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Der Heiratsspezialist

Der Heiratsspezialist

Titel: Der Heiratsspezialist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ministerialdirigent war wirklich sehr schwerhörig; sie unterhielten sich brüllend über Las Vegas, das der alte Herr vor neunundzwanzig Jahren besucht hatte. Er schien mit dem neuen Mieter sehr zufrieden zu sein.
    Die erste Nacht in der eigenen Wohnung verlief recht unruhig. Bob lag bis 3 Uhr morgens wach im Bett, rechnete immer wieder seine Barschaft durch und kam zu dem Ergebnis, daß schon der erste Anlauf ein Erfolg werden mußte, sonst würde sogar die Finanzierung des Rückflugs nach Las Vegas gefährdet sein. Später träumte er, eine Schar alter Damen bedränge ihn. Alle riefen: »Darling, nimm mich mit!« Schweißüberströmt wachte er auf, duschte eiskalt und war sich darüber im klaren, daß sein neuer Beruf doch große Risiken barg.
    Der Entwurf, den Bob zusammen mit McDolland, der von sich behauptete, deutsch zu können, noch in Las Vegas aufgesetzt hatte, erstaunte den Mann von der Anzeigenaufnahme der ›Abendzeitung‹. Er las ihn durch, betrachtete den Kunden mit nachsichtigem Lächeln und korrigierte mit einem Bleistift den Text.
    »Falsch?« fragte Bob.
    »Nur ein paar Schreibfehler. Aber dafür sind wir ja da.« Der freundliche Mann schob Bob den veränderten Text zu. »So ist es richtig.«
    Bob hatte geschrieben:
    Amerikaner, gratte ayngetrofen, and desshalb alleyn and aynsahm, sucht Kontakt zu einnem libben Manchen. Da Jungselle, sind ale Mögglichkeyten offen.
    Mit schiefem Grinsen sagte Bob auf Englisch: »McDolland drehe ich den Hals 'rum!«
    »Ich lasse die Anzeige für Sie abschreiben«, sagte der Anzeigenmann im besten Englisch. »Die Hauptsache ist, ich habe Sie verstanden.«
    Bob zahlte eine Gebühr, die ihn atemlos machte, ging mit seinem Zettel zum ›Münchner Merkur‹ und dann zur ›tz‹, um schließlich bei der ›Süddeutschen Zeitung‹ einzusehen, daß seine nächtlichen Berechnungen nicht korrekt gewesen waren. Von nun an mußte er bescheiden wie ein Baumwollpflücker leben. Er aß in einer bayerischen Bierhalle Leberknödel mit Kraut und war glücklich, hier endlich Lederhosen und Gamsbarthüte vorzufinden. Er schaffte sogar einen der riesigen Krüge, Maß genannt, aber nur deshalb, weil bei weitem nicht bis zum Füllstrich gezapft war, was sich aber erst nach dem Zusammenfallen des Schaums herausstellte. Bob Brook kam sich schon sehr akklimatisiert vor. Er sah sich einen Film mit Shirley McLaine an, geriet dann, vom Duft angelockt, in das Lokal ›Donisl‹ am Marienplatz und aß zum Entsetzen der Anwesenden zwei Paar Weißwürste mit der Haut. »A Preiß!« sagte jemand aus dem Hintergrund. »Saublöd wia imma …«
    Am nächsten Morgen kaufte sich Bob Zeitungen. In der Rubrik BEKANNTSCHAFTEN fiel seine Kleinanzeige nur durch den Fettdruck des Wortes Amerikaner auf. Der Rest wirkte sehr mickrig.
    Amerikaner, gerade eingetroffen und deshalb allein und einsam, sucht Kontakt zu einem lieben Menschen. Da Junggeselle, sind alle Möglichkeiten offen. Zuschriften unter …
    Bob schnitt die Anzeigen aus, legte sie in eine Klarsichthülle und faltete die Hände. Eine stille Panik überfiel ihn. Wie, wenn sich niemand meldete? Oder nur zwei Frauen? Und wieso überhaupt Frauen? Da stand: »Sucht Kontakt zu einem lieben Menschen …« Darauf können sich auch Männer melden! Der Text dieser Anzeige war hirnverbrannt, aber McDolland – mein lieber Pfarrer, wenn du in den Himmel kommst, werde ich Erzengel! – hatte das so erklärt: »Das ist eine ganz raffinierte Anzeige, Bob: Kein Alter, keine Personenbeschreibung, keine Angaben über Vermögen. Nur – Amerikaner und Junggeselle! Soeben eingetroffen. Bum! Das sitzt wie ein Blattschuß!« Richter de Trajano hatte als juristischer Fachmann zugestimmt und Bobs Zweifel beseitigt.
    Drei Tage lief Bob Brook wie ein hungriger Wolf durch die Straßen Münchens, der an dem Komplex leidet, zahnlos zu sein. Er saß im Freien vor den Straßencafés auf dem Marienplatz und an der Leopoldstraße in Schwabing. Dieser Mr. Höckfeld im Flughafenrestaurant hatte schon recht. In München liefen viele hübsche Mädchen herum, und ein Nachmittag auf der Leopoldstraße war ein erotisches Appetithäppchen. Er hörte den jungen, bärtigen Protestsängern zu, die in der Kaufinger- und Neuhauserstraße an den Ecken standen und zu Gitarrenklängen allen erzählten, die Welt sei ein Dreckhaufen, das Leben sei beschissen und im Nichts lebe es sich immer noch besser als im Überfluß. Dann kassierten sie bei den verdammten Spießern und holten sich Bier und

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