Der heilige Erwin und die Liebe
gräbt.
esus steckt den Schlüssel in Erbses Fahrradschloss. Auf dem Hinweg heute Morgen hat ihm das Radfahren einige Mühe abverlangt. Ein paarmal wäre er beinahe hingefallen. Dabei musste er aufpassen, dass er Erbses Vater nicht aus den Augen verlor, der in flottem Tempo vor ihm herfuhr. So ist es ihm jetzt ganz recht, den Rückweg mit Gott gemeinsam zu Fuà anzutreten und das Fahrrad zu schieben. Als sie am Schulhof vorbeigehen, können sie durch den Zaun einen Blick auf das Archäologenteam erhaschen, das auf dem geräumten Platz sein Ausgrabungsfeld absteckt und eine Plastikplane gegen den drohenden Regen aufspannt.
»Das da vorhin«, setzt Jesus an und zeigt auf die Stelle, wo der stolze Erstklässler seinen Fund gemacht hat, »da hattest du doch die Finger im Spiel, oder?«
Statt eine Antwort zu geben, grinst Gott nur stillvergnügt vor sich hin.
Es hatte nicht lange gedauert, bis sich zu der aufgeregten Schülerschaft ein Pulk nicht weniger aufgeregter Zeitungs- und Fernsehreporter gesellte. Bald darauf trafen die Experten vom Römisch-Germanischen Museum ein, die den Goldschatz begutachteten und für echt befanden. Zu diesem Zeitpunkt war an regulären Unterricht nicht mehr zu denken gewesen, so dass die Kinder schlieÃlich nach Hause geschickt wurden.
»Und was machen wir jetzt?«, fragt Jesus. »Ich habe noch zwei Stunden Zeit, bis mich Erbses Eltern zurück erwarten.«
»Jetzt fängt unsere Mission erst richtig an!«, sagt Gott bestimmt. »Auf zu Erwin und Rita!«
Kurz bevor sie in »ihrer« StraÃe ankommen, hält Gott seinen Sohn am Jackenärmel zurück. »Da, schau!«, raunt Er ihm ins Ohr. Der Mann, der in einiger Entfernung die StraÃe überquert, ist eindeutig Erwin. »Ich muss hinterher«, wispert Gott aufgeregt und renn t los.
»Und was ist mit mir?«, ruft Jesus ihm nach, aber sein Vater hört ihn schon nicht mehr. Jesus schlieÃt Erbses Fahrrad an einem Verkehrsschild an. Gut, wenn der Alte hinter Erwin her ist, muss ich mich eben um Rita kümmern, denkt er und geht auf das Haus mit der Kneipe zu. Vor der Tür angekommen, betrachtet er die Klingelschilder. Nirgends steht »Erwin« oder »Rita«, stattdessen hat er die Wahl zwischen »Schulze«, »Müller«, »Yilmaz« und »Ravenstein«. Unschlüssig lässt er die Spitze von Erbses Zeigefinger über den Klingelknöpfen schweben. In dem Moment wird die Kneipentür geöffnet, die sich neben dem Haupteingang des Hauses befindet, und Rita tritt heraus, einen Besen in der Hand.
»Hallo, Möhre«, sagt sie überrascht, »zu wem möchtest du denn?«
Jesus dreht sich so schnell herum, dass er mit Erbses Schulranzen auf seinem Rücken an der Hauswand entlangschabt. »Erbse!«, sagt er und schenkt Rita ein Lächeln, während er fieberhaft überlegt, welchen Grund er für diesen Besuch angeben soll.
Rita lächelt ebenfalls. »Erbse, natürlich! Entschuldige bitte«, sagt sie und streicht sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Ich bin manchmal ein bisschen vergesslich.«
Jesus winkt ab.
Rita legt den Kopf schief. »Also, kann ich dir weiterhelfen?«, fragt sie freundlich und weist mit dem Kinn auf die Klingelschilder.
»Tjaaa«, sagt Jesus gedehnt, »eigentlich wollte ich genau zu dir!«
Rita zieht erstaunt die Augenbrauen hoch. »Ach so?«
»Ja«, entgegnet Jesus, »ich wollte dich nämlich fragen, ob â ich meine, weil â¦Â« Kurz entschlossen zeigt er auf die Kneipe. »Es ist nämlich so, wir sollen für die Schule einen Aufsatz über unsere Nachbarn schreiben, und ich will gerne über dich und deine Kneipe schreiben.«
Rita hebt den Besen an, den sie in der Hand hält. »Ich wollte gerade die StraÃe fegen«, sagt sie. »Aber so wie es ausschaut, wird es sowieso gleich regnen. Also komm doch rein und schau dir den Laden an!« Sie macht eine einladende Geste zur Kneipentür, und Jesus folgt ihr. Kurz darauf sitzt er auf einem wackeligen Barhocker an der Theke und schlürft Apfelsaft aus einem Bierglas.
»Das ist also mein Reich.« Rita lächelt wehmütig, während Jesus seinen Blick über die Holztische schweifen lässt, über den fleckigen Steinboden und die Flaschen im Regal hinter der Theke.
»Bisschen dunkel hier«, stellt Jesus fest.
Rita nickt. »So war der Laden
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