Der Heiratsantrag - Almost a Bride
Pöbel die Schinderkarren, die über das Kopfsteinpflaster zur Guillotine auf den Place de la Batille holperten. Das alte Gefängnis selbst war nur mehr ein Trümmerhaufen, den die johlende Menge erklomm, um die Hinrichtungen besser sehen zu können. Das ununterbrochene Geräusch des Fallbeils, Ekel erregend, wenn es Knochen durchschnitt, der weiche Plumps, wenn der abgetrennte Kopf in den wartenden Korb fiel, konnte nur von jenen wahrgenommen werden, die nahe an dem blutbespritzten Gerüst standen.
Jack trug die Kleidung der Sansculotten, an der Mütze die Trikolore, als er sich den Weg durch das Gedränge bahnte, fort von der Guillotine, zum Rand des Platzes hin. Niemand schenkte ihm Beachtung, niemandem fiel auf, dass dieser Sansculotte ein Engländer war, der täglich kam, um den Tod von Freunden und Bekannten zu vermerken und verängstigte Angehörige und Freunde, die verzweifelt auf Nachrichten warteten, davon in Kenntnis zu setzen. Er war vom Pöbel nicht zu unterscheiden, als er sich durchkämpfte, um dem Blutgeruch zu entgehen. Die Luft war noch immer schwer von Schweiß, Zwiebeln, schalem Wein, doch das Blut roch er nicht mehr.
Sein Blick fiel auf drei Angehörige der securité in einer Ecke des Platzes. Einer der Männer, die bei ihnen standen, war ein modisch gekleideter, jedoch sichtlich ramponierter Herr – die gepuderte Perücke war verrutscht, die Spitze an den Manschetten zerfetzt, das gefältelte Halstuch heruntergerissen. Der Grund war leicht zu erkennen. Einer der Männer der securité hielt eine Smaragdnadel hoch und lachte mit seinen Kameraden, während sie den Mann zum Blutgerüst stießen und drängten.
Jack, der die Szene ausdruckslos beobachtete, empfand den Griff des kleinen, unter seiner schäbigen Jacke versteckten Degens als beruhigend. Der Gefangene war Engländer, also keines der üblichen Opfer der securité. Die meisten der in dieser schlimmen Zeit in Paris weilenden Briten benahmen sich unauffällig und mieden die Straßen. Vor allem prunkten sie nicht mit Smaragden und gingen nicht in Samt und Seide einher. Nur ein Narr, ein durch und durch arroganter Narr, würde sich einer solchen Gefahr aussetzen. Und Frederick Lacey, Earl of Dunston, war ein solcher Narr, war es immer schon gewesen. Was immer ihn nach Paris geführt haben mochte, er hatte sicher nichts Gutes im Sinn.
Wenn er nun versuchte, den Gefangenen zu retten, würde er gewiss mit ihm den Tod erleiden, überlegte er mit kühler Berechnung. Es war nichts damit gewonnen, wenn beide ihr Leben lassen mussten, wenn auch eine gewisse Ironie darin gelegen hätte. Er trat einen Schritt auf die Gruppe zu, und der Gefangene sah ihn mit wildem Blick direkt an. Erkennen blitzte in seinen Augen auf. Kein Wunder, dachte Jack. Man würde denjenigen immer erkennen, der einen, wenn auch gut verkleidet, schon einmal fast getötet hätte.
Dunston wand sich im Griff seiner Henker und fing wild mit den Armen gestikulierend zu reden an. Er schien ihre Aufmerksamkeit geweckt zu haben, da sie von ihren Bemühungen abließen und ihn mit Fragen bombardierten. Dann drehten sie sich um und schafften ihn vom Platz, wobei sie ihn noch immer an den Ellbogen festhielten.
Jack glitt unauffällig in die nächste Gasse. Was immer Dunston gesagt hatte, es hatte ihm eine letzte Gnadenfrist verschafft, und er selbst musste anderswo in der Stadt etwas erledigen.
Bei Einbruch der Dämmerung kehrte er ins Marais zurück, in die enge Gasse, in der der Weinhändler seinen Laden hatte. Die Tür war verschlossen und verriegelt, die Fensterbalken geschlossen. Er blieb kurz stehen und richtete den Blick auf die Ladenfassade, während er die kalte Hand der Furcht an seinem Herzen spürte. Dann blickte er hinauf zu dem winzigen Dachfenster. Auch dieses war mit Balken verschlossen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Gasse schlug eine Tür, er drehte sich blitzartig um. Eine Alte in schwarzer abgetragener Witwentracht stand da und beobachtete ihn. Er näherte sich ihr langsam, und sie glitt durch die schmale Tür ins Hausinnere. Er folgte ihr in den dunklen Gang.
»Madame, qu’est-ce qui se passe?«
Sie rang die gichtigen Hände, als sie schilderte, wie Leute von der securité mit einem Mann in der Weinhandlung erschienen waren und wie man alle im Haus abgeführt hatte. Auch die Frau.
Jack schlug die Augen auf, als die Szene verblasste und der Blutgeruch, der ihm so stark in Erinnerung geblieben war, dass er ihn fast zu spüren vermeinte, sich
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