Der Hauptmann von Koepenick
inzwischen eingetreten ist Wo hamse gedient?? Dunkel.
Fünfte Szene
Personen: v.Schlettow, sein Bursche Deltzeit, Zuschneider Wabschke
Elegant möbliertes Zimmer in Potsdam. Plüschsessel, Nippes, Photos von militärischen Feiern und Schlachtenbilder an der Wand.
V. SCHLETTOW
in Hosen, Gürtel und Hemd.
DELTZEIT
sein Bursche, steht vor ihm, starrt ihn hilflos an.
V. SCHLETTOW
Und nun, mein lieber Deltzeit, danke ich Ihnen nochmals für alles. Sie waren tadellos. Es hat immer auf die Sekunde geklappt. Sie kommen jetzt in die Kompanie zurück, und Sie werden auch dort wieder Ihre Pflicht tun und die Zufriedenheit Ihres neuen Vorgesetzten erringen, das erwarte ich von Ihnen.
DELTZEIT
mit leicht ostpreußischem Tonfall Härr Hauptmann – ich kann gar nicht begreifen –
V. SCHLETTOW
freundlich barsch Das geht Sie auch gar nichts an. Lange Leitung, was? Sie als Bursche müßten das doch kapieren. Wenn einem Offizier so was passiert, in einem öffentlichen Lokal, da gibt’s nur eine Konsequenz: Abschied einreichen. Verstanden? Daß ich keine Wechsel gefälscht habe – das werden ja auch die Kerls in der Kompanie – nich von mir glauben – Erstarrt.
DELTZEIT
Härr Hauptmann haben doch gar nichts für können. Härr Hauptmann haben doch nur –
V. SCHLETTOW
Quasselnse nich, Deltzeit. Soviel Pech darf ’n Soldat nich haben, das is es. Unglück is auch ’n Versagen. Schluß jetzt.
DELTZEIT
schluckend Härr Hauptmann warren immer so gut –
V. SCHLETTOW
Stillgestanden! Nehmense sich zusammen, Deltzeit. Sie sind doch ’n Mann. Gibt ihm die Hand Adieu! Raus!
DELTZEIT
Adieu, Härr Hauptmann. Macht militärisch kehrt, geht.
V. SCHLETTOW
bleibt auf der Stelle stehn, starrt vor sich hin. Es schellt. Gleich darauf erscheint Deltzeit wieder in der Tür.
DELTZEIT
Verzeihn Härr Hauptmann, wenn ich nochmal – da is der Schneider mit der neuen Uniform – soll ich ihm –
V. SCHLETTOW
beißt sich auf die Lippen Lassense’n reinkommen. Los! Der Mann soll reinkommen!
DELTZEIT
Zu Befehl, Härr Hauptmann! Ab.
V. SCHLETTOW
gibt sich einen Ruck, fährt sich übers Haar.
WABSCHKE
mit der neuen Uniform, in Seidenpapier geschlagen Herr Hauptmann, da isse! Ick kann Ihnen sagen, wennse die nu anziehn, da wernse keen Jefiehl mehr haben.
V. SCHLETTOW
Zeigense mal her.
WABSCHKE
schält sie rasch aus dem Papier, hält sie hoch, die Gesäßknöpfe nach vorne.
V. SCHLETTOW
mustert sie, nimmt scharf das Augenmaß, nickt beifällig Jetzt stimmt’s, jetz is in Ordnung. Das seh ich aufn ersten Blick.
WABSCHKE
Da ham wa ’n mächtijes Stick Arbeit mit jehabt, Herr Hauptmann. Wa mußten de Schoßfalte ufftrennen, sehnse, und denn stimmte det wieder in de Tallje nich.
V. SCHLETTOW
Gebense mal. Nimmt den Rock, schlüpft hinein.
WABSCHKE
zupft ihm die Rockzipfel zurecht ’n Kunstwerk, Herr Hauptmann. Det is keen Rock mehr, det is ’n Stick vom Menschen. Det is de bessere Haut, sozusagen.
V. SCHLETTOW
vorm Spiegel Da fehlt nichts. Wirklich tadellos.
WABSCHKE
Da reißt der Spiegel de Knochen zusammen. Man hört’s orntlich knacken.
V. SCHLETTOW
dreht sich herum, knöpft den Rock auf So. Nu tragense das mal ins Geschäft zurück, und fragen Sie Herrn Wormser, ob er die Uniform in Kommission übernehmen will. Ich kann sie nich brauchen. Wenn er se nich loskriegt, komm ich natürlich dafür auf. Für die Differenz auch – selbstverständlich.
WABSCHKE
Ja, wieso denn, Herr Hauptmann, Se wollen de scheene neie Uniform –
V. SCHLETTOW
mit erzwungener Heiterkeit Plan jeändert, Wabschke. Werde mal ’n bißchen Landwirtschaft betreiben. Hatte schon immer so was vor. Kleine Erbschaft, Kornklitsche, Pferdezucht, is ja viel besser, aus mitn bunten Rock. Hat den Rock ausgezogen, gibt ihm ein Fünfmarkstück So, nu packense ein.
WABSCHKE
schlägt die Uniform ein Danke, Herr Hauptmann. Nach einer kleinen Pause, während der Schlettow pfeift Herr Hauptmann sollten sich det nich so zu Herzen nehmen.
V. SCHLETTOW
Wieso denn? Was wollense denn, ich will ja.
WABSCHKE
Ick weiß ja nu nich – det jeht mir ooch nischt an. Ick meine nur – Fast zart, behutsam – det Militär is ja sehr scheen, aber es is nu wirklich nich det einzige uff de Welt. De Welt is jroß, und jeden Morjn jeht de Sonne uff. Wenn eener jung is – und jesund – und grade Knochen hat – ick meine – wenn eener ’n richtiger Mensch is, det is doch de Hauptsache, nich?
V. SCHLETTOW
Na, gehnse mal. ’n schönen Gruß an Herrn
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