Der Heiratsspezialist
Das liegt in Iowa.«
»Weiter weg gings wohl nicht?«
»In Algona lebte ein Onkel.« Juliane steckte sich eine Zigarette an, bestellte zwei Mokkas und dazu zwei spanische Kognaks. Die deutsche Post muß ein grandioser Betrieb sein, dachte Bob, wenn sie solche Inspektorinnen hat! »Meistens sind Onkels, die nach Amerika auswandern, Sonderlinge oder die schwarzen Schafe der Familie. Daß sie in Amerika dann reich werden, gehört zu den großen Wundern des Lebens. In der Heimat Hallodris, in den USA dann die großen Maxe! Mein Onkel Eduard – in Algona nannte er sich Ed Hatz – mußte nach den Erzählungen meiner Eltern ein ganz wüster Junge gewesen sein.«
»Es ist fast so, als ob Sie von meinem Onkel Steve sprechen, Juliane«, sagte Bob beeindruckt. »Ohne Onkel Steve brauchte ich jetzt nicht als Heiratsspezialist mein Geld zu verdienen.«
»Onkel Ed wurde reich – wie, weiß keiner genau. Man munkelt, daß er ungezählte Leute übers Ohr gehauen hat, bis er soweit war, eine Schokoladenfabrik aufzumachen. Ausgerechnet im unbekannten Algona am East Fork-River! Aber der Betrieb lief. Onkel Edward in der Kleinstadt bald berühmt, war Vorsitzender von vielen Vereinen, finanzierte einen Kindergarten, unterstützte einen Frauenclub, baute der Kirche einen neuen Turm, kurzum: Als Ed Hatz starb, trauerte ganz Algona drei Tage lang. Dann wurde sein Testament eröffnet, und damit haute er posthum auf den Putz. Von seiner Familie in Deutschland, das hatte er heimlich feststellen lassen, lebte nur noch einer: Ich, die Tochter seines älteren Bruders Leo, der damals, vor einem halben Jahrhundert, seinen Bruder Eduard eine Familienschande genannt hatte. Und nun schlug Onkel Ed zurück …«
»Ich kenne das!« sagte Bob verbissen. »So ein Onkel kann schreckliche Rache nehmen!«
»Onkel Ed bestimmte also in seinem Testament: Der bekommt das, dieser bekommt jenes, alle wurden bedacht, vom Hundefriedhof bis zu einer Miß Gaby, von der bis dahin keiner eine Ahnung hatte …«
»Bei mir hieß Gaby Jenny«, unterbrach Bob.
»Als alles verteilt war, blieben nach deutschem Geld noch rund 2,4 Millionen Mark in bar übrig. Die Fabriken wurden in eine Stiftung umgewandelt, deren Gewinn dazu bestimmt war, ständig gute Taten auszuführen, immer mit dem Etikett: ›Onkel Ed, der Menschenfreund‹. Die 2,4 Millionen aber sollten an mich, die Tochter von Bruder Leo fallen, vorausgesetzt, ich würde Amerikanerin und persönlich in Algona ein lebensgroßes Denkmal von Onkel Ed bauen lassen, im Garten des Hauses, für jedermann sichtbar. Auf dem Sockel soll stehen: Eduard Hatzle, der Stolz der Familie. – Die spießbürgerliche Rache eines Mannes, der nie seine Komplexe ablegen konnte. Aber Onkel Ed kannte mich nicht! Ich will!« Juliane lächelte Bob kampfeslustig an. »Für 2,4 Millionen gehe ich auch jeden Morgen zum Denkmal und gebe Onkel Ed einen Kuß auf den Bronzemund! Nur – so einfach wird man nicht Amerikanerin. Die Botschaft in Bonn-Mehlem stellt sich da stur. Testamente sind kein Grund für die Verleihung der Staatsangehörigkeit, bekam ich zur Auskunft. Da las ich Ihre Anzeige. Sie kam genau zur richtigen Zeit. Nun wissen Sie, worum es geht. Es ist doch jetzt alles nur noch eine Geldfrage, nicht wahr?«
»Sie sehen das völlig richtig, Juliane«, sagte Bob Brook. »Wieviel ist Ihnen Ihr Erbe wert?«
»Was ist Ihre Taxe?«
»Ich richte mich in meinen Geschäften nach Dringlichkeitsstufen«, sagte Bob, wie ein Großmanager, der um Millionen handelt. Er schlürfte den starken Kaffee, trank den vorzüglichen spanischen Kognak und ließ seinen Gedanken freien Lauf. 2,4 Millionen, die durch eine Heirat verfügbar werden, werden einem nicht alle Tage angeboten. Er holte tief Atem und fügte dann hinzu: »Ich bin kein Halsabschneider, Juliane. Ich betrachte meinen Beruf auch unter humanitären Aspekten.«
»O Gott!« sagte Juliane und starrte Bob verwirrt an. »Humanität ist ja gar nicht bezahlbar …«
»Sie ist es. Zehn Prozent!« sagte Bob lässig.
»Das sind 240.000 Mark!«
»Ihnen bleiben noch über 2,1 Millionen! Ein sicheres Vermögen – wenn Sie mich heiraten.«
»Das stimmt.« Juliane Hatzle schloß die Augen. Sie schob die Unterlippe vor und sah jetzt aus wie jemand, der sich stillvergnügt an nur ihm selbst bekannte intime Dinge erinnert. »Wann können wir heiraten?«
»Sehr bald. Ich rufe morgen in der Botschaft an, nein, ich fliege selbst nach Bonn. Ich spreche mit Konsul Nesswick.«
»Aha. Der kennt
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