Der heilige Schein
sogar seine Pflicht.«
Seit der Diskussion über die kirchlichen Missbrauchsskandale und die in diesem Zusammenhang geäußerten Thesen Kardinal Bertones und anderer Bischöfe setzt man in den kreuz.net-Artikeln Homosexualität und Pädophilie systematisch gleich. Offenbar hofft man, über diesen semantischen Trick doch noch breitere Unterstützung für die eigene extreme Homophobie zu finden, die bei weniger als fünf Prozent der westlichen Welt auf Einverständnis stoßen dürfte.
Lustvolles Entsetzen
Betrachtet man die auf kreuz.net publizierten Artikel zum Thema Sexualität, stellt man fest, dass die Macher der Seite auf geradezu pubertäre Art und Weise irgendwo zwischen Faszination und Ekel zu schwanken scheinen. Sehr anschaulich zeigen dies die vielen Details über diverse Sexualpraktiken, die man voyeuristisch ausbreitet. So wurde am 7. März 2007 in aller Ausführlichkeit aus dem Interview mit einem Schauspieler zitiert, in dem es hieß: »Ich war noch nie in einem Darkroom und habe mir immer vorgestellt, dass es nur ein dunkler Raum ist. Tatsächlich ist dieser Darkroom wie ein kleines Labyrinth, und in Schwanzhöhe sind überall in die Wände Löcher gebohrt.« Mehr als drei Jahre später suhlt man sich noch immer genüsslich im Verbotenen. So hieß es am 25. August 2010 in einem Artikel über das »wahre Gesicht der staatlich hofierten Homo-Schweinereien«: »Dann muss die unschuldige Zahnbürste daran glauben. Sie soll als Werkzeug zur Sodomisierung herhalten. Der Entartung nicht genug: Selbst Zahnpasta wird von manchen gerne als Schmiermittel verwendet: Colgate-Fans schwören auf den kühlen und leicht brennenden Effekt. Letzterer ist ein Vorgeschmack auf die für die Homosexuellen bestimmte Endstation.«
Auch die zahlreichen, oftmals von Nachrichtenagenturen oder anderen Internetseiten gestohlenen Fotografien, die spärlich bekleidete Menschen auf CSD-Umzügen zeigen und die meisten »Homo-Unzuchts«-Beiträge der »frommen« Seite gleich als ganze »Photomeile« schmücken, sprechen für sich.
Die redaktionellen Kommentare unter den Fotos bilden den Gipfelpunkt klerikaler Bigotterie: »Ein Bild des Menschen, der zum geschändeten Sklaven seiner unbeherrschten Triebe geworden ist« (25. 3. 2008), oder: »Der Bademeister führt seit Jahren ein Doppelleben zwischen Familie und finsteren Homo-Höhlen in Hamburg« (7. 3. 2007), oder: »Perversions-Priester Paul zwischen zwei widernatürlichen Prostituierten in einer Homo-Hölle in Rom« (23. 7. 2010). Teils erinnert das an die Titel von Billigpornos, teils an die seufzenden Kommentare von alten Damen, die sich am Rande eines FKK-Strandes niedergelassen haben, von dort aus mit einem Opernglas alles ganz genau beobachten und mit lustvollem Entsetzen kommentieren. Mit jenem moralischen Entsetzen, das jedem Kundigen die stille Trauer verrät, nicht an dem Treiben teilhaben zu dürfen.
Wie bereits angedeutet, hat man bei kreuz.net eine besondere Vorliebe für den Islamismus, in dem man den wichtigsten Kampfgefährten gegen das Weltjudentum, den »Blut- und Homopräsidenten« der Vereinigten Staaten und die westliche Dekadenz sieht. Immer wieder werden einschlägige Reden des iranischen Diktators Ahmadinedschad in Übersetzung publiziert oder Beiträge von der bereits erwähnten Seite muslim-markt.de übernommen. Unter den Autoren der nicht anonym veröffentlichten kreuz.net-Beiträge sind ein wegen Volksverhetzung Verurteilter und ein Mann, der sich als österreichischer »Pornojäger« bezeichnet, sowie »Deutschlands führende Homophobe« (so das Urteil des Historikers und Publizisten Hans-Georg Stümke über die betreffende Dame).
Aber auch so manche Persönlichkeit aus dem Düsseldorfer Herrenabend-Netzwerk taucht hier als Autor wieder auf, manche sogar unter ihrem Klarnamen. Selbst Tote lässt man als Autoren wiederauferstehen. So brachte kreuz.net im Januar 2009 eine Rede Heinrich Himmlers, in der dieser die massenhafte Vernichtung der Juden als Notwehr des deutschen Volkes zu rechtfertigen sucht. Solche Artikel geben, ausgestattet mit bestimmten Signalen, jeweils den Anstoß für die Leser, im Forum völlig unkontrolliert ihre Meinungen zu posten. Gelöscht wird in diesem Bereich von der Redaktion fast nur Kritik an Persönlichkeiten und Organisationen aus dem rechtskatholischen Spektrum. Besonders auffällig ist dabei, dass Lesermeinungen , die sich kritisch zur »Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum« (TFP)
Weitere Kostenlose Bücher