Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Heiratsspezialist

Der Heiratsspezialist

Titel: Der Heiratsspezialist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
eines Tages in Atlanta in die Kirche gekommen, als Bob an der Orgel Händel übte, war zur Empore hinaufgestiegen und hatte sich neben ihn gestellt. Nachdem sie ihm eine Weile schweigend zugesehen hatte, sagte sie in einer Pause: »Ich heiße Swaskoe.«
    »Das ist tragisch, aber ich kann Ihnen da nicht helfen!« hatte Bob geantwortet.
    »Dorthy …«
    »Dazu gratuliere ich Ihnen. Dorthy ist schön.«
    »Ich möchte bei Ihnen singen.«
    »Hier ist keine Music-Hall und keine Oper, Miß!«
    »So dämlich bin ich nicht, Mr. Brook! Ich wohne seit vierzehn Tagen in Atlanta und habe Ihren Chor gehört. Ihnen fehlt ein dramatischer Sopran. In dem Choral ›Hinauf zum Himmel‹ fehlt bei dem dreimaligen Hinauf die jubelnde Stärke. Das könnte ganz anders klingen! Etwa so …«
    Darauf hatte Dorthy Swaskoe tief Atem geholt und ein dreimaliges Hinauf gejubelt, daß Bob erschrocken die Hände faltete. Es war ein großer Fehler, Dorthy in den Kirchenchor aufzunehmen, denn Miß Swaskoe verprellte alle weiblichen Chormitglieder, indem sie sie in Grund und Boden sang, und nach vier Monaten sogar den Chorleiter bei sich nächtigen ließ. Von Bobs Standpunkt aus war das entschuldbar: Er war damals gerade entlobt worden, hatte zuviel Schmerz hinunterspülen müssen, kam sich als totaler Versager vor – und landete nun eben in den Armen einer Frau, die aufgrund ihrer Stimme ebenso einsam war wie er. Gekommen war er nur, um eine Chorprobe abzusagen. Dorthy empfing ihn in einem Baby-Doll-Kleid, und das überstand Bob nicht.
    Die ganze Sache dauerte nur eine Woche. Dann brach sich Dorthy bei einer Radtour das linke Bein, bekam im Krankenhaus Heimweh nach ihrer Mutter und verließ Atlanta mit unbekanntem Ziel.
    Bob starrte an die Decke seines Hotelzimmers und verdrängte die Erinnerung. Aber eine Art Schwermut blieb zurück.
    »Sind Sie noch da, Bob?« fragte Juliane Hatzle. Sie sprach wie sie schrieb: ein exzellentes Oxford-Englisch.
    »Natürlich!«
    »Sie wollten mir ein Angebot machen.«
    »Ich dachte, Sie wollten mir etwas sagen!«
    »Wäre es nicht besser, wenn wir uns erst kennenlernten?«
    »Ich bin sofort bereit.«
    »Woher kommen Sie, Bob?«
    »Aus Las Vegas.«
    »Um so besser.«
    »Das meine ich auch.« Bob streckte die Beine weit von sich. »Sie haben nicht zufällig einen Bekannten, der Karatemeister ist?«
    »Nein!« Julianes Stimme wurde noch durchdringender. »Ist das eine Vorbedingung?!«
    »Bei Gott, nein. Es beruhigt mich ungemein! Wo treffen wir uns?«
    »Sie wohnen sicherlich in einem Hotel.«
    »Ja.« Bob gab ihr seine Adresse. Juliane Hatzle schien beeindruckt.
    »Ich komme zu Ihnen«, sagte sie. »So eine Hotelhalle ist ein guter, anonymer Platz. Welche Zeit paßt Ihnen?«
    »Heute abend zum Essen? Um 20 Uhr? Ich bin nicht zu verfehlen. Wenn Ihnen ein interessanter Mann entgegenkommt …«
    »Lassen Sie das, Bob!« unterbrach ihn Juliane kalt. »Ich möchte mit Ihnen über etwas sprechen, das für uns beide interessant ist.«
    Bob war sehr beruhigt. »Ich freue mich«, sagte er, »vorausgesetzt, wir meinen beide das gleiche.«
    Juliane Hatzle war eine imposante Erscheinung. Sie sah – Bob hatte es geahnt – zehn Jahre jünger aus und trug die schwarzgefärbten Haare in einer modernen Schüttelfrisur. Ihr auf Figur geschneidertes Tweedkostüm verriet diskrete Eleganz, ihrem etwas strengen Gesicht vermochte sie durch ein permanentes Lächeln sympathische Züge zu verleihen und hatte ihre gewaltige Stimme, im Gegensatz zu Dorthy, gut unter Kontrolle.
    Juliane musterte Bob wie einen käuflichen Gegenstand, schien dann zufrieden, gab ihm die Hand und sagte: »Meine Angst ist verflogen.«
    »Du lieber Himmel, Sie hatten Angst vor mir?!« Bob überreichte ihr den kleinen Strauß Rosen, den er im Blumenstand der Hotelhalle gekauft hatte. Es waren gelbe Rosen, kleinblütig, aber stark duftend. Hinter der Rezeption lauerte der Chefportier; Herr Matzkow, der Direktor, schritt unbefangen durch die Halle und nickte anderen Gästen zu, während er zu Bob und Juliane herüberschielte. Das also war das erste Opfer! Eine echte Dame … Tragisch, so etwas mit ansehen zu müssen, ohne dagegen einschreiten zu können.
    »Wußte ich, wie Sie aussehen?« sagte Juliane. Sie erweckte den Eindruck, als sei sie von einer schweren Last befreit worden. »Ein Amerikaner, der in einer Zeitung –«
    »Das muß ein Gangster sein, haben Sie gedacht!«
    »Ungewöhnlich ist es.«
    »Und ich mache nicht den Eindruck eines Gangsters?«
    »Durchaus

Weitere Kostenlose Bücher