Der Heiratsspezialist
Speerwerfen.«
»Das genügt!« Bob hob beide Hände wie zur Abwehr. »Bubelatz nahm wenigstens noch seine Hände … mit einem Speer möchte ich absolut nichts zu tun haben! Sandra, studieren Sie Geologie und analysieren Sie Erdschichten! Las Vegas ist nichts für Sie!«
»Wo eine Jenny leben kann, müßte auch Platz für mich sein, Bob!«
»Eben nicht!« Er nahm ihren Arm und blickte auf die Armbanduhr. »Wir kennen uns jetzt achtundsechzig Minuten! Und schon reden wir von Zukunft! Dieses Tempo übertrifft alles! Sandra, ich bitte Sie: Gucken Sie weiterhin zu, wie Friedhelm seinen Speer wirft, und vergessen Sie diesen Bob Brook aus Las Vegas. Vielleicht hilft Ihnen das: Ich bin ein Spezialist, der mit Heiraten Geld verdient!«
»Das weiß ich doch! Und Sie lieben dieses Superweib Jenny!«
Bob sah sie nachdenklich an. Ihr Haar glänzte unter der Tiffanylampe, ihr Gesicht war wie ein Ausschnitt aus einem Gainsborough-Gemälde. Sie anzuschauen war ein Erlebnis.
»Ich war bisher der Ansicht. Jenny ist wie ein warmes Kuscheltierchen.«
»Friedhelm hat eine große Karriere vor sich.«
»Verständlich, wenn er alle Arztkollegen, die ihm im Weg stehen, mit dem Speer aufspießt.«
»Er ist der friedfertigste Mensch, den ich kenne. Aber ehrgeizig. Er will sich mit einer Arbeit über maligne Melanome habilitieren.«
»Sie lieben den germanischen Speer?«
»Ich mag ihn. Liebe ist das nicht unbedingt. Wenn man liebt, will man zusammenbleiben. Sehen Sie, Bob – ich könnte mich von Friedhelm trennen, weil ich an einen Eissalon in Las Vegas denke. Ist das Liebe?«
»Der Sekundenmensch!« sagte Bob. »Wie er leibt und lebt. Trotzdem, Sandra … sehen Sie auf die Uhr!«
»Wir kennen uns jetzt eine Stunde und zweiundzwanzig Minuten!«
Sie wußte genau, was er sagen wollte. »Ich habe Ihnen schon gesagt: Ich bin ein verrücktes Huhn! Ich pfeife auf die sogenannte bürgerliche Vernunft. Ich setze mir jetzt in den Kopf: Las Vegas! Eissalon. Jenny. – Das ist ein volles, verlockendes Programm!«
»McDolland hatte recht«, sagte Bob und blickte in seine leere Kokosnußhälfte.
»Wer ist McDolland?«
»Pfarrer der Kirche ›Der flammende Rosenkranz‹ in Las Vegas.«
»O Gott!«
»Er sagte: ›Bob, wenn man mit Träumen Geld verdienen könnte, wärst du Millionär.‹«
»Das ist eine Idee!« sagte Sandra trocken. »Bob, das ist phantastisch!«
»Was?«
»Mit Träumen Geld verdienen … das kann man!«
»Sandra! Sie drehen durch!«
»Ich habe Psychologie studiert, Bob! Ich kann Bilder aus dem Unterbewußtsein deuten! Ein Traumdeutungs-Studio … das gibt es in Las Vegas noch nicht! Das ist eine Marktlücke! Und ihr Amerikaner macht ja jeden absurden Blödsinn mit! Bob, das ist überhaupt die Idee: Ein Traumdeutungs-Studio in Las Vegas unter der Leitung der Psychologin Sandra Brook …«
»Da mache ich nicht mit, Sandra! Das mache ich auf keinen Fall mit!«
»Wir sollten darüber nachdenken, Bob«, erwiderte Sandra unbeirrt. »Das Geld liegt herum, man braucht sich nur zu bücken. Warum bücken wir uns nicht?«
»Sie haben das doch gar nicht nötig, bei 1.600 Schraubendrehern!«
»Die Fabrik erbt mein älterer Bruder, ein trockener Jurist und typischer Unternehmer. Er hat mir schon die Auszahlung angedroht.« Sie beugte sich über den Tisch. Ihre blauen Augen strahlten und brannten jeden Widerstand nieder. »Bob – lassen Sie uns das in aller Ruhe überlegen. Zunächst regle ich das mit Friedhelm.«
»Sandra! Bitte nicht! Ich flehe Sie an!«
Es half nichts. Nach knapp drei Stunden fuhr Sandra Meyer nach Hause. Bob brachte sie vors Hotel, sah ihren schnittigen Sportwagen, küßte ihr die Hand und wußte, daß er wahnsinnig sein mußte, wenn er nicht morgen in aller Frühe nach Frankfurt fahren würde und dann mit dem ersten Jumbo hinüber nach New York. Aber er blieb. Er stand oben in seinem Zimmer vor dem Spiegel, glotzte sich an, tippte sich an die Stirn und sagte immer wieder:
»Bob! Ich liebe sie! Bob, sie ist dein Schicksal! Bob, davon kommst du nicht mehr los! Bob – das Leben ist doch verdammt schön.«
Aber so schön war es gar nicht. Das wurde Bob klar, als er nach einer Woche seinen Sturmlauf gegen die Behörden begann.
Es war genau das eingetreten, was eigentlich nie eintreten durfte: Bob war vor Liebe kaum ansprechbar. Alles, was er Jenny gegenüber empfunden hatte, erschien ihm jetzt als Sexspielerei, verglichen mit den Gefühlen, die Sandra in ihm auslöste. War Jenny immer sofort bereit,
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