Der Heiratsspezialist
mehr im Hotel ›Bellevue‹ am Rhein einkehren.
Zwölf Tage später flog Sandra Meyer mit einer Reisegesellschaft nach New York. Drei Wochen Weltstadt, hieß das Programm. Beachtlich, was eine Frau für drei Wochen alles mitnehmen muß. Bei Sandra waren es drei schwere Koffer; für das Übergewicht bezahlte sie fast 600 Mark extra.
Das Visum hatte sie fast automatisch bekommen. Die Reisegesellschaft hatte einfach ihren Paß mit den anderen Pässen eingereicht. Wer kannte Sandra Meyer, wer wollte ihr verwehren, drei Wochen New York zu genießen?
Bob war einen Tag vorher abgeflogen. In Las Vegas wußte man von alledem nichts. Das Hotel, in dem Bob gewohnt hatte, gab Brass, der besorgt anrief, die Auskunft: »Mr. Brook ist schon vor fünf Tagen abgereist.« Bob – ein Mann, der behaupten konnte, es gäbe mehr als sieben Himmel, wohnte in diesen Tagen mit Sandra in einem anderen Hotel.
In Las Vegas breitete sich Panik aus. Bob seit fünf Tagen unauffindbar. Keine Nachricht! Kein Hinweis! Jenny heulte, sobald man sie nur ansprach, und Harry, der Cowboy-Vetter, lief mit der Miene eines Filmbösewichts herum und verkündete: »Wenn Bob jetzt kommt, zerstückle ich ihn!«
»Endlich!« sagte Sandra, als sie nach Paß- und Zollkontrolle Bob umarmte und küßte. »Du siehst blaß aus, Liebling. Noch immer Kummer?«
»Eine Schnellheirat ist nur in Las Vegas oder Reno möglich.« Bob winkte der Reiseleiterin ab, die schon mehrmals fordernd gerufen hatte: »Alle Reisenden von ›Unity-Tour‹ bitte zum Bus kommen. Bitte beeilen.« Er faßte Sandra unter und zog sie, verfolgt von den empörten Blicken der Reiseleiterin, zur anderen Seite weg. »Las Vegas ist unmöglich. Also bleibt uns nur Reno. Wir fliegen übermorgen ins Heiratsparadies!«
»Einverstanden, aber wir machen Station in Las Vegas.«
»Warum denn das?«
»Ich will erst Jenny sehen …«
»Um Himmels willen!« Bob starrte Sandra entsetzt an.
»Sie stört mich!« sagte Sandra bestimmt. »Wenn ich heirate, möchte ich keinen Schatten neben mir haben …«
Obwohl auf den beiden Flughäfen in Las Vegas täglich Tausende von Menschen ankommen und abfliegen, kann es mitunter geschehen, daß Einzelpersonen erkannt werden. Zum Beispiel von dem Kellner Josuah Knox, einem Schwarzen mit Boxerfigur, der in der Airport-Bar II bediente und damals, als Bob Brook noch der berühmte Heimkehrer aus Kidnapping-Gefangenschaft war, von ihm ein Autogramm bekommen hatte. Es hatte zwar inzwischen keinen Wert mehr, blieb aber in Knox' Autogrammsammlung, in der keine Las-Vegas-Größe fehlte – sogar der menschenscheue Howard Hughes war vertreten.
Josuah Knox erkannte Bob sofort, wunderte sich, daß keiner ihn abholte, er musterte die rotblonde Schönheit an seiner Seite und hielt es für seine Pflicht, Sheriff Brass anzurufen.
Knox hatte keine Ahnung, was er mit diesem Anruf auslöste. Allen Brass gab internen Alarm, rief McDolland und de Trajano in sein Office und ließ dann amtlich bei allen Hotels nachfragen, ob ein Bob Brook oder ein Mann anderen Namens in Begleitung einer auffällig hübschen deutschen Frau mit rotblonden Haaren sich angemeldet habe. Er wußte, daß diese Umfrage sinnlos war und daß hier auch seine Vertrauensleute, die Hotelportiers, versagen würden, weil der Strom der Las-Vegas-Touristen nie abriß und sich in diesen Tagen gewiß mehrere rotblonde deutsche Frauen in der Stadt aufhielten. Es war unmöglich, sie alle einzukassieren und zum Verhör ins Sheriff-Office zu bringen.
Zu Hause im Ice-Saloon war Bob noch nicht eingetroffen. Ein Anruf bei Jenny bestätigte dies. Sie war bester Laune und hatte gerade alle Hände voll zu tun; Brass hörte Stimmengewirr im Telefon.
Zwei Reisebusse waren ausgerechnet vor Bobs Saloon abgebremst worden, und die Fahrgäste labten sich an Eistorten und Spezialbechern. Cowboy Harry Sandler sang Countrylieder zur Laute, was vor allem den Damen gefiel.
Natürlich war ein Trick dabei. Direkt vor Bobs Ice-Saloon hatte man ein Stoppschild aufgestellt und einen Umleitungspfeil, was soviel hieß: Straße vorübergehend gesperrt und Umkehr bis zur nächsten Abzweigung. Ehe die Busse, die eine lange, heiße und staubige Wüstenfahrt hinter sich hatten, mühsam wendeten, drang die riesige Eiswaffelreklame auf dem Dach tief ins Gemüt der schlapp in ihren Sitzen hängenden Reisenden. Trotz Aircondition ist so eine Fahrt durch Nevadas Wüste, über einen Highway mit hitzeweichem Asphalt und vorbei an flimmernden Salzseen, immer
Weitere Kostenlose Bücher