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Der heimliche Rebell

Der heimliche Rebell

Titel: Der heimliche Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Ihre Stimme klang dünn und spröde. „Während der Rückreise zur Erde habe ich vier Tage Zeit gehabt, über alles nachzudenken. Als ich begriff, daß du verschwunden warst, bin ich dir gefolgt. Ich… habe zuerst wirklich geglaubt, du würdest zum Haus zurückkommen. Wunschdenken… es war so verdammt nett und anheimelnd.“ Plötzlich stieß sie wütend hervor: „Du blöder Bastard!“
    Allen blickte auf seine Uhr und sah, daß Harry Priar frühestens in weiteren zehn Minuten da sein würde. Vielleicht setzte er jetzt gerade den Splitter rückwärts auf das Dachlandefeld der Agentur hinaus.
    „Was wirst du mit mir tun?“ sagte Gretchen.
    „Dich irgendwo hinfahren und abladen.“ Er fragte sich, ob Gates wohl helfen konnte. Vielleicht war es ja möglich, sie auf Hokkaido festzusetzen. Aber die Entscheidung darüber lag letztlich nicht bei ihm. Deren Bier. „Seid ihr nie auf die Idee gekommen, es könnte mir gegenüber ein bißchen unfair sein?“ sagte er. „Ich bin zu euch gekommen, weil ich Hilfe suchte; ich habe in gutem Glauben gehandelt.“
    Gretchen starrte auf den Boden. „Mein Bruder ist verantwortlich. Ich wußte vorher nicht Bescheid; du drehtest dich gerade in der Tür um, um zu gehen, und dann kipptest du auch schon um. Er hat dich mit einer Gaspatrone betäubt. Jemand wurde damit beauftragt, dich zur Anderen Welt zu befördern; eigentlich hatten sie vor, dich im Frachtraum dorthin zu verschiffen, in kataleptischer Starre. Ich… hatte Angst, daß du dabei sterben könntest. Es ist riskant. Darum habe ich dich begleitet.“ Sie hob den Kopf. „Ich wollte es. Es war schrecklich für mich, mitmachen zu müssen, aber das Unglück war so oder so passiert.“
    Das Gefühl der Feindseligkeit in ihm ließ nach, weil das sehr wohl die Wahrheit sein mochte. „Du bist ein Opportunist“, murmelte er. „Die ganze Angelegenheit war raffiniert. Besonders die Partie, als das Haus sich auflöste. Was ist das für ein Klecks auf meinem Gramm?“
    „Mein Bruder rätselt schon seit dem Augenblick daran herum, als es ihm in die Finger fiel. Er hat es nie herausgebracht, und der Dickson auch nicht. Irgendeine psionische Begabung. Präkognition, denkt er. Du hättest die Statue geschändet, um deine Liquidation durch die Kohorten zu verhindern. Er glaubt, die Kohorten töten alle Leute, die zu hoch aufsteigen.“
    „Denkst du das auch?“
    „Nein“, sagte sie, „weil ich weiß, was der Klecks bedeutet. In deinem Geist ist etwas, das keiner sonst hat. Aber Präkognition ist es nicht.“
    „Sondern?“
    Gretchen sagte: „Du hast Humor.“
     
    Im Büro war es still. Allen mußte diese Eröffnung erst einmal verarbeiten, und Gretchen saß einfach nur da und glättete ihren Rock.
    „Mag sein“, sagte Allen schließlich.
    „Und Humor ist unvereinbar mit MoRes. Oder mit uns. Du bist kein ,Mutant’; du bist einfach nur ein ausgeglichener Mensch.“ Ihre Stimme gewann an Kraft. „Die Schändung, alles, was du getan hast. Du hast bloß versucht, in einer aus der Balance geratenen Welt wieder eine Balance herzustellen. Und das ist etwas, das du nicht einmal vor dir selbst zugeben kannst. An der Oberfläche glaubst du nämlich an die MoRes. Aber darunter, da ist dieser Klecks, dieser unreduzierbare Kern, der grinst und lacht und als Spottdrossel seine Possen spielt.“
    „Kindisch“, sagte er.
    „Nicht im geringsten.“
    „Danke.“ Er lächelte zu ihr hinunter.
    „Das ist so ein verdammter Schlamassel.“ Aus ihrem Täschchen holte sie ein Taschentuch, wischte sich damit die Augen und stopfte es dann fahrig in ihre Manteltasche. „Du hast diesen Posten bekommen, Direktor von Telemedia, der oberste Wahrer der Moralität. Hüter der öffentlichen Ethik. Du erschaffst diese Ethik. Was für eine verdrehte, wirre Situation!“
    „Aber ich möchte diesen Posten haben.“
    „Ja, deine ethischen Normen sind sehr hoch. Aber es sind nicht die ethischen Normen dieser Gesellschaft. Die Blockversammlungen – du verabscheust sie. Die gesichtslosen Ankläger. Die Pimpfe – die zweibeinigen Spürhunde. Diesen bewußtlosen Kampf um Mietkontrakte. Die Ängste. Die Anspannung und den ständigen Druck; schau dir Myron Mavis an. Und die Obertöne von Schuld und Mißtrauen. Alles wird dadurch – befleckt. Die Furcht vor der Ansteckung; die Furcht, eine anstößige Handlung zu begehen. Sex ist krankhaft; Leute werden dafür verfolgt, daß sie sich ihrer Natur gemäß verhalten. Dieses ganze Gebäude ist wie eine

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