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Der Hauch von Skandal (German Edition)

Der Hauch von Skandal (German Edition)

Titel: Der Hauch von Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Cornick
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sich höflich.
    „Nein, Mylord“, gab der Anwalt knapp zurück.
    „Es scheint, Sie hegen große Sympathie für Lady Joanna“, stellte Alex fest.
    Die Augen des Anwalts wurden schmal vor Missbilligung. Er nahm seine Brille ab und putzte sie energisch mit dem Zipfel seiner Jacke. „Ich bin all meinen Mandanten gegenüber unvoreingenommen, Lord Grant. Lady Joanna hat mich stets mit ausgesuchter Höflichkeit und Rücksicht behandelt. Im Gegenzug ist ihr meine absolute Loyalität sicher.“
    „Sehr lobenswert“, murmelte Alex. „Und David Ware? Konnte er auch auf Ihre Loyalität zählen?“
    Churchward zögerte kaum merklich mit seiner Antwort. „Ich habe Commodore Ware gut gedient.“
    „Das ist die Antwort eines Anwalts. Sie mochten Ware nicht?“
    Churchward neigte den Kopf zur Seite. „Commodore Ware galt gemeinhin als Held.“
    „Das ist keine Antwort auf meine Frage“, erwiderte Alex.
    Wieder folgte eine Pause. Die Tür zum Vorzimmer stand offen; Alex konnte die Stimmen der Angestellten und das Kratzen ihrer Schreibfedern hören, aber im Büro des Anwalts war es totenstill.
    „Vielleicht sollten Sie sich einmal selbst fragen, warum Ihnen meine Antwort so wichtig ist, Lord Grant“, meinte Churchward schließlich. „Warum fragen Sie mich?“ Er sah Alex herausfordernd in die Augen. „Sie waren Commodore Wares bester Freund. Ihre Loyalität ihm gegenüber ist sicher unerschütterlich. Guten Tag, Lord Grant.“
    Er hielt Alex die Tür auf, und dessen Frage blieb unbeantwortet im Raum stehen.

4. Kapitel
    J oanna hob Max in die Kutsche, wo er sich sofort auf der Sitzbank zusammenrollte und weiterschlief. Sie bat den Kutscher auf sie zu warten und machte sich mit energischen Schritten auf den Weg zu den Lincoln’s Inn Fields. Sie brauchte frische Luft, Raum und Zeit zum Nachdenken. Von den Menschen, die an ihr vorübergingen, nahm sie kaum mehr wahr als ein Ineinanderfließen von Farben und verschwommene Gesichter. Das Stimmengewirr, die Rufe der Straßenhändler und der Kutscher umgaben sie wie eine Mauer aus Lärm; die Sonne schien zu grell und tat ihren Augen weh. Die Gerüche von ungewaschenen Körpern, Mist, frisch gemähtem Gras und Blumen, süß und säuerlich, drohten sie zu ersticken. Beinahe blind ging sie weiter, bis sie eine Bank im Schatten einer Ulme fand. Sie ließ sich darauf nieder und fühlte sich plötzlich alt und müde.
    Es bereitete ihr keinen Kummer, dass David ihr untreu gewesen war. Ihr blieb nur ein Gefühl der Leere und der Gleichgültigkeit. Es war so oft passiert, dass sie kein Vertrauen mehr zu ihm gehabt hatte. Bereits zu Beginn ihrer Ehe hatte sie gewusst, dass kein Weiberrock vor ihm sicher war. Dennoch war ihr nie der Gedanke gekommen, er könnte mit einer anderen Frau ein Kind gezeugt haben. Als Churchward zum ersten Mal Davids Tochter erwähnt hatte, hatte sie Schock und Ungläubigkeit empfunden, hatte es zunächst nicht wahrhaben wollen. Ihre Welt war ins Wanken geraten. Joanna fühlte sich dumm, krank und naiv, angenommen zu haben, nur weil sie und David keine Kinder hatten, hätte auch keine andere Frau ihm einen Sohn oder eine Tochter geboren. In jenem Moment waren all ihre heimlich gehegten und krampfhaft unterdrückten Träume, irgendwann Mutter zu werden, gewaltsam an die Oberfläche gezerrt worden. Zorn und Verbitterung legten sich bleischwer auf ihre Seele, und mit ihnen ein so intensives Gefühl des Bedauerns, dass es ihr fast den Atem raubte.
    „Du bist unfruchtbar, du frigides Frauenzimmer …“
    Sie konnte sich an jedes einzelne Wort dieses letzten grauenvollen Streits mit David erinnern, an dessen Ende sie bewusstlos und blutend am Boden gelegen hatte. David war außer sich vor Wut gewesen, weil sie ihm nach fünf Jahren Ehe noch immer keinen Sohn und Erben zur Steigerung seines Ruhmes geschenkt hatte – am besten gleich eine ganze Schar kleiner Forscher, die rund um den Erdball in seine Fußstapfen hätten treten können. Wie sehr ihm das gefallen hätte …
    David war die meiste Zeit ihrer Ehe fort gewesen, was sich in Joannas Augen äußerst nachteilig auf die Produktion von Nachwuchs ausgewirkt hatte. Er jedoch schien geglaubt zu haben, er brauchte sie nur anzusehen, und schon wäre sie mit Drillingen schwanger. Als das nicht eingetroffen war, hatte sich seine Freude an seiner jungen Frau in Ungeduld und bald darauf in Feindseligkeit und Zorn verwandelt. Joanna hatte seinen Groll schweigend ertragen, voller Schuldgefühle, weil sie nicht imstande

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