Der Hauch von Skandal (German Edition)
eingeträufelt hatte, würden immer zwischen ihnen stehen. „Captain Purchase ist sehr loyal“, meinte sie. „Aber vielleicht lag es auch nur an der Summe, die ich ihm angeboten habe.“
Alex lachte. „Purchase ist, wie Sie richtig bemerkt haben, ein Glücksritter.“ Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, wurde angespannter. „Er scheint Sie jedoch sehr zu schätzen. Kennen Sie ihn gut?“
„Nicht so gut, wie Sie das unterstellen“, brauste Joanna auf, verstimmt über seinen zweideutigen Tonfall. „Lord Grant, Ihre Meinung von mir ist äußerst kränkend. Für Sie ist es offenbar unvorstellbar, dass mir jemand Sympathien entgegenbringen könnte, der nicht mein Liebhaber ist.“
„Ich bitte um Verzeihung“, sagte Alex und nahm ihr damit den Wind aus den Segeln. „Ich wollte nichts dergleichen andeuten. Brooke scheint Sie ebenfalls zu schätzen.“
„Die Boxer sind mir sehr ergeben. Ich bin ihre Ehrendame.“ Sie lachte, als sie sein Gesicht sah. „Ach je, Lord Grant – damit habe ich mir Ihr vorübergehendes Wohlwollen schon wieder verscherzt, nicht wahr?“
„Ich mache mir nichts aus Boxen“, entgegnete er steif, „und auch nichts aus der Art von Berühmtheit, die Ihnen dadurch zuteilwird, Lady Joanna. Von der Boxerbruderschaft bejubelt zu werden, ist nicht meine Vorstellung von Erfolg.“
„Natürlich nicht.“ Joannas Zorn erwachte erneut. „Um Ihren Beifall zu finden, müsste man wohl mit einem Kanu gegen die Strömung den Ganges hinaufpaddeln, Lord Grant. Aber halt, das habe ich ja ganz vergessen“, ihr Tonfall wurde verächtlich, „das gilt jedoch nicht für eine Frau.“
Seine Miene war wieder streng und unerbittlich geworden. „Das stimmt. Ich ziehe es vor, wenn Frauen zu Hause bleiben.“
„Wo sie auch hingehören. Natürlich.“
Eisiges Schweigen herrschte zwischen ihnen, während Brooke den Brandy für Alex brachte und sich dann diskret wie ein perfekt ausgebildeter Butler wieder zurückzog. Joanna spürte Alex’ durchdringenden, nachdenklichen Blick auf sich ruhen. Trotz der Missstimmung zwischen ihnen wurde ihr dabei heiß. Irgendetwas an seiner stummen Musterung riss ihren Schutzschild ein und legte alle ihre Emotionen bloß. Sie wünschte, das wäre nicht der Fall. Alex Grant war ein Mann, der ihr misstraute und sie nicht mochte; daher war er der Letzte, für den sie auch nur unterschwellig etwas empfinden wollte. Sie fühlte sich hin- und hergerissen, provoziert und gegen ihren Willen erregt.
„Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet“, sagte sie abrupt und bereitete damit der merkwürdigen Stimmung zwischen ihnen ein Ende. „Weshalb sind Sie hier?“
„Weil ich Sie bitten will, mir zu gestatten, Sie nach Spitzbergen zu begleiten.“ Sein Tonfall wurde ironisch. „Purchase sagte mir, dass Sie diesbezüglich das letzte Wort haben. Wenn Sie ablehnen, muss ich die Passage als Schiffsjunge abarbeiten.“
Joanna musste unwillkürlich lachen. „Als Schiffsjunge? Sie?“
„So ist es. Selbst Devlin könnte mir dann Befehle erteilen.“
„Das wäre eine schreckliche Vergeudung Ihres Könnens und Ihrer Erfahrung.“ Joanna sah ihn nachdenklich an. „Sie haben Captain Purchase angeboten, für die Passage zu zahlen?“
„Ja, aber er blieb dabei, dass es allein Ihre Entscheidung wäre.“
„Wie erfreulich, dass er nicht käuflich ist“, stellte Joanna fest. „Die Antwort lautet nein.“
Sie bemerkte das leise Lächeln, das um Alex’ Mundwinkel spielte, und wusste, dass er mit ihrer klaren Absage gerechnet hatte.
„Lassen Sie mich versuchen, Sie umzustimmen“, bat er. „Es ist noch nicht zu spät.“
„Dafür, es mir mit der Reise nach Spitzbergen anders zu überlegen?“
„Diese ganze Geschichte noch einmal zu überdenken.“ Er betrachtete sie nachdenklich. „Die Londoner Gesellschaft ist ziemlich launisch. Manche werden nicht nur missbilligen, dass Sie nach Spitzbergen reisen, sondern auch, dass Sie das uneheliche Kind Ihres Mannes bei sich aufnehmen. John Hagan zum Beispiel wird wahrscheinlich vollkommen schockiert sein. Was wird aus Ihnen, wenn die Londoner Gesellschaft Ihnen ihre Gunst entzieht?“
„Dann muss ich Hunger leiden“, erwiderte Joanna leichthin. Diesen Ängsten hatte sie sich bereits gestellt, und sie weigerte sich, sich von ihm einschüchtern zu lassen. „Aber Nina zum Glück nicht, nicht wahr, Lord Grant? Bestimmt hat David Ihnen die nötigen Mittel hinterlassen, sein Kind aufziehen zu können, da Sie ja unser
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