Der Heckenritter von Westeros
Oben darum, sie mit einem Kind zu segnen, und doch bleibt sie eine Jungfrau. Aerys wohnt in eigenen Gemächern, und es heißt, er nimmt lieber ein Buch als eine Frau mit in sein Bett.« Er füllte seinen Becher nach. »Verlasst Euch drauf, es ist Lord Strom, der uns mit seinen Zaubersprüchen und Spionen regiert. Es gibt niemanden, der sich ihm entgegenstellt. Prinz Maekar schmollt in Sommerhall und hegt Groll gegen seinen königlichen Bruder. Prinz Rhaegel ist ebenso schwach wie wahnsinnig, und seine Kinder sind … nun ja, Kinder. Freunde und Günstlinge von Lord Strom sitzen in allen Ämtern, die Lords des Kleinen Rates küssen ihm die Hand, und dieser neue Großmaester ist so begeistert von der Zauberei wie er selbst. Der Rote Bergfried befindet sich in der Hand der Rabenzähne, und niemand wird ohne seine Erlaubnis zum König vorgelassen.«
Dunk rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. Wie viele Augen hat Lord Blutrabe? Eintausend Augen und eins. Er hoffte, die Hand des Königs hatte nicht auch eintausend Ohren und eins. Manches von dem, was der Septon erzählte, klang nach Hochverrat. Er blickte Ei an und wollte sehen, wie der dieses Gerede aufnahm. Der Junge rang mit aller Macht darum, den Mund zu halten.
Der Septon drückte sich hoch und stand auf. »Meine Schwägerin wird wohl noch eine Weile brauchen. Wie es bei großen Damen so ist, entsprechen die ersten zehn Kleider, die sie anprobiert, oft nicht ihrer Laune. Trinkt Ihr noch etwas Wein?« Ohne auf Antwort zu warten, füllte er beide Becher.
»Die Dame, mit der ich sie verwechselt habe«, fragte Dunk, um dem Gespräch eine neue Wendung zu geben, »ist sie Eure Schwester?«
»Wir sind alle Kinder der Sieben, Ser, doch davon abgesehen … zum Glück nicht. Lady Helicent war die Schwester von Ser Rolland Uffering, Lady Rohannes viertem Gemahl, der im Frühling gestorben ist. Mein Bruder war sein Vorgänger, Ser Simon Steinhof, der das große Unglück hatte, an einem Hühnerknochen zu ersticken. In Kaltgraben wimmelt es von Gespenstern, muss man sagen. Die Männer sterben, doch ihre Verwandten bleiben, um Myladys Wein zu trinken und ihre Süßigkeiten zu naschen, wie eine Plage dicker rosa Heuschrecken, die in Samt und Seide aufgeputzt sind.« Er wischte sich den Mund. »Und doch muss sie wieder heiraten, und zwar bald.«
»Sie muss?«, fragte Dunk.
»Das Testament ihres Hohen Vaters verlangt es. Lord Wyman wollte Enkel, die seine Linie fortsetzen. Als er krank wurde, hatte er vor, sie mit Langzoll zu verheiraten, damit er nach seinem Tode einen starken Mann an ihrer Seite wusste, doch Rohanne widersetzte sich. Seine Lordschaft nahm in seinem Testament Rache. Wenn sie bis zum zweiten Todestag ihres Vaters ledig bleibt, fällt Kaltgraben mitsamt Ländereien an seinen Vetter Wendell. Vielleicht habt Ihr ihn im Hof gesehen. Ein kleiner Mann mit Kropf, der unter Blähungen leidet. Nun, ich sollte da den Mund nicht zu voll nehmen, denn mich plagen die Winde ja selbst. Mag es sein, wie es will. Ser Wendell ist habgierig und dumm, doch seine Hohe Gemahlin ist Lord Eschs Schwester … und verdammenswert fruchtbar, das kann man nicht leugnen. Sie gebiert so häufig wie er furzt. Ihre Söhne sind so miserabel wie er, und die Töchter noch schlimmer, und alle haben schon begonnen, die Tage zu zählen. Lord Esch hat das Testament bestätigt, und daher bleibt Mylady nur noch bis zum nächsten Neumond Zeit.«
»Warum hat sie so lange gewartet?«, fragte sich Dunk laut.
Der Septon zuckte mit den Schultern. »Um der Wahrheit die Ehre zu geben, gab es einen Mangel an Freiern. Meine Schwägerin ist nicht hässlich anzuschauen, wie Euch aufgefallen sein dürfte, und eine stattliche Burg sowie ausgedehnte Ländereien erhöhen ihren Liebreiz. Man sollte meinen, die jüngeren Söhne angesehener Häuser und landlose Ritter müssten sie umschwärmen wie die Fliegen. Doch dem ist nicht so. Die vier verstorbenen Männer schrecken sie ab, und man sagt auch, sie sei unfruchtbar … wenngleich niemals in ihrer Gegenwart, solange man nicht den Wunsch verspürt, einen Krähenkäfig von innen zu sehen. Sie hat zwei Kinder geboren, einen Jungen und ein Mädchen, doch beide haben ihren Namenstag nicht erlebt. Diejenigen, die nicht von dem Gerede über Gift und Zauberei vertrieben werden, wollen sich nicht mit Langzoll anlegen. Lord Wyman hat ihm auf dem Totenbett den Auftrag erteilt, seine Tochter vor unwürdigen Freiern zu schützen, und Langzoll hat alle Freier verstanden.
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