Der Heiratsspezialist
sei ein Stück eines aus dem All zurückgekehrten Satelliten genau auf seinem rechten Auge gelandet. Er hüpfte nach hinten, taumelte, hielt sich an einer Flurkommode – im Stil Louis XV. – fest und sah mit dem linken Auge, wie Bubelatz erneut in Stellung ging. Einem Impuls folgend, trat er die Tür zu, und sie fiel ins Schloß, als Bubelatz vorstürmte. Der Schlag krachte gegen die Tür, Bob hörte, wie Bubelatz aufstöhnte und sich dann entfernte. Unten knallte die Haustür zu. Bob war heilfroh, einen schwerhörigen Hausherrn zu haben.
Bis halb elf war er damit beschäftigt, sein Auge zu kühlen. Auf dem Sofa liegend, einen kalten nassen Lappen über dem Gesicht, dachte er darüber nach, welche Veranlassung dieser widerliche Bubelatz wohl habe, sein Mißfallen mit derart schlagenden Argumenten auszudrücken. Bei Männern, die so reagieren, kann es sich nur um Liebhaber handeln, denen man ins Revier gekommen ist. Warum aber wollte dann Erika Blume in die USA? Um Bubelatz bis aufs Blut zu reizen? Um sich von ihm zu trennen? Kämpfte Bubelatz verzweifelt um seine Liebe und war froh, mit Bob Brook endlich jemanden gefunden zu haben, an dem er sich abreagieren konnte?
Mit Komplikationen hatte Bob gerechnet, vor allem von weiblicher Seite. Aber nie hatte er eingeplant, daß Männer sich ihm in den Weg stellen würden. Das Geschäft mit der Heirat war ein Doppelspiel; für einen Dritten war dabei kein Platz.
Die Kühlung nützte nichts. Bubelatz' geübte Faust verursachte blaue Flecken, die nur die Zeit heilen konnte. Man mußte mit fünf bis neun Tagen rechnen, je nach Intensität des Aufpralls. Bob betrachtete sich im Spiegel und stellte fest, daß er mit seinem bunten, angeschwollenen Auge nicht mehr dem Ideal des schönen Mannes entsprach. Er rang mit sich, ob er sich eine Augenklappe kaufen sollte, oder ob es heldenhafter sei, die Spuren des Kampfes offen zu tragen. Die Zeit drängte; um elf Uhr war Erika Blume im Café Leopold. Ein guter Geschäftsmann läßt seine Kunden nicht warten.
Bob entschloß sich, das mißhandelte Auge nicht zu verdecken, setzte aber seine breite Sonnenbrille auf. Das Taxi, das ihn abholte, ließ er vor einem Blumenladen halten, kaufte einen Strauß gelber Rosen und war beruhigt, als die Verkäuferin keine Anstalten machte, ihn kritisch zu mustern. Die Folgen von Bubelatz' Untat waren also nicht so ohne weiteres sichtbar.
Das Café Leopold war wie immer überfüllt. Junge Leute schleckten Eis, tranken Cola oder Kaffee. Auch einige Biertrinker saßen herum, und vor älteren Damen türmten sich gewaltige Sahnetorten. Ein paar Vertreter überbrückten die Wartezeit zwischen Kundenbesuchen.
Eine junge Kellnerin bemerkte Bob mit seinem großen Rosenstrauß. »Hinten in der Ecke wird gleich ein Tisch frei!« sagte sie im Vorbeigehen. »Haben schon bezahlt …«
Bob verstand nur die Hälfte und nickte. Ecke hatte er begriffen. Er schob sich zwischen den Tischen hindurch bis zu dem Eckplatz und blieb dort stehen. Die drei Platzinhaber, zwei junge Männer und ein Mädchen, sahen ihn an und grinsten.
»Da will jemand was aufreißen!« sagte der eine. »Gehen wir, der hat's nötiger als wir!«
Sie lachten. Bob, der wieder nichts von dem, was gesagt worden war, verstanden hatte, lächelte sonnig zurück. Als der Tisch frei war, setzte er sich und legte den Rosenstrauß wie eine Sperre über die Platte und verscheuchte damit zwei andere Männer, die an einer Säule sprungbereit gelauert hatten.
Um elf Uhr – er hatte gerade für sich einen Gin-Fizz bestellt – kam Erika Blume. Es hätte der Mohnblüte am Blusenausschnitt nicht bedurft, um sie sofort zu erkennen. Sie war mittelgroß, hatte mittelblonde, halblange Haare, ein rundes, süßes Gesichtchen, hellblaue Augen, einen gut geschwungenen Mund. Ihre Figur war weder zu schlank, noch zu füllig. Ein Frauenkenner würde sagen: Sie war griffig.
Sie sah sich im Café fragend um, Bob sprang auf und winkte mit beiden Armen. Ihr durch die engen Reihen entgegenzulaufen, wäre ein lächerlicher Slalomlauf geworden. Da es sich gehört, bei der Begrüßung die Sonnenbrille abzunehmen – zumindest innerhalb geschlossener Räume –, trennte sich Bob von seinen schützenden Gläsern.
Erika Blume winkte zurück, schlängelte sich durch die Tischreihen und starrte Bob an. Sein Auge war inzwischen tiefblau geworden.
»Gehören Sie einer Sekte an?« fragte Erika. »In Amerika ist ja alles möglich.«
Bob gefiel dieser erste Satz. Er grinste
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