Der Heckenritter von Westeros
Vater zuschaut, sofern man den Geschichten Glauben schenken kann, aber wenn nicht …«
»Ich habe gesehen, dass der Stuhl von Prinz Maekar nicht besetzt war.«
»Er hat Aschfurt verlassen, um nach seinen Söhnen zu suchen, zusammen mit Roland Rallenhall von der Kö nigsgarde. Eine wilde Geschichte über Raubritter macht die Runde, aber ich wette, der Prinz ist einfach wieder auf Zechtour.«
Der Wein war köstlich und fruchtig, einen besseren hatte Dunk noch nie gekostet. Er ließ ihn im Mund kreisen, schluckte ihn und sagte: »Welcher Prinz ist das nun wieder?«
»Maekars Erbe. Daeron heißt er, nach dem König. Sie nennen ihn Daeron den Säufer, aber nicht in Gegenwart seines Vaters. Der jüngste Sohn war ebenfalls bei ihm. Sie haben Sommerhall zusammen verlassen, sind aber nicht in Aschfurt angekommen.« Raymun leerte seinen Becher und stellte ihn beiseite. »Armer Maekar.«
»Arm?«, fragte Dunk verblüfft. »Der Sohn des Königs?«
»Der vierte Sohn des Königs«, sagte Raymun, »nicht so kühn wie Prinz Baelor, nicht so klug wie Prinz Aerys, nicht so sanftmütig wie Prinz Rhaegel. Und nun muss er sehen, wie seine eigenen Söhne von denen seines Bruders überflügelt werden. Daeron ist ein Säufer, Aerion ist eitel und grausam, der dritte Sohn war so hoffnungslos, dass sie ihn der Zitadelle übergeben haben, damit sie einen Maester aus ihm machen, und der jüngste …«
»Ser! Ser Duncan!«, platzte Ei keuchend herein. Seine Kapuze war ihm in den Nacken gerutscht, das Licht des Kohlebeckens spiegelte sich in seinen großen, dunklen Augen. »Ihr müsst Euch beeilen, er tut ihr weh!«
Dunk sprang verwirrt auf die Füße. »Tut ihr weh? Wer?«
»Aerion!«, schrie der Junge. »Er tut ihr weh! Der Puppenspielerin! Beeilt Euch.« Er wirbelte herum und rannte in die Nacht.
Dunk wollte ihm folgen, aber Raymun hielt ihn am Arm fest. »Ser Duncan – Aerion, hat er gesagt! Ein Prinz von Geblüt. Seid vorsichtig!«
Er wusste, das war ein guter Rat. Der alte Mann hätte dasselbe gesagt. Aber er konnte nicht darauf hören. Er schüttelte Raymuns Hand ab und zwängte sich aus dem Zelt hinaus. Aus der Richtung des Händlergeländes konnte er Rufe hören. Ei war fast nicht mehr zu sehen. Dunk rannte ihm hinterher. Seine Beine waren lang, die des Jungen kurz; er verringerte die Distanz rasch.
Eine Wand aus Schaulustigen hatte sich um die Puppenspieler herum versammelt. Dunk drängte sich durch und achtete nicht auf die Flüche. Ein Bewaffneter in der königlichen Livree stellte sich ihm entgegen. Dunk legte ihm seine große Hand auf die Brust und schubste ihn, so dass der Mann im Schmutz auf den Hintern fiel.
Der Stand der Puppenspieler war umgestoßen worden. Die dicke Dornische lag weinend auf dem Boden. Ein Bewaffneter ließ die Marionetten Florian und Jonquil an den Händen baumeln, während ein anderer sie mit einer Fackel in Brand steckte. Drei weitere Männer rissen Kisten auf, warfen Puppen heraus und trampelten darauf herum. Die Drachenpuppe lag überall verstreut, ein zerbrochener Flügel hier, der Kopf dort, der Schwanz in drei Teilen. Und inmitten von alledem stand Prinz Aerion prachtvoll in einem Wams aus rotem Samt mit langen Puffärmeln und drehte Tanselle mit beiden Händen den Arm um. Sie kniete vor ihm und flehte ihn an. Aerion achtete nicht darauf. Er zwang sie, die Hand zu öffnen, und packte einen ihrer Finger. Dunk stand benommen da und konnte nicht glauben, was er sah. Dann hörte er ein Knacken, und Tanselle schrie.
Einer von Aerions Männern versuchte ihn zu ergreifen und flog in hohem Bogen davon. Drei große Schritte, dann packte Dunk den Prinzen an der Schulter und drehte ihn grob um. Schwert und Dolch hatte er vergessen, ebenso wie alles, was ihm der alte Mann je beigebracht hatte. Er schlug Aerion mit der Faust von den Füßen und trat dem Prinzen mit der Stiefelspitze in den Magen. Als Aerion nach seinem Messer greifen wollte, stellte sich Dunk auf sein Handgelenk und trat wieder nach ihm, genau in den Mund. Er hätte ihn vielleicht an Ort und Stelle totgetreten, aber die Männer des Prinzen bedrängten ihn. Er hatte an jedem Arm einen Mann hängen, und ein dritter schlug ihm auf den Rücken. Kaum hatte er einen abgeschüttelt, hingen zwei weitere an ihm.
Schließlich zerrten sie ihn zu Boden und hielten ihm Arme und Beine fest. Aerion war wieder aufgestanden. Der Mund des Prinzen war blutig. Er tastete mit einem Finger darin herum. »Ihr habt mir einen Zahn gelockert«, klagte er,
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