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Der heilige Erwin und die Liebe

Der heilige Erwin und die Liebe

Titel: Der heilige Erwin und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasna Mittler
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sehr unbehaglich. Den ganzen Morgen schon hat Er das Gefühl, sich auf dünnem Eis zu bewegen. Ständig muss Er befürchten, einen Fehler zu machen. Und überhaupt ist ihm die ganze Sache hier einfach nur lästig. Er sollte jetzt mit Jesus an der Mission arbeiten und den Planeten retten, anstatt sich mit irgendwelchen Details aus längst vergangenen Zeiten zu beschäftigen! Wütend stampft Gott vor der verschlossenen Tür des Klassenzimmers auf und ab. Er überlegt, ob Er einfach das Weite suchen soll. Aber Jesus wird in der Pause auf ihn warten. Schließlich lehnt Er die Stirn an die geschlossene Klassenzimmertür, um besser nachdenken zu können. Drinnen geht die Unterhaltung über die Römerzeit munter weiter.
    Â»Mir hat im Museum am besten der Schmuck gefallen«, hört Gott eine lispelnde Mädchenstimme sagen. »Und die Goldmünzen!«
    Â»Ja, wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass wir all diese schönen Dinge aus der Römerzeit heute noch betrachten können. Unsere ganze Stadt ist auf römischer Geschichte aufgebaut.« Die Stimme der Lehrerin klingt enthusiastisch. »Und stellt euch vor, auch heute noch werden bei Ausgrabungen immer mal wieder Schätze der Römer in Köln gefunden!«
    Und da hat Gott plötzlich eine Idee, wie Er sich und Jesus aus der Schule loseisen kann …
    Als es zur Pause klingelt, fliegt die Tür des Klassenzimmers auf, und die Kinder stürmen hinaus. Gott kann gerade noch zur Seite springen, damit Er nicht über den Haufen gerannt wird. Er nimmt Olli-Lollis Jacke vom Garderobenhaken und folgt den anderen Kindern auf den Pausenhof. Gott muss sich auf die Zehenspitzen stellen, um seinen Sohn in dem Getümmel zu suchen. Schließlich entdeckt Er Erbses Ringelmütze, die aus der Masse der Schüler heraus leuchtet. Jesus schlendert Arm in Arm mit zwei anderen Mädchen über den Schulhof. Offensichtlich hat Er keine Eile, seinen Vater wiederzusehen. Gott macht ein paar Schritte auf das Grüppchen zu, hebt den Arm und winkt. Er beobachtet, wie sich Erbse von den Freundinnen löst und ihm entgegentritt.
    Â»Was willst du denn von DEM ?«, ruft ihr eines der Mädchen nach, laut genug, dass Gott es hören kann. Auch der abfällige Tonfall ist ihm nicht entgangen. Die beiden Freundinnen schauen Erbse noch einen Moment lang hinterher, ehe sie sich kichernd abwenden.
    Â»Hey!«, begrüßt Jesus seinen Vater und strahlt dabei über das ganze Mädchengesicht. »Wie läuft’s denn so?«
    Gott packt ihn hart am Arm und zieht ihn mit sich zu den Mülltonnen, wo sie vor den Blicken der anderen geschützt sind. »Wie es bei mir läuft?«, fragt Er aufge bracht. »Miserabel! Das hier ist die reinste Zeitver­ schwen­dung!«
    Jesus hat unterdessen Erbses Butterbrotdose ausgepackt und bietet seinem Vater eine Brötchenhälfte an. »Hier, magst du?«, fragt er. »Ist lecker!«
    Gott will verärgert abwinken, aber beim Anblick des Brötchens merkt Er, wie das Wasser in Olli-Lollis Mund zusammenläuft. Also greift Er zu und schiebt sich das Brötchen zwischen die Kiefer. »Hörst du mir eigentlich zu?«, fragt Er seinen Sohn kauend.
    Â»Klar doch.« Jesus ist bei den Apfelschnitzen angelangt. »Aber ich finde es eigentlich nicht schlecht hier. Warum hast du es denn so eilig?«
    Gott reißt die Augen auf. »Warum ich es eilig ha­be?!«, fragt Er gereizt. »Wir sind seit drei Erdentagen hier, und wir sind in unserer Mission noch keinen Schr itt weitergekommen!«
    Jesus wischt Erbses Mund mit dem Jackenärmel ab und zuckt mit den Schultern. »Wir müssen uns eben erst mal einleben. Ist doch normal, oder?«
    Gott schnauft. »Ach ja? Und wann denkst du, dass wir mit der Arbeit anfangen sollen? Ich will bestimmt nicht bis in alle Ewigkeit in dieser Gestalt rumlaufen! Aber du hast ja immer was Besseres zu tun. Wo warst du überhaupt gestern den ganzen Tag?«
    Â»Oh, das muss ich dir erzählen!« Jesus wird ganz aufgeregt. »Wir waren bei Erbses Großeltern, war ganz nett da. Aber stell dir vor – Erbses Eltern glauben, dass wir verliebt sind! Also, äh, dass Erbse und Olli-Lolli verliebt sind, meine ich.« Er grinst. »Den ganzen Tag über haben sie mich ausgefragt über dich. Das war wirklich lustig!«
    Gott bläst die Backen auf. »Ach, lustig war’s bei dir, ja?«,

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