Grant.“ Ihr Tonfall klang trocken, skeptisch und schneidend. „Es fällt mir schwer, das zu glauben, da Sie und David sich ja offensichtlich so restlos vertrauten.“
„Glauben Sie es ruhig.“ Alex kämpfte immer noch mit seiner eigenen Reaktion auf Wares ungeheuerliches Verhalten und war nicht in der Stimmung für Sanftmut. „Ich hatte keine Ahnung. Ich will diese Last genauso wenig wie Sie.“
„So wie Sie denken, David habe einen Fehler begangen, mir die Fürsorge für ein Kind anzuvertrauen“, sagte sie vollendet höflich, doch ihr glühender Zorn schwang bei jedem ihrer Worte mit, „so wenig kann ich mir vorstellen, dass mein verstorbener Mann auch nur für einen Moment glauben konnte, Sie wären der geeignete Mensch, ein kleines Kind versorgen und sein Vermögen verwalten zu können.“
„Zumindest habe ich bewiesen, dass ich materiell für meine Familie sorgen kann“, gab Alex zurück und bedachte sie mit einem herablassenden Blick, der ihr die Röte in die Wangen trieb. „Ich scheue nicht vor meiner Verantwortung zurück. Im Gegensatz dazu ist Ihr umtriebiger Lebensstil in der Londoner Gesellschaft wohl kaum geeignet, Miss Ware eine ausgeglichene, sichere Existenz zu gewährleisten, Lady Joanna.“
Joannas Augen glitzerten vor Wut. „Wie bitte? Umtriebig? Sie wissen gar nichts über mein Leben, Lord Grant, nur das, was auf Davids Lügen und Ihren eigenen arroganten Vorurteilen basiert.“ Ihre Stimme troff vor Verachtung. „Wenn es darum geht, dann sind Sie derjenige, der sich überall auf der Welt herumtreibt. Sie mögen Ihre Familie materiell gut versorgen, aber Sie haben nicht das geringste Interesse daran, sich gefühlsmäßig mit ihr zu befassen!“
Ihre Worte lösten in Alex Zorn und ein schlechtes Gewissen aus. Er hatte finanziell nur ein kleines Vermögen geerbt, aber er hatte jeden Penny davon in seine Besitztümer gesteckt und sichergestellt, dass sein Cousin und seine Cousine gut versorgt waren. Das reichte. Es musste reichen, denn mehr hatte er nicht zu geben. Amelia war die Warmherzige und Liebevolle gewesen; nach ihrem Tod hatte er diese Gefühlsregungen aus seinem Leben verbannt. Der Gedanke an Amelia versetzte ihm einen quälenden Stich. Er hatte einmal versagt, bei Ware durfte ihm das nicht noch einmal passieren. Er war geradezu verpflichtet, Wares verwaister Tochter beizustehen, das verlangten seine Ehre und sein Schuldbewusstsein von ihm.
„Ich bin sicher, Ihr Widerwille beruht allein auf der Tatsache, dass ich Ihr Schatzmeister sein soll“, vermutete er kalt. „Ich kann mir denken, dass Sie viel dafür geben würden, diese Situation zu ändern, vor allem wenn man bedenkt, dass Ware Sie offensichtlich ohne die nötigen Mittel zurückgelassen hat, mit denen Sie Ihren extravaganten Lebensstil aufrechterhalten könnten.“
Joannas Miene spiegelte deutlich ihre Verachtung wider. „Ich brauche kein Geld, Lord Grant. Wie ich bereits sagte, ich verdiene genug und habe außerdem etwas geerbt. Abgesehen davon ist Geld kein Ersatz für Liebe – die Liebe, die Sie denen nicht entgegenbringen können, die sich auf Sie verlassen, und die Davids Tochter in ihrem Leben ebenfalls benötigen
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