Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hauptmann von Koepenick

Der Hauptmann von Koepenick

Titel: Der Hauptmann von Koepenick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Zuckmayer
Vom Netzwerk:
Wänden: »Tragt Axolotl« – »Axolotl-Halbschuhe sind die besten! Jedes Paar 12 Mark 50!« – »Axolotl, der schicke Großstädterstiefel! – »Fest im Lebenskampfe steht, wer auf Axolotl geht!« – »Gutachten bedeutender Wissenschaftler über die durch Axolotl wiedergewonnene Normalfußform!« – »Bequem, billig, haltbar« – und so weiter. Im Hintergrund Glastüren, durch die man reihenweise Tippmädchen an langen Bürotischen sitzen sieht und Maschinengeklapper hört. Im Vordergrund Prokurist Knell und Herr Hirschberg einander gegenüber an Schreibtischen hinter einer Holzschranke, ähnlich wie in einem Polizeibüro. Knell unterschreibt Anstellungsverträge, hinter ihm steht ein junges Mädchen, das ihm die Papiere aus Mappen zureicht und die unterschriebenen an sich nimmt. Hirschberg sitzt rechnend über Lohnlisten.
    KNELL
singt, schreibend und löschend, mit monotoner Stimme und unbewegtem Gesichtsausdruck vor sich hin, nach der Melodie der ›Matchiche‹
»Wenn meine Frau sich auszieht,
Wie die denn aussieht,
Die Beene wie zwee Kiepen,
Et is zum Piepen.«
    BÜRODIENER
tritt ein, bleibt stehen, legt die Hand an die Mütze.
    KNELL
»Wenn meine Frau sich auszieht,
Wie die denn aussieht,
Die Beene wie zwee Kiepen,
Et is zum Piepen.«
Er unterschreibt weiter, ohne aufzusehen.
    BÜRODIENER
verharrt in strammer Haltung.
    KNELL
»Wenn meine Frau sich auszieht –« Er macht die letzte Unterschrift, klappt die Mappe zu So, die wären besorgt. – Hirschberg, notierense gleich für die Lohnlisten: 25 Gelernte, 12 Mädchen für die Knopfabteilung, 10 Jungens als Maschinenlehrlinge, 15 Packer neu eingestellt. Morgen früh tretense an.
    DAS MÄDCHEN
mit den Mappen ab.
    KNELL
Was gibt’s, Krause?
    BÜRODIENER
Da warten noch Sticker zwanzig Arbeitsuchende, uff de Annongse fier de neie Fabrik in Tempelhof.
    KNELL
Gelernte?
    BÜRODIENER
Mehrstenteels.
    KNELL
’n Dutzend kann ich noch brauchen. Lassense se reinkommen, einer nach dem andern, aber Trabtrab!
    BÜRODIENER
ab.
    KNELL
»Wenn meine Frau sich auszieht –« Er bricht ab. Erster Arbeitsuchender tritt ein.
    KNELL
Wo hamse gedient?
    ARBEITSUCHENDER
Beim Loiberregimient, Herr Prokurist.
    KNELL
Aha, Bayer. Recht so. Wann hamse gedient?
    ARBEITSUCHENDER
1899 auf 1901, Herr Prokurist.
    KNELL
Mit welcher Charge sinse abgegangen?
    ARBEITSUCHENDER
Als G’freiter der Reserve, Herr Prokurist.
    KNELL
Gut der Mann, wie heißt der Mann, der Mann kann beschäftigt werden. Zeigense mal Ihre Papiere.
    ARBEITSUCHENDER
tut’s.
    KNELL
blättert sie rasch durch In Ordnung. Morgen früh tretense an, Schuhfabrik Axolotl Tempelhof.
    ARBEITSUCHENDER
Zu Befehl, Herr Prokurist! Ab.
    KNELL
Sehnse, Hirschberg, Sie müssen mit den Leuten nur militärisch reden, denn bekommense die knappsten und klarsten Auskünfte.
    VOIGT
ist inzwischen eingetreten.
    KNELL
Wo hamse gedient?
    VOIGT
Bei verschiedene Handwerksmeister, und denn hab ick mir in de staatliche Schuhfabrikation ausjebildet.
    KNELL
Ich meine, wo hamse gestanden?
    VOIGT
Gestanden? – Ick hab nur gesessen.
    KNELL
Ja, warense denn nie Soldat?
    VOIGT
Nee, dazu bin ich garnich gekommen. Ick bin nämlich vorbestraft. – Det sag ich lieber gleich, als daß es nachher rauskommt. Ick denke mir, bei de Industrie, da sinse großzügig. Ick bin Spezialist in Maschinenarbeit.
    KNELL
Na zeigense mal ihre Papiere her.
    VOIGT
nimmt ein Blatt aus einem Briefumschlag, reicht es ihm.
    KNELL
sieht sich’s an Was ist denn das? Sin doch keine Papiere.
    VOIGT
Der Jefängnisdirektor hat mir jesagt: wennse arbeitswillig sind, denn kriegense auf die Empfehlung mehr Arbeet, als se leisten kennen.
    KNELL
Sie müssen Ihre polizeiliche Anmeldung vorweisen, oder einen Paß.
    VOIGT
Det jebense mir nich auf de Polizei, solang ich keene Arbeit habe.
    KNELL
Ohne ordentliche Papiere kann ich Sie nich einstellen. Wo käm man denn da hin. Hier herrscht Ordnung! Jeder Mann muß seinen Stammrollenauszug in Ordnung haben; wennse gedient hätten, wär Ihnen das in Fleisch und Blut übergegangen.
    VOIGT
ganz ruhig und trocken Ick hab jedacht, hier wär ne Fabrik. Ick hab nich jewußt, daß det hier ne Kaserne is. Geht.
    KNELL
Raus! Frecher Mensch!! Unerhört so was. Sehnse, Hirschberg, da habense’s. Ich weiß genau, warum ich gediente Leute bevorzuge! Heutzutage, bei der Wühlarbeit der Sozialdemokraten – da muß man doch wissen, wen man im Haus hat! Wie soll man sich denn sonst auf seine Leute verlassen können! Zum dritten Arbeitsuchenden, der

Weitere Kostenlose Bücher