Der Hauch von Skandal (German Edition)
…“
Alex sah ihn aufgebracht an. „Aus dir spricht nur die Lust, Purchase!“
Purchase lachte. „Dafür könnte ich dich zum Duell fordern, Grant, aber ich mag dich viel zu sehr, um dich töten zu wollen. Ich räume allerdings eine gewisse Sympathie für Lady Joanna ein.“ Er schlug seine langen Beine übereinander.
„Du willst sie für dich selbst“, sagte Alex mit scharfer Stimme.
Purchase widersprach nicht. „Sie war viel zu gut für Ware.“
„Ich bin überrascht, das von dir zu hören“, meinte Alex steif. „Du hast Ware genauso bewundert wie ich.“ Er war wirklich überrascht. Niemand kritisierte David Ware. Ware war ein Held gewesen, jeder wusste das.
„Ach, komm schon, Grant. Ware war ein verdammt guter Kapitän, aber ein verdammt schlechter Ehemann.“ Er presste die Lippen aufeinander. „Du musst es schließlich wissen – du warst ja immer derjenige, der ihn aus den Freudenhäusern zerren musste, damit er sein Schiff nicht verpasste.“
„Und zum Dank dafür hat er mir das Leben gerettet, Purchase“, gab Alex grimmig zurück. „Kein schlechter Handel.“
Purchases kühler Blick ruhte nachdenklich auf ihm. „Nun ja, dann verstehe ich, dass du dich ihm verpflichtet fühlst.“
„Das bezweifle ich.“ Alex rieb sich sein schmerzendes Bein, das ihn stets daran erinnerte, wie tief er in Wares Schuld stand. „Ware hätte mich in dieser Gletscherspalte sterben lassen können, Purchase. Das hätte er tun sollen, weil er sein Leben für mich aufs Spiel setzte, anstatt dafür zu sorgen, dass wenigstens einer von uns beiden am Leben blieb, der unsere Männer in Sicherheit bringen konnte. Also erzähl mir nichts von seinen Schwächen.“
„Ich habe nie bestritten, dass Ware Mut hatte“, beharrte Purchase. „Aber siehst du denn nicht ein, dass er damals nur so gehandelt hat, um seinen eigenen Ruhm aufzupolieren? Du hast recht – er hätte dich zurücklassen sollen. Das wäre wirklich verantwortungsbewusst gewesen, aber stattdessen musste er unbedingt den Helden spielen.“
„Genug!“, stieß Alex zähneknirschend hervor. Ihm war klar, dass Purchases Verlangen nach Joanna sein Urteilsvermögen getrübt hatte. Vielleicht waren sie ja einmal ein Liebespaar gewesen, und sie hatte Purchase gegen ihren Mann aufgehetzt. Vielleicht waren sie noch immer ein Paar. Sein Zorn flammte auf.
Purchase leerte seinen Krug. „Nur eins noch, dann höre ich auf, dich zu ärgern. Hast du nie darüber nachgedacht, dass Wares Disziplin manchmal fast zu streng war?“ Über den Rand seines Kruges sah Alex, dass Purchases Augen vor Verachtung funkelten. „Sicher, seine Männer haben ihm gehorcht, aber sie liebten ihn nicht so, wie deine Männer dich lieben – wenn es nicht zu unangebracht ist, mit einem Engländer überhaupt über so etwas wie Liebe zu sprechen.“
„Mit einem Schotten“, verbesserte Alex, und seine Mundwinkel zuckten leicht.
„Noch schlimmer“, knurrte Purchase. „Kein Wunder, dass du immer so mürrisch bist. Das kommt von dem Eisen in deiner Seele.“
„Dev sagt, das kommt von meiner calvinistischen Erziehung.“ Alex hielt inne und schüttelte den Kopf. „Lass uns nicht mehr darüber reden, Purchase. Wir geraten nur in Streit, und ich will nicht mit dir streiten.“
Einen Moment lang hing die Spannung noch fast greifbar in der Luft, dann hellte sich die Miene des anderen Mannes auf, und er nickte. „Noch eins?“, fragte er und hielt seinen Krug hoch.
Wieder schüttelte Alex den Kopf. „Ich muss Lady Joanna suchen und sie dazu überreden, dass ich sie auf ihrer Reise begleiten darf. Dem Kind zuliebe.“
„Versuch es mal mit Charme, falls du so etwas überhaupt besitzt, Grant“, riet Purchase. Er neigte den Kopf zur Seite. „Wie dem auch sei, du hast Glück. Lady Joanna befindet sich zurzeit gleich hier um die Ecke in der Castle Tavern .“
Alex blickte durch die schmutzige Fensterscheibe. Draußen wurde es allmählich Abend, der Himmel färbte sich bereits rötlich. Die ersten Fackeln brannten an der Straße, und die Lichter der Schenken, Kaffeehäuser und Spielsalons fielen auf das Kopfsteinpflaster. Die ersten Nachtschwärmer drängten durch die schmale Straße, übermütig, ausgelassen und schon trunken von Ale und Gin. Holborn bei Nacht war der letzte Ort, an dem Alex Lady Joanna Ware erwartet hätte. „Was zum Teufel macht sie dort?“, fragte er.
Purchase winkte eins der bildhübschen Mädchen herbei, um sich seinen Krug nachfüllen zu lassen. „Sie ist
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