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Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Blut der zahllosen keckernden Affen und unzähligen riesigen Nager, die ihrerseits Flüchtlinge aus den früher einmal am Amazonas und am Kongo wuchernden Regenwäldern waren und nun die feuchten dampfenden Dschungel im Süden der USA überrollt hatten.
    Alle Bewohner der neuen Dschungelregionen mussten sich ständig impfen lassen, das wusste Carpenter, weil immer wieder das eine oder andere Virus von seinem tierischen Träger auf einen menschlichen Pechvogel überwechselte, was dann zu immer neuen Epidemien führte. Doch hier oben gab es keinen Regenwald. Weshalb also hier oben in dem trockeneren, kühleren Klima um Chicago diese panische Furcht vor Tropenkrankheiten aus dem Dschungel?
    »Ein Haufen infizierter Affen hat sich auf einem Frachtkahn eingeschifft, der mit Früchten von New Orleans den Mississippi rauffuhr«, erklärte man Carpenter. »Einige sind in Memphis entwischt und haben ein paar Leute gebissen. Der Rest blieb bis Cairo auf dem Kahn. Memphis und Cairo sind jetzt abgeriegelt. Wir wissen bisher noch nicht genau, um welches Virus es sich handelt, aber schlimm sind die alle. Wenn du gebissen wirst, fängst du an anzuschwellen und wirst zu 'nem Sack voll schwarzem Blut, und dann zerplatzt der Sack, und alles, was drin war, fließt raus auf den Boden, bis du leer bist …«
    »Jesus«, sagte Carpenter.
    »Wir glauben, wir konnten die Sache vor St. Louis stoppen. Wenn der Mist je bis Chicago vordringen könnte, würde die Stadt in die Luft gehen wie ein Scheiterhaufen. Bei vier Millionen Menschen, so dicht zusammengepackt? Und mit 'ner ansteckenden Krankheit, die du kriegen kannst, wenn du jemand bloß schief anschaust? Vergiss es, Mann … Können wir mal deinen Fahrtschreiber sehen, bitte?«
    Carpenter reichte seinen Routenschreiber hinaus.
    »Keine Abstecher ins östliche Missouri, irgendwas, was auf deinem Routenplan nicht auftaucht? Irgendwelche Abstecher nach Tennessee oder Kentucky?«
    »Ich bin über die Nordstrecke hergefahren«, sagte Carpenter. »Da, ihr seht doch, an welchem Tag ich von Kalifornien losgefahren bin. Ich hatte bestimmt keine Zeit, woanders hinzufahren, als direkt quer durch die Berge und Nebraska und Iowa.«
    »Geschäftlich hier?«
    »Ja, geschäftlich.«
    Das war ein kniffliger Moment. Carpenter war immer noch unter der Samurai-Flagge unterwegs, als Gehaltsempfänger der Elferklasse, unterwegs für die Firma nach Chicago. Ein einziger kleiner Telefonanruf, und ihm ging die Luft aus. Aber noch führte ihn die Firma auf der Angestelltenliste. Die Verbindung mit dem Mega-Multi wirkte und brachte ihn durch, in den Desinfektionsraum und danach wieder weiter auf den Highway nach Chicago.
    Memphis und Cairo sind abgeriegelt.
    Die Fernstraßen und Flugverbindungen blockiert, keiner kann rein, keiner kommt raus. Memphis und Cairo hätten ebenso gut von der Landkarte gelöscht worden sein können. Affen stürmen in Louisiana aus dem Dschungel und tun ihr Werk für die Kräfte des Chaos, und deine Stadt verschwindet von der Erde, während du auf die Oropouche-Viren oder wie immer das Zeug heißen mochte, wartest, das dir in die Blutadern kommt, dich anschwellen und zu einem Sack voll schwarzem Blut werden lässt. Himmel, erbarme dich, dachte er.
    Christus, erbarme dich. Heilige Maria, du Mutter Gottes, bitt für uns, jetzt und in der Stunde unseres Todes.
     
    Endlich, gegen vier Uhr nachmittags, war er in Chicago und rief Jeanne Gabel in der Samurai-Zentrale von Wacker and Michigan an und bekam die Verbindung nach nur etwa einer halben Minute, bis man sie aufgespürt hatte.
    »Wo bist du?«, fragte Jeanne.
    »Auf 'nem Parkplatz an – hmmm – der Ecke Monroe-Green.«
    »Gut. Bleib dort. Ich kann gut hier etwas früher weg. Ich komm und hol dich.«
    Müde und verdreckt von der langen Fahrt blieb er im Wagen hocken und blickte voll missmutiger Ergriffenheit in den düsteren Smoghimmel. Die Luft in dieser Stadt war wie eine ölige Suppe und hinterließ dunkle Streifen auf der Windschutzscheibe. Sie war phantastisch gefleckt und gemasert von dicken Farbtupfern, gelb, purpur, grün, blau, alles ineinander laufend, es sah aus wie eine eklige Prellung unter der Haut, und die Sonne lugte blässlich durch den Vorhang von Schmutz wie eine kleine angelaufene Kupfermünze. Er war schon lange nicht mehr in diesem Teil des Landes gewesen; er hatte vergessen, welche Gifte hier die Luft belebten. Wohin er sah, trugen die Leute ihre Schutzmasken. Er setzte sich seine auf und vergewisserte sich, dass

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