Der Heiratsantrag - Almost a Bride
hatte.
Jack mietete an der Ecke des Cavendish Place eine Sänfte. »Mount Street«, sagte er beim Einsteigen zu den Trägern. Er lehnte sich zurück und klopfte mit finsterer Miene auf den Griff seines Degens. Wirklich zu dumm, dass er Lilly heute aufsuchen musste. Aber einfachste Höflichkeit, geschweige denn Loyalität, gebot, dass er sie nicht im Ungewissen ließ. Von seiner Heirat hatte er ihr geschrieben, ohne ihr Einzelheiten mitzuteilen. Sie würde wissen, dass er wieder in London war – nach seinem Auftauchen bei Brooke’s wüssten es alle – und ihn erwarten.
Die Sänftenträger hielten vor einem hohen Haus mit Doppelfront an. Schwarze Eisengeländer begleiteten die kurze, aus glatt geschliffenen Stufen bestehende Treppe zur Haustür. Jack bezahlte die Träger und blickte einen Moment an der Fassade hoch, ehe er die Stufen hinaufschritt. Die schweren Vorhänge an den hohen Fenstern des Salons im ersten Stock bewegten sich leicht, eine schemenhafte Gestalt war hinter der Scheibe zu ahnen. Lilly war zu Hause.
Er erstieg die Treppe und hob den schweren Türklopfer aus Messing. Der Diener, der öffnete, verbeugte sich beim Anblick des vertrauten Besuchers. »Ihre Ladyschaft ist anwesend, Euer Gnaden.«
Der Butler trat vor, um ihn zu begrüßen, Jack aber winkte ihn beiseite und ging durch die Halle zur Treppe. »Ich melde mich selbst an.« Der Mann trat zurück. Seine Gnaden St. Jules war im Haus des Earl of Worth ein Gast, der auf Förmlichkeit verzichten durfte.
Die Countess of Worth saß auf einem Sofa mit Brokatbezug, als ihr Besucher eintrat. Sie war für einen Abend zu Hause leger gekleidet und trug ein lockeres Seidennegligee und ein zartes Spitzenhäubchen auf ihren gepuderten Locken. Es sah aus, als hätte sie gelesen, Jack ließ sich davon ebenso wenig täuschen wie von ihrer zwanglosen Aufmachung. Lillyhatte Stunden an ihrem Toilettentisch verbracht, um ihr gegenwärtiges reizvolles Erscheinungsbild zu schaffen.
Sie blickte von ihrem Buch auf und ließ den Finger zwischen den Seiten. »Ach, Jack, wie nett«, sagte sie lächelnd. »Das nenne ich eine Überraschung.«
»Unsinn«, erwiderte er mit der Andeutung eines Lächelns, als er über den üppigen Orientteppich zum Sofa ging. »Du wusstest, dass ich heute kommen würde.« Sie streckte ihm die Hand entgegen, die er ergriff, um einen leichten Kuss auf die Fingerspitzen zu drücken. Sie festigte den Händedruck und zog Jack an sich. Er küsste ihren Mund, doch es war ein leichter, freundschaftlicher Kuss und nicht die leidenschaftliche Umarmung, die sie herausgefordert und erwartet hatte.
Er richtete sich auf, ohne ihre Hand loszulassen. In seinen Augen lag trotz des Lächelns ein leichter Schatten. »Du bist vollkommen wie immer, teuerste Lilly. Die neue Frisur steht dir hervorragend.«
»Jack, du bist nicht gekommen, um mir Komplimente zu machen«, sagte sie. Eine winzige Falte zeigte sich zwischen ihren säuberlich gezupften Brauen.
»Es ist unmöglich, dir keine Komplimente zu machen, Lilly«, erklärte er galant und gab ihre Hand frei. Er beugte sich vor und strich die Linien auf ihrer Stirn mit dem Zeigefinger glatt. »Runzle nicht die Stirn, meine Liebe. Du wirst doch keine Fältchen wollen ... sie machen alt.«
Trotz ihrer Enttäuschung wegen seiner mangelnden Leidenschaft entspannte sie ganz bewusst ihre Stirn und ließ die Falten verschwinden. »Du bist jetzt also ein verheirateter Mann«, sagte sie, um einen unbekümmerten Ton bemüht. »Ich hatte eigentlich nicht erwartet, dass du dich dem Ehejoch beugen würdest. Tatsächlich glaubte das wohl niemand.«
Er zog seine Tabaksdose aus der Tasche und bemerkte leise: »Der Ehe entgeht kein Mann.« Er nahm eine Prise und griff mit der freien Hand nach ihrem Handgelenk, drehte es um und ließ die Prise auf ihre blau geäderte Haut fallen. Dann führte er ihr Gelenk an seine Nase und sog das feine, duftende Pulver ein. Es war eine Geste, die die Intimität eines Geliebten verriet und Lilly beruhigte. Sie hatte unter der leisen, kaum wahrnehmbaren Angst gelitten, er wäre gekommen, um ihre Beziehung zu beenden.
Beiläufig fragte sie: »Hast du deine Frau nach London gebracht?«
»Ja, sie ist im Moment am Cavendish Square.« Er ging zum Kamin und blieb mit dem Rücken zum Feuer stehen. »Nun, und wie steht es mit dir? Wie geht es Worth?«
»Ach, er ist so langweilig wie immer.« Sie warf ihr Buch zu Boden, als werfe sie den unglücklichen Earl beiseite. »Er ist so schwierig, was
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