Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Heckenritter von Westeros

Der Heckenritter von Westeros

Titel: Der Heckenritter von Westeros Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
Vom Netzwerk:
er sie hören. Die Hörner der Herolde trugen weit, und von Zeit zu Zeit verriet ihm ein Aufschrei der Menge, dass jemand gefallen oder aufgestanden war oder etwas besonders Kühnes gemacht hatte. Er hörte auch leisen Hufschlag und sehr vereinzelt einmal das Klirren von Schwertern oder das Knacken einer brechenden Lanze. Dunk zuckte jedes Mal zusammen, wenn er Letzteres hörte; es erinnerte ihn an das Geräusch von Tanselles Finger, als Aerion ihn gebrochen hatte. Auch andere, nähere Geräusche waren zu hören: Schritte auf dem Gang vor seiner Tür, das Stampfen von Hufen unten im Hof, Rufe und Stimmen von den Burgmauern. Manchmal übertönten sie das Turnier. Dunk dachte sich, dass das auch nichts ausmachte.
    »Der Heckenritter ist der wahrhaftigste aller Ritter«, hatte ihm der alte Mann vor langer Zeit einmal gesagt. »Andere Ritter dienen den Lords, die sie bezahlen oder von denen sie ihr Land gepachtet haben, aber wir dienen, wem wir wollen, dienen Männern, an deren Sache wir glauben. Jeder Ritter schwört, die Schwachen und Unschuldigen zu beschützen, aber ich glaube, wir erfüllen diesen Schwur am besten.« Seltsam, wie deutlich ihm diese Erinnerung vorkam. Dunk hatte die Worte fast vergessen. Und der alte Mann vielleicht auch, gegen Ende.
    Der Morgen wurde zum Nachmittag. Die fernen Geräusche des Turniers wurden spärlicher und verstummten. Die Abenddämmerung senkte sich über die Zelle, aber Dunk saß immer noch auf der Fensterbank, schaute in die zunehmende Dunkelheit hinaus und versuchte, seinen leeren Magen zu ignorieren.
    Und dann hörte er Schritte und das Klirren von Schlüsseln aus Eisen. Er reckte sich und stand auf, als die Tür geöffnet wurde. Zwei Wachen kamen herein, einer mit einer Öllampe. Ein Diener folgte mit einem Tablett voll Essen. Dahinter kam Ei. »Lasst Lampe und Essen hier und geht«, befahl ihnen der Junge.
    Sie befolgten den Befehl, aber Dunk bemerkte, dass sie die schwere Holztür nur anlehnten. Der Duft des Essens machte ihm bewusst, wie ausgehungert er war. Es gab warmes Brot und Honig, eine Schüssel Haferbrei, eine Schale mit gerösteten Zwiebeln und durchgebratenem Fleisch. Er setzte sich vor das Tablett, riss das Brot mit den Händen auseinander und stopfte sich etwas davon in den Mund. »Kein Messer«, stellte er fest. »Denken die, ich würde dich erstechen, Junge?«
    »Sie haben mir nicht gesagt, was sie denken.« Ei trug ein tailliertes enges Wams aus schwarzer Wolle mit langen, von roter Seide gesäumten Ärmeln. Auf der Brust prangte der dreiköpfige Drache des Hauses Targaryen. »Mein Onkel sagt, ich muss Euch demütig um Verzeihung bitten, weil ich Euch getäuscht habe.«
    »Dein Onkel«, sagte Dunk. »Das wäre Prinz Baelor.«
    Der Junge machte ein klägliches Gesicht. »Ich hatte nie vor zu lügen.«
    »Aber das hast du. In allem. Angefangen mit deinem Namen. Ich habe noch nie von einem Prinzen Ei gehört.«
    »Das ist die Kurzform von Aegon. Mein Bruder Aemon hat mir den Spitznamen verpasst. Er ist jetzt in der Zitadelle und lernt, ein Maester zu sein. Und Daeron nennt mich manchmal auch Ei, genauso wie meine Schwestern.«
    Dunk hob den Fleischspieß und biss ein Stück ab. Ziege, mit einem vornehmen Gewürz, das er noch nie zuvor gekostet hatte. Fett lief ihm am Kinn hinab. »Aegon«, wiederholte er. »Natürlich Aegon. Wie Aegon der Drache. Wie viele Aegons sind König gewesen?«
    »Vier«, sagte der Junge. »Vier Aegons.«
    Dunk kaute, schluckte und brach noch etwas Brot ab. »Warum hast du es getan? War es ein Streich, um einen Narren aus dem dummen Heckenritter zu machen?«
    »Nein.« Tränen traten dem Jungen in die Augen, aber er blieb mannhaft stehen. »Ich sollte Daerons Knappe werden. Er ist mein ältester Bruder. Ich habe alles gelernt, was ich lernen musste, um ein guter Knappe zu sein, aber Daeron ist kein sehr guter Ritter. Er wollte nicht an dem Turnier teilnehmen, daher stahl er sich von unserer Eskorte davon, als wir Sommerhall verlassen hatten, aber anstatt zurückzukehren, ritt er einfach weiter nach Aschfurt, weil er dachte, da würden sie nie nach uns suchen. Er hat mir den Kopf geschoren. Er wusste, mein Vater würde Männer auf die Suche nach uns schicken. Daeron hat gewöhnliches Haar, hellbraun, nichts Besonderes, aber meines ist wie das von Aerion und meinem Vater. «
    »Das Blut des Drachen«, sagte Dunk. »Silber-goldenes Haar und violette Augen, das weiß jedes Kind.« Blöd wie eine Burgmauer, Dunk.
    »Ja. Darum hat Daeron es

Weitere Kostenlose Bücher