Der Heiratsspezialist
Sie?«
»Ja.«
»Und der wird nicht mißtrauisch?«
»Heiraten ist eine legale Angelegenheit. Man kann einem Menschen doch nicht vorschreiben, wie oft er heiratet und wie oft er sich scheiden läßt!«
»Ich bin mir da nicht ganz sicher.«
»Bewundern wird man höchstens meine Kondition und meinen Mut.« Bob plagte ein unstillbarer Whiskydurst, der heiße starke Mokka rumorte in seinem Magen. »Einigen wir uns auf 10 Prozent des Erbes?«
»Wieviel hätten Sie genommen, wenn ich Ihnen von Onkel Ed nicht erzählt hätte?«
»Das ist kein Thema mehr, Juliane.«
Juliane Hatzle nickte, steckte sich eine neue Zigarette an und lehnte sich zurück. »Sie sind ein cleverer Bursche, Bob, und ich bin eine dumme Nuß. Keine Widerrede! Aber ich bin andererseits auch so gerecht zu sagen: Jede Arbeit soll ihren angemessenen Lohn haben.«
»Bravo!«
»Was bieten Sie mir für die 240.000 Mark?«
»Einen absolut sicheren Vertrag, Juliane. Darauf können Sie einen neuen Olympiaturm bauen!«
»Es genügt, wenn ich einen amerikanischen Paß auf den Namen Brook bekomme!«
»Garantiert.« Bob holte aus der Brusttasche ein Kuvert, öffnete es und entfaltete seinen Ehevertrag. »Lesen Sie es sich durch, Juliane … an alles ist gedacht. Sogar für den Fall, daß wir in einem Bett schlafen müssen, gibt es Strafen beziehungsweise Schutzvorschriften.«
Juliane musterte Bob stumm, ehe sie antwortete. Ihre Augen leuchteten in freudiger Erwartung. Sie fuhr sich mit der rechten Hand durch die schwarzgefärbten Haare und zwängte ihre Bluse fester in den Kostümrock. Die Seide straffte sich über spitzen Brüsten, die ein gutes Miedergeschäft verrieten.
»Wäre so etwas möglich?« fragte sie, weniger forsch als bisher.
»Wir müssen ein junges Ehepaar spielen, vergessen Sie das nicht. Wir müssen nach außen hin glaubhaft sein!«
»Wie alt sind Sie, Bob?«
»Runde fünfunddreißig.«
»Doch schon? Sie sehen viel jünger aus.« Und dann sagte Juliane einen Satz, bei dem in Bob wieder einmal die Alarmklingeln hätten schrillen müssen, was aber leider nicht der Fall war. »So groß ist unser Altersunterschied ja gar nicht. Was sind schon 16 Jahre angesichts der fortschreitenden biologischen Revolution …«
Während Juliane den Vertrag las, dachte Bob an die Stunden, in denen dieses Vertragswerk geschaffen worden war. Richter de Trajano hatte die Paragraphen formuliert, Sheriff Brass steuerte Erfahrungen bei, Pfarrer McDolland wollte unbedingt eine Klausel haben, die eine kirchliche Trauung wegen Mißbrauch des Sakramentes ausschloß, und Jenny hatte gesagt: »Ist ja alles blauer Wind, was da steht! Los, da muß stehen: Paragraph eins – Jede Körperberührung ist verboten. Paragraph zwei – Wer sich auf den Rücken legt, liegt von da ab allein! Paragraph drei: Jeder Beischlaf verdoppelt die Vertragssumme …« Natürlich waren diese Paragraphen von Jenny nicht in den Vertrag aufgenommen worden, was zu einer nächtlichen Szene zwischen Jenny und Bob geführt hatte, auf deren Schilderung wir lieber verzichten. Am nächsten Morgen fühlte sich Bob wie nach einem rasanten Football-Match; er lief hohläugig herum, gab muffelige Antworten und hielt Jenny für ein unbesiegbares Tier. Immerhin war der Vertrag dichter als der erste mit Erika; es gab keine Lücken mehr, vor allem die Sperrklausel für Intimitäten war jetzt hieb- und stichfest.
»Sehr gut«, sagte Juliane und schob das Formular über den Tisch. »Ich zahle also 120.000 Mark an und habe überhaupt nichts davon.«
»Eine Ehe ist auf Vertrauen aufgebaut«, sagte Bob treuherzig. »Außerdem ist die erste Rate erst unmittelbar vor der Trauung fällig; die zweite dann nach der Trauung.«
»Bei Paßüberreichung, Bob!«
»Stimmt! Das wurde geändert.«
»Und wann können wir heiraten?«
»Ich fliege morgen schon nach Bonn.«
»Amerikanisches Tempo, das imponiert mir.« Juliane gab dem Oberkellner ein diskretes Zeichen. »Und jetzt keine Widerrede, Bob. Es ist selbstverständlich, daß ich den heutigen Abend bezahle.«
Im Hotel verlor Bob dadurch das letzte Ansehen. Man war sich sicher, daß er nach Deutschland gekommen war, um sich von den Frauen aushalten zu lassen. Herr Matzkow beschloß, sich dieses dem Hause nicht angemessenen Gastes auf diskrete Weise zu entledigen.
Notar und Konsul Clifford Nesswick erinnerte sich gut an Bob Brook, oder eigentlich mehr noch an das verliebte kleine Frauchen mit den roten Backen, das kaum ihren neuen Namen schreiben konnte und
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