Der Heiratsantrag - Almost a Bride
entschieden. »Hier gibt es niemanden, der ihre Stelle einnehmen könnte.«
Er strich über ihren Rücken, bis seine Hand auf ihrer Kehrseite unter dem dünnen Batist des Hemdes innehielt. »Niemanden?«
»Du nimmst deine Stelle ein«, sagte sie. »Und Meg die ihre.«
Und du hast Lilly. Dieser Gedanke lauerte im Hintergrund. Ich brauche Meg.
»Morgen will ich ihm schreiben«, versprach Jack mit den Falten ihres Hemdes kämpfend.
Eine Woche später betrat Jack an einem feuchten Nachmittag sein Haus und schüttelte Regentropfen von seinem hohen Zylinder. Er hielt in der Halle inne und lauschte mit gefurchter Stirn dem erregten Stimmengewirr, das aus dem Salon drang. Nach der Sprache zu schließen, die durch die offenen Türen zu hören war, hatte Arabella eine ihrer Zusammenkünfte mit den französischen Emigranten. Sie hat nicht lange gebraucht, um sich ihre eigene Sphäre zu schaffen, überlegte Jack, und seine Stirnfurchen wurden tiefer. Dass sich die Elite der Whigs vornehmlich in ihrem Salon und an ihrem Esstisch traf, war ganz natürlich, da ihr Mann zu den führenden Persönlichkeiten dieses Kreises gehörte, doch die innige Hingabe, mit der sie sich um die Emigrantengemeinde kümmerte, hatte mit Jack nichts zu tun.
Diese Hingabe war es, die ihn beunruhigte. Sie sammelte Spenden, bettelte und flehte in ganz London um Unterkünfte, Arbeit und ärztliche Hilfe. Er war ziemlich sicher, dass sie aus eigenen Mitteln großzügig beisteuerte. Die wachsende Gemeinde elender Flüchtlinge hatte die Stelle der Leuteauf dem Land eingenommen, denen ihre Fürsorge früher gegolten hatte. Obschon es ihm Sorge bereitete, dass sie sich bis in die Elendsviertel wagte, konnte er verstehen, dass sie es tun musste. Was er freilich nicht verstand, war die Hingabe, mit der sie sich ebenso fürsorglich der Gemeinde aristokratischer Flüchtlinge annahm.
Diese Menschen, die sich in seinem Salon drängten, ihr Los beklagten, die schrecklichen Zustände in ihrer Heimat beschrieben, die ungastliche Haltung der Engländer rügten, von denen offenbar erwartet wurde, sie würden sie aufnehmen und versorgen, erfüllten ihn mit Bitterkeit und Abscheu, da diese Menschen immerhin ihr Leben gerettet hatten, während Tausende ihrer Standesgenossen der Guillotine zum Opfer gefallen waren. Die Flüchtlinge mochten ihre privilegierte Existenz eingebüßt haben, doch sie waren am Leben und atmeten die Luft eines freien Landes. Dennoch konnten sie nur jammern und klagen.
Stand ihm das blutige Gemetzel im Hof von La Force vor Augen, die beladenen Schinderkarren, die blutige Klinge, sahen sie nur ihre schönen Schlösser in den Händen des Pöbels, ihre eleganten Pariser Palais in Trümmern. Den Verlust von Vermögen, Ländereien, Juwelen, großer Privilegien beklagend verschwendeten sie kaum einen Gedanken an jene, die zurückgeblieben waren und es mit dem Leben bezahlt hatten.
Er wusste, dass dies nicht auf alle zutraf. Viele arbeiteten unermüdlich daran, ihren Landsleuten zur Flucht zu verhelfen. Dennoch fand er es unerträglich, dass sie lebten und Charlotte tot war.
Da er es kaum aushielt, mit ihnen in einem Raum zu sein, ging er ganz leise zur Treppe, in der Hoffnung, einer unangenehmen Situation zu entgehen. Eben als er den Fuß auf die unterste Stufe setzte, stürzten die Hunde aufgeregt bellendaus dem Salon und sprangen an ihm hoch, dass ihre Pfoten seine Rockschöße berührten.
»Fort mit euch, ihr Teufel«, sagte er und schob sie von sich. »Ich begreife nicht, warum ihr glaubt, ich würde mich über das Wiedersehen so freuen wie ihr. Ich kann euch nicht ausstehen.«
Sie sahen ihn mit einem Ausdruck an, als grinsten sie, und wedelten heftig, während Anbetung aus ihren Augen leuchtete.
»Dachte ich mir’s doch, dass du es bist«, sagte Arabella von der Tür her. »Eine so stürmische Begrüßung wird sonst niemandem zuteil.«
»Sie sind fälschlich der Meinung, dass ich sie mag«, sagte Jack und strich Schmutz von seinem Rock. »Inzwischen hätten sie es begreifen müssen.«
Sie lächelte spöttisch, den Kopf schräg legend. »Du kannst sie keinen Moment hinters Licht führen. Möchtest du nicht kommen und unsere Gäste begrüßen? Der Marquis de Frontenac fragte schon nach dir.«
Er konnte sich nicht weigern, Gäste in seinem Haus zu begrüßen. »Ich wollte mich umkleiden.« Er drehte sich um. »Aber es muss auch so gehen.« Er folgte ihr in den Salon.
Arabella goss Tee für eine Gruppe von Damen in einer Ecke des Salons
Weitere Kostenlose Bücher