Der Hauptmann von Koepenick
mächtigen Zug. Die andern verteilen sich inzwischen auf die freien Betten.
ZECK
setzt die Flasche ab, fährt auf Buttje los Mensch, du hast dir ja zwee Decken jenommen! Wat bildstn du dir eijentlich in!
BUTTJE
Ich brauch doch eine für untern Kopp, dat s-teht mir zu!
ZECK
So, unter dein Butterkopp willste ne Decke haben, und der Junge da hat gar keene? Auf Gebweiler deutend, der auf einem Unterbett sitzt Siehste nich, wie der bibbert?
BUTTJE
Wem jeht denn dat nichts an, he? Wem jeht denn dat nichts an?
ZECK
reißt Buttjens zweite Decke weg Hier, Junge, haste ne Decke. Siehst ja aus wie Keese mit Kalk. Los, stoß dir mal ’n wahren Jakob runter! Gibt ihm die Flasche.
GEBWEILER
ein schmächtiger junger Bursche, trinkt einen Schluck, ohne Zeck anzusehen.
ZECK
Der hat ja noch nich mal ne Jacke an. Und janz dinne Drilchhosen, det sind ja Kommißbüchsen, wo hastn die her?
GEBWEILER
wendet sich zur Wand.
ZECK
Na nich, ick muß et ja nich wissen, det jeht mir nischt an.
BUTTJE
Dir geht dat überhaupt nichts an, du ausges-puckte S-tintgräte!
ZECK
Schnauze!! Trinkt wieder.
KALLENBERG
Zeck! Kannst mir nich forn Sechser Schnaps ablassen?
ZECK
Nee, ick vakoofe keen Schnaps, da mußte bei Jeroldn jehn.
KALLENBERG
Denn laß mir man umsonst, mir’s flau.
ZECK
Ausjeschlossen. Du bist mir nich sympathisch.
KALLE
Der is wohl hier der liebe Jott, is der wohl hier.
ZECK
trinkend zu den andern Ick hab ’n preißischen Wahlspruch: suhm kwickwe, det heißt uff deitsch: jedem det Seine, mir det mehrste. Wer is hier Skatspieler?
JUPP
im Aachener Tonfall Aech. Aech speel awwer nor um Goldstöckelcher.
ZECK
Det is mein Mann, wo is der dritte?
ZWEI ANDRE
kommen dazu.
ZECK
So is recht. ’t Spiel verdirbt ’n Charakter. Man ran an Speck. Sie setzen sich im Hintergrund. Zeck mischt die Karten. Während des Folgenden in Abständen die halblauten Redensarten und Sprüche der Skatspieler »Raus mit de Mutter in die Frühlingsluft!« – »Passe!« – »Oller Mauerkopp!« – »Pikus der Waldspecht!« – »Der hat ausjelitten!« – »Bitte, wat liecht, liecht!« – »Den haste jesehn!« – »Jespielt wie ne jesengte Sau!« – »Jejn Misthaufen kannste nich anstinken!« – und so weiter, dazu Kartenklopfen, Mischen, leises Pfeifen.
VOIGT UND KALLE
sitzen im Vordergrund auf einer Bettstelle.
KALLE
wickelt einen Harzerkäse und ein kleines Stück Brot aus einem Sacktuch Wolln ma Fettlebe machen. Hier, hastn halben Harzer, knie dir rin.
VOIGT
Nee, Kalle, iß man alleene. Ick hab keen Hunger.
KALLE
essend Dir steckt wat in de Neese, Mensch, det seh’ck dir doch an. Willem, det lange Popeln hat keen Zweck. Wennste ’n Ding im Hals hast, denn hustet ma raus. Ick wer dichthalten, det weeßte.
VOIGT
Wennste mitmachst, Kalle, denn wär det ’n Masseltopp. Alleene komm ick nich rin.
KALLE
rückt dicht zu ihm Wat denn? Wo denn? Steckt Pinkepinke drin?
VOIGT
In Potsdam, int Polizeirevier, da hat det Fenster keen Gitter und jeht nachn Hof, da is keene Wache nachts. Man mißte erst ieber de Mauer, det jeht zu zweit, und denn brauchste nur de Scheibe einzudricken. De Aktenschränke ham jewöhnliche Schlösser, die knackste mitn jebogenen Zimmernagel.
KALLE
enttäuscht Wat willstn in Potsdam auft Polizeirevier? Da is doch nischt zu holen.
VOIGT
Kalle, da hamse mein janzes Vorleben in de Personalakten, da brauch ick nur uffzuschlagen unter Vau. Ick wollte mir da anmelden, da hamse alles einjefordert: de Jerichtsurteile und de Zuchthausentlassung und de janzen Polizeiberichte, det brauch ick nur in Ofen zu stecken, denn is et wech.
KALLE
Plemplem, Willem, wat?
VOIGT
Nee, Mensch, det hab ick scharf ausbaldowert, da hamse ooch ’n janzen Schrank voll Paßjeschichten, da hamse richtige scheene Pässe hamse da ze liegen, zum Überschreiben oder Verlängern, und ’n Dienststempel und Stempelmarken und Stempelpapier, da findste alles, watste zum Leben brauchst.
KALLE
Is da ooch ne Kasse in?
VOIGT
Jewiß doch, Mensch, da wird ooch ne Kasse sind, freilich is da ne Kasse, da is doch ooch ’n Jerichtsvollzieher und ne Jemeindesteuer bei.
KALLE
Wenn keene Kasse is, denn mach ick nich mit.
VOIGT
De Kasse, die kannste janz alleene behalten, da will ick nischt von haben als ’n Billett an de behmische Grenze, det kost nich ville.
KALLE
Ick muß mir dat ieberlejen. Wenn keene Kasse is –
VOIGT
Natierlich is da ne Kasse. Und ’n janzer Schrank voll Formulare. Und de janzen Personalpapiere. Da mach ick Schluß mit.
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