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Der Hausflug

Titel: Der Hausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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dir etwas aus Spanien mitgebracht.“
    „Aus Spanien? Das will ich sehen.“
    Xindy hatte den Schaukelstuhl in den Flur gerückt. Jetzt stand er auf, sie umarmten sich, drückten einander, strichen sich über den Rücken. Jonas bedauerte, daß sie sich nie richtig berühren konnten. Immer mußte einer den Skaphander tragen. Er trat einen Schritt zurück, kreuzte die Arme wie damals Xindys Kameraden, legte die Hände an die Schultern, Xindy ebenso. Zugleich hoben sie die Hände mit gespreizten Fingern über den Kopf. Xindy stützte sich auf seinen Schwanz und begann zu summen. Sie wiegten sich im Takt der Melodie, bis Xindy die Arme senkte und Jonas zur Küche zog.
    Auf dem Tisch standen drei Dosen, zwei mit Ananas, das sah Jonas sofort, auf dem Etikett der dritten verkündeten große Buchstaben: Carne de res en jugo natura 4 . Jonas holte den Büchsensöffner und machte die Dose auf. Gebratenes Fleisch. Xindy legte ein Brot auf den Tisch, ein rundes Brot, das verlockend duftete.
    „Woher hast du denn das?“ rief Jonas.
    „Gefunden. Als ich nach dir suchte. Du hattest doch darüber geklagt, daß du nichts Richtiges mehr zu essen hast.“
    „Da hast du es einfach für mich geklaut? Klasse.“ Er biß in das Brot. Die Kruste war knusprig frisch, und sie schmeckte phantastisch; Jonas biß gleich noch einmal ab.
    „Hast du nun genügend Phlochl?“ fragte er mit vollem Mund.
    „Nein“, sagte Xindy. „Noch gar nichts. Ich war so erschrocken über dich, daß ich sofort aufgestiegen bin. Ich hatte Angst, daß du stirbst.“
    Jonas blieb der Bissen im Hals stecken, Tränen schossen ihm in die Augen. Seinetwegen hatte Xindy darauf verzichtet, das Quecksilber mitzunehmen, von dem seine Heimkehr zum Chlm, mehr noch, sein Leben abhing! Wenn hier einer ein Held war, dann Xindy. Am liebsten hätte er ihm einen Orden um den Hals gehängt.
    „Danke schön“, sagte Xindy. „Ich weiß zwar nicht, was ein Orden ist, aber es scheint etwas Schönes zu sein.“
    „Ich hatte vergessen, daß du wieder mitdenkst“, sagte Jonas. „Sag mal, zeichnest du meine Gedanken etwa immer noch auf?“
    „Nein, nur noch meine.“
    Das reicht auch, dachte Jonas.
    „Ich hoffe es“, sagte Xindy.
    „Und nun? Was soll nun werden?“
    „Ich muß noch einmal nach Spanien“, sagte Xindy.
    „Alleine?“
    „Du hast ja keine Zeit mehr. Ich will es dir auch nicht noch einmal zumuten…“
    „Wie willst du das schaffen?“ rief Jonas. „Wenn man dich nun ertappt? Wenn du El Jefe in die Hände fällst?“
    „Verstehst du jetzt, warum ich die Erwachsenen meide?“ fragte Xindy zurück. „Wenn sie schon mit ihresgleichen derart brutal umgehen, wie dann erst mit einem wie mir? Ich bin für sie doch ein Monster. Nicht nur El Jefe würde jede Folter ausprobieren, um hinter meine Geheimnisse zu kommen.“
    „Nicht alle Erwachsenen sind so“, sagte Jonas. „Vater würde dich nie…“
    „Ich will dir gerne glauben“, unterbrach ihn Xindy, „aber auch dein Vater ist ein erwachsener Mensch. Weißt du wirklich, wie er auf mich reagieren würde? Würde er sich nicht doch verpflichtet fühlen, mich euren Wissenschaftlern auszuliefern? Vielleicht in dem guten Glauben, der Menschheit damit einen Dienst zu erweisen.“
    „Trotzdem“, sagte Jonas.
    „Weißt du immer, was er denkt? Ist er nicht selbst für dich manchmal undurchschaubar? Macht er nie etwas, was du nicht verstehst?“
    Stimmt, dachte Jonas, manchmal schon. Die Geschichte mit Frau Hausmann hatte er nie verstanden, und Vater hatte es abgelehnt, mit ihm darüber zu sprechen. Das sei ganz allein seine Sache, hatte er erklärt. Jonas würde es ohnehin nicht verstehen.
    „Ihr Menschen seid eben doch – Barbaren.“
    „Das finde ich gemein, daß du uns als Barbaren beschimpfst“, empörte sich Jonas. „Habe ich mich etwa dir gegenüber als Barbar benommen? Nimm das zurück!“
    „Das ist doch kein Schimpfwort“, verteidigte sich Xindy. „Vielleicht ist das Wort nicht glücklich gewählt, aber dann hat der Computer kein passenderes gefunden. Ich meine eine Art, die noch jung ist; eine Entwicklungsstufe, die jede Zivilisation auf jedem Planeten durchlaufen muß. Ihr Menschen könnt doch noch nicht allzu lange denken, oder?“
    „Was heißt lange“, sagte Jonas, „ein paar tausend Jahre bestimmt.“
    „Ein paar tausend Jahre, was ist das schon!“ rief Xindy. „Wir Chlmianer können, wenn ich es einmal in euren Zeitbegriff übertrage, Hunderttausende von Jahren denken, und wir sind

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